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Essay Umverteilung und die GrünenEin gutes Leben für alle

Ökologische Moral braucht Gleichheit. Damit tut sich das grüne Bürgertum schwer, doch ökologischer Fortschritt geht nur mit allen.

Ein Sozialwohnungsbau in Duisburg Foto: dpa

Umverteilung hat keinen guten Klang. Viele denken dabei an verschwitzte Redner, die auf Juso-Kongressen Parolen ins Mikrofon brüllen. Oder an Strategiepapiere der Linkspartei, in denen die immer gleichen Forderungen mit extra vielen Ausrufezeichen versehen werden. Umverteilung hat einen herben Oberton, auch weil in unseren Köpfen nur ein paar Synapsen weiter rot blinkend die Worte „Staat“ und „Steuern“ aufleuchten. Und die wecken auch bei Normalverdienern wenig erfreuliche Gefühle, bei besser Verdienenden sowieso nicht.

Die Abneigung gut verdienender, ökologisch interessierter Bürger gegen Umverteilung bekamen zuletzt die Grünen im Wahlkampf 2013 zu spüren. Sie warben dafür, dass Reiche mehr zahlen, um bessere Schulen zu finanzieren und eine engagierte Energiewende anzuschieben. Das war nicht der einzige Grund für ihre Niederlage bei der Bundestagswahl. Doch dass die kalte Steuermathematik im öko-bürgerlichen Kernmilieu schlecht ankam, bestreitet auch der linke Flügel der Partei nicht mehr.

Es ist eben schwierig, gefestigte Ängste aufzulösen. Umverteilung wird, in Deutschland vielleicht mehr als anderswo, mit dem hässlichen Gefühl des Neids assoziiert. Es wirkt schnell engherzig, jenen, die hart für ihren Erfolg gearbeitet haben, ihren Lohn zu missgönnen, um damit eine anonyme Staatskasse zu füllen.

Immer auf den größten Haufen

Umverteilung und Gleichheit haben in hedonistischen Konsumgesellschaften ein tristes Image, das hierzulande zusätzlich kräftig von Lobbyorganisationen wie der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ verstärkt wird. Wenn man allerdings anschaut, wer in Deutschland über welches Vermögen verfügt, sieht die Sache etwas anderes aus. Reichtum wird bereits umverteilt – und zwar von unten nach oben. Nirgendwo in der Eurozone ist die Kluft zwischen Habenichtsen und Millionären so tief geworden wie hierzulande. Das oberste Hundertstel der Bundesbürger besitzt fast ein Drittel des Vermögens, die untere Hälfte so gut wie nichts. Das war vor 15 Jahren noch nicht so krass.

Auch dass mehr Umverteilung die Fleißigen um ihre hart erarbeiteten Euros bringen würde, stimmt so nicht. Denn das obere Zehntel wird im Wesentlichen nicht durch Arbeit und Löhne reicher, sondern weil es sein Vermögen clever anzulegen verstehen – eine Chance, über die die mittellose untere Hälfte der Deutschen nicht verfügt. Ins Umgangssprachliche übersetzt: Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.

Weil die Erbschaftssteuer in Deutschland nahe null ist, gibt es in diesem Prozess auch langfristig keine Bremse. Kinder von Reichen bleiben reich, Kinder von Armen arm. In den USA, wo die soziale Spaltung schon immer tiefer war, besitzen die 400 Wohlhabendsten so viel wie die ärmsten 150 Millionen US-Bürger. Wenn sich nichts grundlegend ändert, ist dies die Zukunft der Bundesrepublik.

Was tun? Es gibt einen einfachen, wirksamen Weg, Ungleichheit jedenfalls bei den Einkommen einzuhegen – kräftige Lohnerhöhungen. Das allerdings ist in ausgefransten Arbeitsgesellschaften schwierig. Die Geschäftsgrundlage der sozialen Marktwirtschaft hat sich in den letzten 20 Jahren radikal geändert. Die Produktivität der Wirtschaft steigt fast immer stärker als die Löhne – so geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Denn die Gewerkschaften haben im digitalen Kapitalismus an Schlagkraft verloren. In der Fabrik ließen sich Interessen noch kollektiv bündeln. Doch der Webdesiger im Start-up, die selbstständige Architektin, die als Honorarkraft jobbt, und die Altenpflegerin, die Teilzeit arbeitet, haben vielleicht ähnliche Interessen – aber nicht viel gemeinsam.

