Ermittlungen zu Oury Jallohs Tod: Der abgewiesene Zeuge
Im Fall des in Polizeihaft verstorbenen Sierra Leoners will ein Mann eine Aussage machen. Er kommt nicht dazu und erhält einen Verweis.
Erst zwölf Jahre später änderte der Dessauer Oberstaatsanwalt Folker Bittmann seine Theorie zu dem mysteriösen Todesfall. Am 4. April 2017 schreibt Bittmann in einem Aktenvermerk, er gehe davon aus, dass Jalloh bereits vor Ausbruch des Feuers „mindestens handlungsunfähig oder sogar schon tot“ war. Vermutlich sei er mit Brandbeschleuniger besprüht und angezündet worden. Dies legen sechs Gutachter nahe, die Bittmann konsultierte. Das Motiv könnte nach Auffassung Bittmanns gewesen sein, dass dem Asylbewerber zuvor zugefügte Verletzungen vertuscht werden sollten. Der Staatsanwalt benennt konkrete Verdächtige aus den Reihen der Dessauer Polizei.
Nachdem der Vermerk der an der Nebenklage beteiligten Initiative Gedenken an Oury Jalloh übermittelt wurde, erstattete diese am 7. Dezember 2017 Anzeige wegen Mordes gegen den ehemaligen Polizeiobermeister Udo S. beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Der 2008 in Vorruhestand gegangene S. hatte Jalloh am Morgen des 7. Januar 2005 im Dessauer Stadtpark festgenommen, weil sich Frauen von Jalloh belästigt fühlten.
Eine Behörde, die die Wahrheit scheut
Schon 2013 gab es einen Mann aus den Reihen der Dessauer Justiz, der versucht hat, einen Hinweis auf den Polizisten S. zu geben. Was er wusste, beweist in keiner Weise, wer Jalloh tötete. Aber wie mit dem Hinweisgeber umgegangen wurde, zeigt, warum der Fall bis heute ungeklärt ist. Es zeigt das Innenleben von Behörden, die allem Anschein nach die Wahrheit scheuten, weil sie sehr hässlich werden könnte.
Der Hinweisgeber ist der heute 46-jährige Justizwachtmeister Dirk N.. Er kannte ein möglicherweise entscheidendes Detail aus der Vergangenheit des Polizisten S. Doch gegen N. wurden disziplinarische Schritte eingeleitet – und er so dazu gedrängt, seinen Verdacht zurückzuziehen.
Die Linken-Abgeordnete Henriette Quade aus Halle ist Mitglied im Rechtsausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt. Sie bereitet sich derzeit auf einen Untersuchungsausschuss zum Fall Jalloh vor. Im Dezember traf sie in der Hochschule in Dessau mit N. zusammen. „Wer die Geschichte von Herrn N. hört, beginnt zu verstehen, wie die ganze Sache so lange Zeit unter der Decke gehalten werden konnte“, sagt Quade. N. werde „auf jeden Fall als wichtiger Zeuge in den parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorgeladen werden müssen“.
Was der Wachmeister weiß
N. stammt aus Dessau. Bevor er in den Justizdienst wechselte, arbeitete er bei einer Sicherheitsfirma. N. ist in einem Milieu zu Hause, das nah dran ist an der Polizei. In seinem Leben ereigneten sich zwei Umstände, aus denen N. schon vor Jahren ähnliche Schlüsse zum Tod Jallohs zog wie die Staatsanwaltschaft heute.
Umstand Nummer 1: N. kannte den einstigen Wachdienstleiter des Dessauer Polizeireviers Andreas S. Der stand 2007 vor Gericht, weil er den Alarm ignoriert hatte, der ausbrach, als es in Jalloh Zelle brannte. 2008 wurde Andreas S. freigesprochen, im Revisionsprozess 2012 aber wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro verurteilt. 2007 habe Andreas S. in einem privaten Gespräch mit N. zum Tod Jallohs unvermittelt gesagt, er sei es nicht gewesen. Das wunderte N. Denn zu jener Zeit zweifelte kaum jemand die offizielle Version an, nach der Jalloh sich selbst angezündet hatte. Wusste Andreas S. mehr? N. hakte aber nicht nach. Er hatte Angst, zu viel zu erfahren. Doch der Satz ließ ihn nicht los.
