Erste Ministerin mit Transhintergrund: Belgien strahlt in Blau-Pink-Weiß

Mit Petra de Sutter von den Grünen hat Belgien die erste trans Frau in einem Ministeramt. Die Medizinerin ist auch stellvertretende Premier.

Progressives Belgien: Ministerin Petra De Sutter bei der Vereidigung Foto: Dirk Waem/Belga/imago

Ein echter Meilenstein und gleichzeitig ein Stück ersehnte Normalität: In Belgien wurde am Wochenende mit der Gynäkologin Petra De Sutter erstmals eine trans Frau als Ministerin sowie als eine von acht stellvertretenden Premierminister*innen im neuen Kabinett von Alexander De Croo vereidigt.

Während die 57-jährige Grünen-Politikerin, die für Beamt*innenangelegenheiten und öffentliche Betriebe zuständig ist, im Ausland bereits als „Europas ranghöchste trans Politiker*in“ gefeiert wird, spielt ihre Geschlechtsidentität in den belgischen Medien nur eine Nebenrolle.

De Sutter promovierte 1991 in biomedizinischen Wissenschaften, wurde Gynäkologin und Professorin und arbeitete zuletzt neben ihrer politischen Tätigkeit als Teilzeitprofessorin und Leiterin der Abteilung für Reproduktionsmedizin am Universitätsklinikum Gent. Über ihre Transition im Jahr 2004 berichtete die viel beachtete trans Aktivistin aus Flandern später in dem Buch „[Über]leben“.

Auch wenn sie sich stets für LGBTI-Rechte einsetzte, legte De Sutter Wert darauf, nicht auf ihren Transhintergrund reduziert zu werden. „Ich möchte, dass die Leute wegen meiner Arbeit, wegen meiner politischen Handlungen über mich sprechen“, sagte sie im vergangenen Jahr im Interview mit dem Portal Sisters of Europe.

Geschlechtsidentität ist kein Thema

In die Politik stieg die Ministerin der sogenannten Vivaldi-Koalition aus Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und den flämischen Christdemokraten erst vor sechs Jahren ein. 2014 scheiterte sie zunächst auf Listenplatz zwei der Grünen am Einzug ins Europaparlament, wurde im gleichen Jahr aber von ihrer Partei in den belgischen Senat kooptiert – als erste trans Person in einer der beiden Parlamentskammern.

Dort wirkte sie an progressiven Gesetzen wie einer Reform des Transsexuellenrechts oder der Fortpflanzungsmedizin mit. 2019 gelang ihr der Einzug ins EU-Parlament. Für die grüne Fraktion war sie zuletzt Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz.

„Ich bin stolz darauf, dass in Belgien und den meisten EU-Ländern meine Geschlechtsidentität mich nicht als Person definiert und kein Thema ist“, schrieb De Sutter am Sonntag auf Twitter. „Ich hoffe, dass meine Ernennung zur Ministerin und stellvertretenden Ministerpräsidentin eine Diskussion in den Ländern auslösen kann, in denen dies noch nicht der Fall ist.“ Dazu verwendete die Grünen-Politikerin den Hashtag #fighttransphobia.

Seit Anbeginn der Menschheit

„In der Geschichte der EU hat noch keine trans* Person ein so hohes Amt eingenommen“, begrüßte der deutsche Bundesverband Trans* (BVT*) die Wahl De Sutters auf Anfrage der taz, von ihr gehe ein „wichtiges politisches Signal“ aus.

„Trans* Personen sind überall anzutreffen und existieren seit Anbeginn der Menschheit“, sagte Pressesprecher*in Gabriel_Nox Koenig. „Daher ist es aus Sicht des BVT* nur folgerichtig, dass mehr und mehr trans* Personen in politischen Ämtern vertreten sind und Gesellschaft auch auf diese Weise mitgestalten.“

Dass De Sutter gerade in Belgien Ministerin wurde, sei kein Zufall, sondern spiegele die im Vergleich zu Deutschland bessere Menschenrechtslage wider.

Belgien hatte bereits 2011 queere Geschichte geschrieben, als Elio Di Rupo als erster offen schwuler und – nach Jóhanna Sigurðardóttir in Island – zweiter offen homosexueller Regierungschef vereidigt wurde.

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