Schattige Parallelwelt

Gerade weil der Markt mehr Ungleichheiten produziert, ist der Staat der entscheidende Akteur – mehr noch als vor 30 Jahren. Und das Werkzeug, um die neue Unwucht auszutarieren, sind Steuern. Dass Umverteilung nötig ist, ist einfach zu verstehen, aber äußerst schwer umzusetzen. Denn die Angst, dass der Staat ihnen zu tief ins Portemonnaie greift, ist auch beim aufgeklärten Öko-Bürgertum schnell mobilisierbar. Zu den WählerInnen der Grünen zählt längst nicht mehr nur der Kreuzberger Sozialarbeiter, der sich mit prekärem Lohn durchwurstelt. Sondern auch Ärzte und Richterinnen, Lehrer und Professorinnen. Sie sind überdurchschnittlich gut gebildet, überdurchschnittlich oft Beamte und verdienen überdurchschnittlich.

Den Grünen ist es 2013 nicht gelungen, klarzumachen, welche Steuern zu wessen Lasten und zu wessen Nutzen erhöht werden sollten. Dass sie nicht den hart arbeitenden Arzt im Krankenhaus meinten, der gut verdient und bereits hohe Sozialabgaben und Steuern zahlt, sondern den Erben, der leistungslos zu einem Millionenvermögen kommt. Die Superreichen haben sich in Deutschland in eine verschattete Parallelwelt zurückgezogen. Sie haben eigene Codes, eigene Internate und Stiftungen. Sie sind in der Lage, ihr Vermögen vor dem Staat zu schützen, weil ihr Geld in Steueroasen auf der ganzen Welt fließt. Dass sich die deutsche Mittelschicht in Wahlen immer wieder mit den Interessen des obersten Hundertstel solidarisiert, ist einigermaßen absurd. Aber ein Patentrezept dagegen ist nicht noch nicht erfunden. Und im Wahlkampf Umverteilung zu fordern, ist riskant.

taz.am wochenende

Stefan Bothe ist Talkshow-Stammgast. Anne Will, Plasberg, Gottschalk – Bothe ist immer dabei. Wir haben ihn für die taz.am wochenende vom 18./19. Juni begleitet und einen Ort des diskursiven Miteinanders erkundet. Außerdem: Noch fünf Tage, dann stimmen die Briten über die Zukunft in der EU ab. Gehen oder bleiben? Unser Autor untersucht die Gemütslage. Und: Bald will der Berliner Senat Bierbikes verbieten. Ist es wirklich so schlimm? Höchste Zeit, einmal mitzufahren. Am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.

Sollen Grüne also besser die Finger davon lassen, weil auf diesem Feld für sie nichts zu gewinnen ist? Das meisten grünen Realos wollen genau das: Das böse Wort Umverteilung soll durch Chancengerechtigkeit ersetzt werden. Das klingt ausreichend wolkig, nach mehr Bildung (immer gut), – und vor allem nicht nach mehr Steuern. Die Grünen können als Klientelpartei, die sich exklusiv auf die Anliegen der öko-bürgerlichen Mitte konzentriert, bei Wahlen wahrscheinlich erfolgreich sein. Cem Özdemir und andere sind dabei, die Partei in eine grüne FDP zu verwandeln – nur dass die nicht aggressiv Steuerpolitik für Zahnärzte oder Apotheker macht, sondern Interessenpolitik für urbane Besserverdiener, die viel Geld im Bioladen lassen und ihre Kinder auf Privat- oder Waldorfschulen schicken. Dagegen spricht nichts. Dafür sind Parteien da. Nur: Für die Grünen ist es zu wenig.

Ein heikler Selbstwiderspruch

Als Klientelpartei geraten die Grünen, anders als die Liberalen, von denen niemand ernsthaft anderes als Lobbypolitik erwartet, in einen heiklen Selbstwiderspruch. Denn ihr Kernthema ist die Ökologie. Die geht alle an. Und ökologischer Fortschritt geht nur mit allen. Der Klimawandel trifft die ganze Gesellschaft. Wer ihn bekämpfen will, kommt nicht um die Tatsache herum, dass Wohlhabende am meisten konsumieren, am meisten reisen und am meisten zur Erderwärmung beitragen. Dafür sollten sie einen fairen Ausgleich zahlen.

Wer die ökologische Landwirtschaft möchte, muss sich auch darum sorgen, dass Hartz-IV-Empfänger, Armutsrentner und Niedrigverdiener genug Geld für Bio-Essen haben. Wer internationale Ungleichheit geißelt, kann Ungleichheit im eigenen Land nicht ignorieren. Wenn die Grünen nur gemütliche Wohlfühlpolitik für ihr Kernmilieu machen und Umverteilung als altlinkes Gerümpel entsorgen, betreiben sie langfristig Raubbau an ihrer wichtigsten Ressource: ökologischer Moral.

Umverteilung ist nur das Mittel. Das Ziel ist, mehr Gleichheit zu schaffen oder wenigstens die von den Märkten produzierte Ungleichheit zu mildern. Doch Gleichheit hat gerade in den neobürglichen Komfortzonen einen schlechten Sound. Wo man mit dem Elektrobike zum Montessori-Kindergarten fährt, schätzt man die Freiheit weit mehr. Freiheit, das klingt nach Wahlmöglichkeit, Selbstverwirklichung, Individualität. Bei Gleichheit hingegen denkt der grüne Stammwähler im Hamburger Schanzenviertel und dem Frankfurter Nordend an Gleichschritt, Einschränkung, Konformismus. Oder noch schlimmer: an Unterschicht.

Fett und psychotisch

Das miese Image der Gleichheit ist auch ein Echo der untergegangenen totalitären Regime des 20. Jahrhunderts, die im Namen der Gleichheit Verbrechen begingen. Dabei ist Gleichheit, richtig dosiert, keine freudlose Angelegenheit, im Gegenteil. Die britischen Sozialforscher Richard Wilkinson und Kate Pickett haben vor ein paar Jahren in der leider rasch in Vergessenheit geratenen Studie „The Spirit Level“ (Deutsch: „Gleichheit ist Glück“) gezeigt, dass zu viel Ungleichheit sich wie Rost in Gesellschaften frisst. Wo die Kluft zwischen oben und unten geringer ist, wie etwa in Skandinavien, werden die Bürger älter, haben weniger Neigung, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen oder zu berauben. Wo die Netze des Sozialstaats enger geknüpft sind, richten sich weniger Leute mit harten Drogen zu Grunde, sind seltener fett und psychotisch.

Gesellschaften ohne schroffe Spaltung in Arm und Reich sind gesünder und vitaler. Und, wichtig für Grüne: Wo es gleicher zugeht, recyceln die Leute empirisch gesehen entschieden mehr Müll und produzieren auch weniger Kohlendioxid.

Wo es gleicher zugeht, ist das wechselseitige Vertrauen der Bürger ineinander größer, ebenso das Interesse am Gemeinwohl. Vertrauen und Engagement für das Allgemeine – ist nicht das genau der Sauerstoff, den ökologische Moral braucht?

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23 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich versteh das Ende des Artikels nicht. Woher nehmen die Autoren die Sicherheit, etwas über Vitalität von Gesellschaften zu sagen? Wie sehen die Autoren die Vitalität Chinas und der USA?

    Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem Grad an Gleichheit und Vitalität. Man mag Gleichheit aus moralischen Gründen befürworten, aber Gleichheit herstellen zu wollen, damit dann Vitalität da ist, leuchtet mir nicht ein.

  • Mann muss es noch böser ausdrücken :

    Die Grünen sind die grün angepinselte FDP; denn Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung sind ja in Ordnung, aber bitte nur für die, die es sich leisten können.

  • 7G
    74450 (Profil gelöscht)

    "Doch Gleichheit hat gerade in den neobürglichen Komfortzonen einen schlechten Sound. Wo man mit dem Elektrobike zum Montessori-Kindergarten fährt, schätzt man die Freiheit weit mehr."

     

    Es sollte kein Gegensatz zwischen Freiheit und Gleichheit aufgebaut werden. Ein Begriff wie Chancengerechtigkeit macht nur Sinn, wenn damit die (annähernd) gleichen Freiheiten für alle gemeint sind.

