Erneuerbare Energien: Chemiebranche will mehr Windkraft
Unternehmen fordern vor Bund-Länder-Gipfel stärkeren Ökostrom-Ausbau. Der wird derzeit von der Unionsfraktion blockiert.
Kurz vor dem für Donnerstag geplanten Bund-Länder-Gipfel zur Energiewende drängt der Verband der Chemischen Industrie (VCI) auf einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien. „Damit in den kommenden Jahren ausreichende Mengen erneuerbaren Stroms für die Treibhausneutralität der chemischen Industrie verfügbar sind, reicht der jetzt definierte Ausbaupfad nicht aus“, heißt es in einem Schreiben des VCI Stakeholder-Dialogs zur Dekarbonisierung an die Fraktionen im Bundestag. „Vor allem der Windausbau an Land bleibt hinter der Planung zurück.“
Unterzeichnet ist der Brief außer vom VCI unter anderem auch von den Unternehmen BASF, Dow, Lanxess und Wacker, der Gewerkschaft IG BCE und den Umweltverbänden WWF und Germanwatch. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie und die Verbraucherzentrale NRW haben als Mitglieder des VCI-Stakeholder-Dialogs unterzeichnet.
Die Chemiebranche geht davon aus, dass ihr Stromverbrauch stark steigen wird, wenn fossile Energieträger und Rohstoffe durch erneuerbare ersetzt werden. Eine Studie geht von einer Verzwölffachung auf 630 Terawattstunden im Jahr aus; das wäre mehr als der aktuelle Gesamt-Stromverbrauch in Deutschland.
Die Große Koalition hatte sich im vergangenen Jahr auf einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren geeinigt, doch die Umsetzung wird derzeit von der Unionsfraktion blockiert. Sie besteht aufgrund zunehmender Proteste gegen Windräder darauf, dass der Bund Mindestabstände vorgibt, die zwischen Windrädern und Wohnhäusern eingehalten werden müssen; das würde die zur Verfügung stehenden Flächen stark reduzieren und den ohnehin eingebrochenen Bau neuer Windräder weiter reduzieren.
Auch Solarausbau gefährdet
Ein Kompromiss des Wirtschaftsministeriums, der die Entscheidung über Mindestabstände den Bundesländern überlassen soll, wird vom Wirtschaftsflügel der Union abgelehnt. Auch der weitere Solarausbau ist durch den Streit gefährdet, denn die Union will die bereits angekündigte Aufhebung des sogenannten Solardeckels, der neue Anlangen in wenigen Monaten unmöglich machen würde, nur gemeinsam mit einer Regelung für die Windräder umsetzen.
Diesem Kurs erteilt die Chemiebranche mit ihrem Brief eine klare Absage. „Die energieintensive Chemieindustrie macht sich auf den Weg zu Treibhausgasneutralität bis 2050“, kommentierte Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals. „Diese Erklärung kann man als Appell an die bremsenden Kräfte in der Union verstehen, den Fuß von der Bremse zu nehmen und sich von der pauschalen Mindestabstandsregel zu verabschieden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“