Umstand Nummer 2: N. ist entfernt angeheiratet mit dem nun verdächtigen Udo S. verwandt, hatte mit diesem aber keinen persönlichen Kontakt. Er wusste allerdings, wo S. gearbeitet hatte, bevor er nach der Wende zur Polizei wechselte: S. war Feuerwehrmann bei der Betriebsfeuerwehr der VEB Gärungschemie Dessau. Das 2003 aufgelöste Unternehmen stellte unter anderem Stoffe für Pyrotechnik her. S. wird also gewusst haben, wie man in kürzester Zeit einen starken Brand so entfacht, dass sich hinterher nichts nachweisen lässt.
Am 6. Juni 2007 sagt S. als Zeuge vor dem Landgericht Dessau aus. Er schildert, wie er zwei Jahre zuvor Jalloh in das im Untergeschoss des Reviers gelegene Arztzimmer brachte, wo Jalloh sich „erneut renitent“ verhalten und mit seinem Kopf Richtung Wand und Tisch geschlagen habe. Er schildert, wie sie Jalloh auf dem Rücken liegend mit vier Hand- bzw. Fußfesseln auf einer Matratze fixierten und diese mit Metallbügeln an Wand und Boden verbanden. Dann wird S. aus dem Zeugenstand entlassen. Seine Vergangenheit als Feuerwehrmann kommt nicht zur Sprache. N. wundert sich wieder.
In den folgenden Jahren sinken N.s Zweifel in die unteren Schichten seines Bewusstsein hinab. Bis zum 12. November 2013.
Die Staatsanwaltschaft zweifelt
An diesem Tag sieht N. einen Bericht des MDR im Fernsehen. Die Initiative Gedenken an Oury Jalloh hatte in Irland den Brand in Jallohs Zelle simulieren lassen. Dabei entstand ein Video. Auf der rechten Seite ist die vollständig verkohlte Leichte Jallohs zu sehen. Sie muss in nur 30 Minuten derart verbrannt sein: So viel Zeit verging zwischen dem Anschlagen des Feueralarms um 12.05 Uhr und dem Löschen des Brandes durch die Feuerwehr um 12.35 Uhr. Die linke Seite des Videos zeigt Aufnahmen eines bekleideten, toten Schweins in der nachgestellten Zelle.
Im Fall Oury Jalloh, der in einer Polizeizelle verbrannte, wurden viele Indizien vertuscht. Die Initiative „Gedenken an Oury Jalloh“ hat durchgesetzt, dass nun wegen Mordes ermittelt wird. Im taz-Café berichtet die Gruppe am 4. Januar von ihrem Kampf um die Wahrheit. Das Video zur Veranstaltung gibt es hier.
Die Matratze wird zunächst ohne Brandbeschleuniger angezündet. Auch nach 70 Minuten ist das Schwein fast völlig unverändert. Beim zweiten Mal schüttet der Sachverständige einen Kanister mit zwei Litern Benzin über das Schwein. Nach einer halben Stunde ist es zwar deutlich verkohlt – aber längst nicht so schwarz, wie die Leiche Jallohs. Es dürfte also Brandbeschleuniger im Spiel gewesen sein. Und auf diesen wurde die Zelle nicht untersucht.
Fast alle großen Medien sind zur Vorstellung des Videos in das Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte gekommen. Auch der ermittelnde Staatsanwalt aus Dessau, Folker Bittmann, ist da. Es seien „sehr ernste, überraschende und zum Teil erschreckende Informationen“, sagt der noch im Vorführungssaal in die TV-Kameras. „Von Anfang an stand natürlich die Frage im Raum, ob vielleicht ein Dritter die Finger im Spiel hatte.“ Es habe dazu bislang aber keine Anhaltspunkte gegeben. Bittmann leitet ein Mordermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein – zehn Jahre nach Jallohs Tod.
Der Justizwachtmeister N. sieht Bittmann an diesem Abend im Fernsehen. Er glaubt, einen Anhaltspunkt zu haben. Am 20. November 2013, eine Woche später, sitzt N. in der Kneipe „1930“ in der Zerbster Straße in Dessau und trinkt. Fahren kann er nicht mehr. Seine Wohnung ist weit weg, er will ein Taxi nehmen, der nächste Stand ist am Bahnhof. N. sitzt öfter im „1930“ und trinkt mehr, als ihm gut tut. Der Weg zum Taxistand führt vorbei am Polizeirevier Wolfgangstraße.
