FDP-Forderung zu Entwicklungspolitik: Zum Schlagwort verkommen
Die FDP will das Entwicklungsministerium abschaffen. Bei der Forderung nach mehr Effizienz geht es aber vor allem um mehr Wirtschaftsförderung.
D ie FDP will das Entwicklungsministerium (BMZ) abschaffen und den Bereich ins Auswärtige Amt eingliedern. So steht es in einer internen Argumentationshilfe der Partei zu den Haushaltsverhandlungen, die zuerst Politico veröffentlichte.
Mal wieder. 2009 machte die FDP Wahlkampf mit der Abschaffung des Ministeriums, und stellte kurz darauf mit Dirk Niebel selbst den Minister. Der schaffte das Ministerium nicht ab. Er setzte sich vor allem für die Unterstützung deutscher Unternehmen im Ausland ein und wechselte danach zu Rheinmetall.
Wirtschaft und Sicherheit steht jetzt wieder groß in der Überschrift der FDP. „Kluge Entwicklungszusammenarbeit“ zahle sich durch enge Abstimmung mit der Wirtschaft für Fachkräfte und Rohstoffe und der Begrenzung ungewollter Einwanderung aus. Die Effizienz von Entwicklungszusammenarbeit (EZ) müsse überprüft werden.
Dabei war das Institut, das die deutsche EZ evaluiert, sogar von Niebel gegründet worden. Effizienz ist in der Argumentation der FDP zum Schlagwort verkommen, um die Sinnhaftigkeit von Entwicklungspolitik als Ganzes in Frage zu stellen. Damit stärkt die FDP die rechtspopulistische Meinungsmache der AfD.
Nach Gusto der FDP ist effizient, was der deutschen Wirtschaft hilft
Nach dem Tenor ist nur effizient, was der deutschen Wirtschaft und geopolitischen Interessen dient. Dass Investitionen in internationale Klimapolitik, Umweltschutz oder Zivilgesellschaft langfristig auch diesen und mehr Zielen dient, fällt hinten unter.
In ihrem Wahlprogramm von 2021 wollte die FDP übrigens noch eine Entwicklungspolitik, die „Chancen ermöglicht und Armut bekämpft“ – natürlich auch durch Wirtschaftswachstum, aber zumindest nicht nur für den deutschen Markt. Bis „spätestens“ 2030 sollten 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland zur Stärkung der am wenigsten entwickelten Länder ausgegeben werden.
Es gäbe gute Gründe dafür, die Kompetenzen vom Auswärtigen Amt (AA) und BMZ zu einen. Das AA ist für Humanitäre Hilfe (2,2 Mrd.) und Stabilisierungsmaßnahmen (400 Mio.) zuständig, das BMZ für nachhaltige Entwicklung. Die Trennlinie ist aber nicht immer so scharf.
In vielen europäischen Ländern ist beides geeint. Auch in der EU ist die Entwicklungszusammenarbeit im Referat Internationales angesiedelt. Es könnte also eine Debatte geben, inwiefern die Eingliederung der Hilfs- und Entwicklungsgelder des AA ins BMZ sinnvoll wäre oder auch wie das Ministerium gestärkt werden könnte, die ressortübergreifende UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung besser zu koordinieren. Aber diese Debatte führt die FDP nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen