EuGH-Urteil zu Lebensmittelverpackung: Was draufsteht, muss auch drin sein
Verpackungsbilder von Lebensmitteln müssen dem Inhalt entsprechen, so der Europäische Gerichtshof. Eine korrekte Zutatenliste reicht nicht.
Konkret ging es um Teebeutel, die unter dem Namen „Felix Himbeer-Vanille-Abenteuer“ als „Früchtetee mit natürlichen Aromen“ verkauft wurden. Auf der Verpackung abgebildet waren Himbeeren und Vanilleblüten. Zusätzlich gab es eine Art Siegel: „nur natürliche Zutaten“.
Tatsächlich enthielt der Tee aber weder Himbeeren noch Vanille. Stattdessen bestand er laut Zutatenliste auf der Rückseite aus Hibiskus, Apfel, Brombeeren, Erdbeeren, Heidelbeeren und Holunderbeeren. Für das erwünschte Geschmackserlebnis sorgten natürliche Aromen „mit Himbeergeschmack“ und „mit Vanillegeschmack“, die aber unstreitig weder aus Himbeeren noch aus Vanille hergestellt wurden.
Irreführung des Verbrauchers
Der Verbraucherzentrale-Bundesverband vzbv sah darin eine Irreführung des Verbrauchers. „Wenn eine Verpackung Bilder von Himbeeren und Vanille herausstellt und mit natürlichen Zutaten wirbt, vertraut der Verbraucher darauf und liest sich nicht noch das Zutatenverzeichnis durch“, argumentierte Susanne Einsiedler, die Verbandsjuristin.
In Deutschland sahen das nicht alle Gerichte so. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies die Klage der Verbraucherschützer ab. Wenn die Zutatenliste korrekt ist, sei der Verbraucher ausreichend informiert. Der vzbv ging in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH), der wiederum legte die Frage dem EuGH vor, weil das deutsche Gesetz über den unlauteren Wettbewerb auf EU-Vorgaben beruht.
Der EuGH entschied nun eindeutig: Ein korrektes Inhaltsverzeichnis genügt nicht, wenn die sonstige Aufmachung des Lebensmittels einen falschen Eindruck erzeugt. Wie die Verpackung im Teekanne-Fall zu bewerten ist, muss nun wieder der BGH entscheiden, aber es ist ziemlich sicher, dass er eine Irreführung annimmt.
Der Tee „Felix Himbeer-Vanille-Abenteuer“ ist inzwischen nicht mehr auf dem Markt. (Az. C-195/14)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!