Wie der Zeuge N. abgewiesen wird
Es ist 21.05 Uhr, N. ist betrunken. Aber: Hätte er nüchtern je den nötigen Mut aufgebracht? Er betritt das Revier und sagt, er wolle eine Anzeige wegen des „Mordes“ an Jalloh erstatten, so steht es in der Akte. Er will sagen, dass S. einst Feuerwehrmann war. Es ist ein kleiner Hinweis, der vielleicht etwas zur Sache tut, vielleicht aber auch nicht. Nicht mehr und nicht weniger. N. tut dies nicht öffentlich, wo er S.’ Ruf schädigen würde, sondern dort, wo solche Hinweise hingehören: beim zuständigen Polizeirevier.
Der Beamte fordert N. auf, seinen Ausweis zu zeigen – und zu pusten. Den Ausweis zeigt N. vor, in den Alkoholmesser bläst er nicht. Die Anzeige wird nicht aufgenommen. Als er am übernächsten Tag wieder Dienst hat, wird er zum Gerichtspräsidenten Michael Borgmann gerufen. Statt ihn nüchtern noch einmal vorzuladen, hatte sich die Polizei über N. bei dessen Vorgesetztem beschwert.
Borgmann macht N. Druck. In den der taz vorliegenden Verfahrensakten steht, dass er ihn „eindringlich auf seine Verpflichtung hingewiesen hat, sich auch außerdienstlich so zu verhalten, wie es der Achtung vor Ihrem Beruf und dem hierin gesetzten Vertrauen entspricht.“ Borgmann ist heute nicht mehr im Dienst. Auf eine Anfrage der taz zu der Situation will er nicht näher antworten – nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst sei „allein der amtierende Präsident zuständig“.
Die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost lässt sich etwas weiter ein: „Die Äußerungen des Mannes wurden schriftlich niedergelegt und der zu dieser Zeit ermittlungsführenden Staatsanwaltschaft zugeleitet“, schreibt sie auf Anfrage der taz. Allerdings versuchte die Polizei nicht zu ermitteln, warum N. den Polizisten S. verdächtigte, sondern meldete nur, dass er es tat – so geht es jedenfalls aus den Akten hervor.
N. ruft die Anwältin Gabriele Heinecke in Hamburg an. Die vertritt die Nebenklage, die Familie Jallohs. Bei Heinecke wird N. los, was ihm wichtig erscheint: dass der Polizist S. Feuerwehrmann war. Heinecke gibt die Information an den Dessauer Staatsanwalt Christian Preissner weiter.
„S. ist der Mörder von Oury Jalloh“
N. wird ungeduldig. Um 1.30 Uhr, in der Nacht auf den 6. April 2014 tippt er eine SMS in sein Mobiltelefon. „S. ist der Mörder von Oury Jalloh“ (Name von der Redaktion abgekürzt). Er schickt sie an die Nummer des Polizeireviers von Dessau, dazu eine Nachricht, die Polizisten mögen nicht wieder Borgmann informieren. Eine Computerstimme liest dem diensthabenden Beamten die Nachricht vor – inklusive der Nummer des Absenders.
N.s Schlussfolgerung geht zu dieser Zeit viel zu weit. Was er über S. weiß, beweist überhaupt nichts. Doch für Dessauer Verhältnisse, in denen in all den Jahren alle Beteiligten die erdrückenden Ungereimtheiten im Fall Jalloh nicht sehen wollten, ist N.s Versuch, sein Wissen weiterzugeben, ein kleiner, zwar hochgradig ungeschickter, aber trotzdem mutiger Schritt.
Der diensthabende Beamte, der die Nachricht hört, lässt die Nummer überprüfen. Am 16. April bekommt S., der ehemalige Feuerwehrmann und spätere Polizist, der Jalloh festnahm, einen Brief. Darin steht der Wortlaut der SMS, der Name des Absenders und der Satz: „Es wurde von Amts wegen eine Strafanzeige gegen N. wegen übler Nachrede zu Ihrem Nachteil erstattet.“ S. möge den beigefügten Strafantrag unterschreiben. Ein frankierter Rückumschlag liege bei. S. unterschreibt allerdings nicht und verzichtet auf einen Strafantrag. Die Polizei informiert auch den Landgerichtspräsidenten über die SMS und ihren Absender.