     

    Gleiche Freiheiten und Chancen auf (Selbst-)Verwirklichung bestehen aber nur, wenn Menschen auch annähernd über gleiche materielle Ressourcen verfügen. Umverteilung ist also einer der unvermeidbaren Bestandteile von Chancengerechtigkeit. Ist die Ungleichheit zu groß, sind auch die Chancen nicht gerecht verteilt.

     

    Chancengerechtigkeit ist logisch also nur eine Unterkategorie der Verteilungsgerechtigkeit.

    • @74450 (Profil gelöscht):

      Mann muss noch böser ausdrücken :

      Die Grünen sind die grün angepinselte FDP, denn Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung sind ja in Ordnung, aber bitte nur für die, die es sich leisten könne.

  • Umverteilung setzt erst einmal entsprechende Kenntnisse voraus. Wer so etwas schreibt,hat diese Kenntnis nicht:

     

    "Dass sie nicht den hart arbeitenden Arzt im Krankenhaus meinten, der gut verdient und bereits hohe Sozialabgaben und Steuern zahlt, "

     

    Der Arzt im Krankenhaus zahlt ca. 20% weniger "Sozialabgaben" als die Krankenschwester im gleichen Krankenhaus, denn er kann für seine Rentenversicherung ins Versorgungswerk ansparen während die Krankenschwester im gleichen Krankenhaus in der GRV zwangsversichert ist und sich damit an der sozialen Umverteilung im Rentenversicherungssystem beteiligen muss.

     

    Die Dumme ist die Krankenschwester - nicht der Arzt - denn sie zahlt bei niedrigerem Einkommen mehr Zwangsabgaben.

  • Es gehörte mit zu den Gründungsimpulsen der Grünen auch soziale (Verteilungs-)Gerechtigkeit zu forcieren. Daher ist es nur konsequent, wenn die Grünen sich heutzutage - nach dem AGENDA 2010-Desaster - wieder mehr ihrer eigentlichen Wurzeln besinnen.

  • Ich würde gerne am Beispiel des ALDI Konzerns erfahren wie man sich so eine Umverteilung vorzustellen hat.

  • Für billigeres Bio gibt es ein einfaches Mittel: Zigaretten-, Alkohol-, Zucker- und Fettsteuern hoch und runter für alles Gesunde. http://taz.de/Ernaehrungsforscherin-ueber-Suesses/!5310930/

  • "Wenn ich mein ganzes Leben hart gearbeitet habe..." ...bin ich am Ende Armutsrentner. Von harter Arbeit ist noch keiner reich geworden.

  • Oho, die grüne TAZ entdeckt ihre linke Ader! Jedenfalls solange nicht Frau Wagenknecht oder Herr Lafontaine genau dasselbe oder Herr Özdemir genau das Gegenteil sagen...

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    Zum Grundproblem, dass Reiche reicher werden, absolute Zustimmung. Nur wie soll man dies bekämpfen. Durch den Staat und Erbschaftssteuer? Dann verlagere ich mein Unternehmen ins Ausland - so einfach. Und mit liquideren Vermögen (Anleihen, Aktien, etc.) ist dies heute überhaupt kein Problem mehr.

    Wenn ich mein ganzes Leben hart gearbeitet habe, werde ich einen Teufel tun und dieses Vermögen dem inkompetenten Staat zur Verfügung zu stellen (Stichwort: Berlin Flughafen).

    Alternativen müssen her: Z.b. könnte man Erben verpflichten, dass geerbte Vermögen in eine Stiftung ein zu bringen, die weiterhin zu 100% in Familienhand bleibt, aber gleichzeitig verpflichtet ist, einen Teil der Gewinne für gemeinnützige Arbeit zur Verfügung zu stellen. Hier kommt das Geld direkt bei den betroffenen an und die Familie kann entscheiden, wer profitieren soll.

    • @73176 (Profil gelöscht):

      Das ist jetzt aber eine krumme Argumentation: gegen staatliche Eingriffe argumentieren, (Erbschaftssteuer) und dann im nächsten Satz aber doch welche fordern ( Stiftung verpflichtend einführen)

      Eingriffe und Verpflichtungen tun halt meist eher weh, und die Menschen wollen sich nicht dran halten, deswegen muss man sie trotzdem oft machen. Wieso sollten die Menschen lieber Stiftungen gründen, was extra Arbeit macht, statt Erbschaftssteuer bezahlen? Ob dann das Geld bei direkt betroffenen ankommt ist auch nicht sicher. Und wer ist Betroffener?

