Eurobarometer-Umfrage vor Europawahl: Die EU ist von gestern? Von wegen!
Das Interesse an der Europawahl ist groß, ergibt eine Umfrage. Von Vorfreude kann aber keine Rede sein, denn die Gründe dafür sind nicht erheiternd.
Z u viel Bürokratie, zu viele Vorschriften – und schlicht zu langweilig. Der Ruf der Europäischen Union ist nun wahrlich nicht der beste. Dass in knapp acht Wochen ein neues Europäisches Parlament gewählt wird, haben etliche EU-Bürger:innen im schlimmsten Fall gar nicht auf dem Schirm. Oder es interessiert sie zumindest nicht sonderlich. So der Eindruck bisher.
Aber die Ergebnisse des Eurobarometers zeigen nun eine andere Stoßrichtung. Mehr als 80 Prozent der Befragten geben an, dass Wählen gerade in diesen Zeiten grundsätzlich wichtig ist. Über 60 Prozent interessieren sich für die EU-Wahlen im Juni. Das war auch schon mal anders. 2019 ergab dieselbe Abfrage rund 11 Prozentpunkte weniger. Mehr Prestige also für die EU?
Grund für das gestiegene Interesse sind bedauerlicherweise die Kriegslagen dieser Welt. Der Konflikt im Nahen Osten und natürlich der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Europäische Union hat sich als ein zentraler Unterstützer neben den USA etabliert. Bei Waffenlieferungen, beim Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur der Ukraine, bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen.
Auch wenn ein Ende des Krieges nicht in Sicht ist, hoffen die EU-Bürger:innen offenbar darauf, dass der doch recht schwerfällige EU-Apparat ein Garant für Frieden, Sicherheit und Verteidigung sein kann. Besonders wichtig ist das Thema in Staaten, die die Bedrohungslage durch Russland deutlicher spüren als andere Staaten. Finnland zählt dazu oder Litauen. Aber auch Deutschland. Die Erwartungen sind also hoch an das künftige Europäische Parlament.
Keine schöne Perspektive
Auch Themen, die das Kriegsgeschehen aus den Schlagzeilen verdrängt, sehen Bürger:innen als wichtige Aufgaben für die EU an: Jobs, Gesundheit, Armutsbekämpfung und das Thema Migration. Der Kampf gegen die Klimakrise scheint den Menschen in Europa aber nicht mehr so wichtig zu sein. Obwohl auf EU-Ebene Maßnahmen entscheidend sind, um Klima und Natur flächendeckend zu schützen.
Was die von der Europäischen Union in Auftrag gegebene Umfrage allerdings nicht abbildet, ist, welche Parteien die Bürger:innen gerne im Parlament hätten. Andere Erhebungen sehen in den Europawahlen einen Testlauf für rechtsnationale oder rechtsextremistische Gruppierungen, Mehrheiten zu bekommen und auch in den eigenen Staaten Land zu gewinnen.
Es steht also eine Menge auf dem Spiel – und das Risiko ist groß, dass die an die Macht kommen, die Freiheit und Demokratie weniger im Sinn haben. Deshalb: Ein hohes Interesse der EU-Bürger:innen an den Wahlen ist löblich, doch sollte es dabei nicht bleiben, sondern sich an den Wahlurnen bemerkbar machen.
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