      • 7G
        73176 (Profil gelöscht)
        @portolkyz:

        Ich habe nicht grundsätzlich gegen staatliche Eingriffe argumentiert. Aber mir ist es lieber, ich entscheide wer von meinem erwirtschaftet Geld profitiert, als der inkompetente Staat.

         

        "Wieso sollten die Menschen lieber Stiftungen gründen, was extra Arbeit macht, statt Erbschaftssteuer bezahlen?" Ist das Ihr Ernst?!? Also zahlen Sie lieber im Zweifel auf einen Schlag mehrere Hunderttausend/Millionen Steuern, als ein paar Behördengänge zu erledigen !?!?!?!?!

         

        Wer "Betroffener" ist, das entscheiden dann Sie! Wenn Sie sich für Flüchtlinge einsetzen wollen, dann spenden Sie ein paar Jahre für Flüchtlinge. Wenn Sie dann z.B. die Krebsforschung unterstützen wollen, dann spenden Sie ein paar Jahre dorthin, etc.

        Ich argumentiere auch nicht grundsätzlich gegen staatliche Eingriffe. Ich meine nur: So viel Staat wie nötig, so wenig wie möglich.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @73176 (Profil gelöscht):

      "Z.b. könnte man Erben verpflichten, dass geerbte Vermögen in eine Stiftung ein zu bringen, die weiterhin zu 100% in Familienhand bleibt, aber gleichzeitig verpflichtet ist, einen Teil der Gewinne für gemeinnützige Arbeit zur Verfügung zu stellen. Hier kommt das Geld direkt bei den betroffenen an und die Familie kann entscheiden, wer profitieren soll."

       

      Haben wir fast schon:

      http://www.fr-online.de/gastbeitraege/erben-steuer-geschenke-fuer-quandt-und-co-,29976308,31487172.html

       

      und dann spendet Susanne KLatten einen Bruchteil der Steuerersparnis (natürlich entscheidet sie auch "wer profitieren soll"):

      http://www.welt.de/wirtschaft/article154898755/Wie-Susanne-Klatten-das-Spenden-revolutioniert.html

       

      Was Sie vorschlagen ist Charity nach viktorianischer (wilhelminischer?) Art. Ohne Anspruch, ohne Regeln, nach Gutdünken der Reichen.

      • 7G
        73176 (Profil gelöscht)
        @10236 (Profil gelöscht):

        Nicht ganz. Heute KANN man sein Vermögen in eine Stiftung einbringen. Ich rede von ZWANG! D.h. Man wird verpflichtet, das Erbe in eine Stiftung (o.ä.) einzubringen. Man wird GEZWUNGEN einen gewissen Teil des Gewinns JEDES Jahr an eine gemeinnützige Organisation abzugeben (man kann ja vom Staat festlegen lassen, was und wer als gemeinnützig gilt).

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @73176 (Profil gelöscht):

          Das Problem (Kapitalabwanderung) haben Sie richtig erkannt und angesprochen. Ob die potentiellen Wohltäter besteuert oder *zwangsweise* wohltätig werden, ist den meisten von ihnen egal. Was zählt, ist die höchstmögliche Schonung des eigenen zu vererbenden Vermögens. Jeder Abgang wird als Verlust bewertet und empfunden. Stiftungen werden v.a. dann gerne gesehen, wenn sie als PR-/Tarnkonstrukte dienen, um das Vermögen dem Zugriff des Fiskus zu entziehen, die Kontrolle darüber allerdings nicht aufzugeben. Nicht über Eigentumsverhältnisse, und größtenteils auch nicht über die Verwendung.

           

          Ganz heikel ist der Vorschlag der Übertragung der Verwendungshoheit vom Staat auf die etwaigen privaten Wohltäter. Man kann dem Staat vieles vorwerfen, ein gewisser Blick fürs Ganze ist bei den Staatsausgaben jedoch vorhanden. Die Privaten haben da gewisse Vorlieben, die sich nicht unbedingt am Gemeinwohl orientieren.

  • Beim Thema Umverteilung lese ich in der taz immer davon, dass die Grünen eine Verschiebung von unten nach oben anstreben. Und in der Realität sehe ich die - als grüne Herzensangelegenheit - landschaftsverschandelnden Tierfallen, von den Grünen verharmlosend als Windernergieanlagen bezeichneten Monster. Mit dieser auf 20 Jahre festgeschriebenen Megasubvention aus garantierter Einspeisevergütung und hohen Steuervorteilen bedachten Geldanlage, gegen die man weder als Gemeinde noch als Bürger vor Gericht ziehen darf, haben sie eine Umverteilung von unten nach oben bewirkt, die nahezu einmalig ist. Wer besitzt denn Anteile an solchen Windparks? Das sind dann wohl jene Richterinnen und Ärzte, die dann aus Dankbarkeit für so viel Großzügigkeit auch gerne grün wählen. Ich tue es schon seit Jahren nicht mehr.

    • @Cerberus:

      Stimme Ihnen zu und möchte ergänzen :

      a) Die Grünen sind die Partei der am besten Verdienenden, noch vor der FDP.

      b) Die Grünen sind eine Lobbypartei, bedient werden ganze Industriebranchen, z.T. gegründet von Grünen, direkt im Gesetzgebungsverfahren eingebunden (z.B. Solar World).

      c) der Erfolg der Energiewende (aktuell 25Mrd.€ + MwSt. + weitere Umlagen pro Jahr) sollte mal am Beitrag zum Gesamtenergieverbrauch in Deutschland gewertet werden. Er beträgt ca. 6%, wobei die extrem geförderte Solarenergie einen Anteil von 1% erreicht. Die Vision, ein fossilenergiefreies Deutschland, ist ein nicht einhaltbares Heilsversprechen.

      d) ein Bruchteil der hunderte Mrd. € an EEG-Subventionen hätte bei einer Modernisierung bestehender Kohlekraftwerke ein vielfaches an realer CO2-Ersparnis gebracht. Die hypothetische CO2-Ersparnis durch EE ist marginal.

      e) aber man muss den Grünen lassen, die PR-Arbeit, Selbstdarstellung als Weltverbesserer mit moralischer Überlegenheit, funktioniert ganz gut.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @Cerberus:

      Dem stimme ich voll und ganz zu. In meinem Freundeskreis gibt es etliche sehr gut verdienende Akademiker, die nahezu alle in alternative Energien investiert haben. Die danken jeden Tag dem lieben Gott für das EEG.

  • Es wäre ein tolles Signal, wenn die Grünen ihre besserverdienenden Wähler, die in Sozialwohnungen in Top-Lagen leben, zum Auszug bewegen könnten.

     

    Dann könnten arme, kinderreiche Familien endlich mitten in die Stadt ziehen, wohin das geringverdienende, hart arbeitende Familienoberhaupt bisher jeden Tag 2 Stunden pendeln musste, weshalb es seine Kinder kaum zu Gesicht bekommen hat.

  • Das Problem der Grünen ist, das ihre Anliegen, wenn vielleicht auch unintendiert, die Armen mehr treffen als die Wohlhabenden. Zusätzliche Umverteilung ist also notwenig um allein die Belastung der Grünen Projekte auszugleichen, ohne ein quäntchen an der Verteilung zu ändern.

     

    Wer für teureres Essen lobbiiert und es gar nicht merkt, der ist von Marie Antoinette nicht weit weg.

     

    Aldi, Bayer und Monsanto hat mehr FÜR den Wohlstand des unteren Drittels getan als die Grünen.

  • Ein Glück, dass es die Grünen gibt, denen kann man immer schön den Schwarzen Peter zuschieben und muss sich sonst keine weiteren Gedanken machen.

     

    Letztendlich sind die Grünen die entscheidene Kraft in diesem Land, die tatsächlich konkrete Veränderungen hin zu mehr Gleichberechtigung umsetzt, und nicht nur darüber spricht. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Verblendung diesbezüglich bei der TAZ herrscht.

     

    Von Außen kann man das ganz gut erkennen, von Innen anscheinend nicht...

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Grisch:

      "Letztendlich sind die Grünen die entscheidene Kraft in diesem Land, die tatsächlich konkrete Veränderungen hin zu mehr Gleichberechtigung umsetzt..."

       

      Sicherlich, aber nicht in ökonomischer Hinsicht. Progressivität ohne soziale Komponente ist Lifestyle-Blendertum.