Ist das der richtige Umgang? Hätte die Polizei N. nicht zunächst vorladen müssen, um festzustellen, ob an der Anschuldigung etwas dran sein könnte? Und: Was, wenn N. recht haben sollte – darf sie einem möglichen Täter einfach so den Namen eines möglichen Zeugen frei Haus liefern? Wäre ein solches Vorgehen der Polizei denkbar, wenn S. kein pensionierter Kollege aus dem eigenen Revier gewesen wäre?
Vom Zeugen zum Beschuldigten
Der Landgerichtspräsident Borgmann zieht jetzt Konsequenzen. „Sie haben erneut haltlose Beschuldigungen aufgestellt, diese haben gegenüber dem Polizeibeamten S. auch ehrverletzenden Charakter“, schreibt er. Er leitet ein Disziplinarverfahren ein.
N. wird nahegelegt, sich persönlich beim Dessauer Kripochef zu entschuldigen. N.s direkte Vorgesetzte fährt N. dazu zum Revier. Die Kripo Dessau lässt auf Anfrage der taz dazu über einen Sprecher ausrichten, Auskünfte erteile nur die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg. Die wiederum sagt, sie könne sich zu dienstrechtlichen Verfahren des Landgerichts nicht äußern.
N.s Anwalt rät ihm, alles auf den Alkohol zu schieben, seine Anschuldigung zu widerrufen und um Gnade zu bitten. Sonst drohe ihm die Entlassung. Der Anwalt fertigt einen Schriftsatz an, den er am 13. Mai 2014 an Borgmann schickt. „Herr N. lässt erklären, dass er sich für seine Handlungen schäme“, steht darin. Er habe „begriffen, dass er S. zu Unrecht bezichtigt“ und „auch das Ansehen der Justiz geschädigt habe“. Ursache sei gewesen, dass er „vor diesen Disziplinarverfehlungen erheblich Alkohol getrunken habe“.
Vier Monate später, am 22. September 2014, lädt der Staatsanwalt Preissner N. zur Vernehmung vor. Der Ausgang des Disziplinarverfahren ist zu dieser Zeit noch offen, Dirk N. droht weiter eine Strafe. N. sagt Preissner zwar, dass S. einst Feuerwehrmann war, verweigert aber weitere Äußerungen – offensichtlich aus Angst vor den anstehenden Disziplinarmaßnahmen.
Am 1. Oktober ruft der heute pensionierte Staatsanwalt Preissner den Anwalt N.s an. Er will, dass N. weiter aussagt. N. solle „auch hinsichtlich seiner Motivlage“ und „alles, was er über eine Täterschaft des Polizeibeamten i. R. S. wisse, offen vollständig und unumwunden mitteilen“, so notiert Preissner in einem Vermerk.
Wie N. nun lieber gar nichts mehr sagen will
Doch der Justizwachtmeister Dirk N. sagt nichts mehr. Sein Anwalt schickt Preissner eine Erklärung. Es ist die gleiche, die auch Borgmann bekommen hat, in der steht, dass N. sich „für seine Handlungen schäme.“ N. habe „ausdrücklich eingeräumt, dass seine Anzeige jeder Tatsachengrundlage entbehre. Gegen ihn ist das dienstrechtlich Erforderliche veranlasst worden“, sagt ein Sprecher des Landgerichts Dessau heute der taz. Der Gerichtspräsident Borgmann erteilt N. am 26. November 2014 einen Verweis. Es ist eine vergleichsweise milde Strafe, befristet auf drei Jahre.
Wäre er so davongekommen, wenn er an seinem Verdacht festgehalten hätte? War nicht zumindest der Hinweis auf die Feuerwehr-Vergangenheit völlig legitim? Was, wenn N. sich – ohne drohende Strafen – getraut hätte, seinen Verdacht öffentlich zu äußern? Wäre dann die Wahrscheinlichkeit gewachsen, dass 2013 Ermittlungen gegen S. aufgenommen werden?
Schwere Vorwürfe
„Auf Herrn N. wurde offenbar massiv Druck ausgeübt,“ sagt die Linken-Abgeordnete Henriette Quade. „Er hat eins und eins zusammen gezählt und einen wichtigen Hinweis gegeben, der zuvor wohl noch nicht bekannt war. Eine Pflichtverletzung kann ich an keiner Stelle erkennen.“ Es habe schließlich durchaus sein können, dass der Hinweis zur beruflichen Vergangenheit von S. verfahrensrelevant sei. „Statt N.s Hinweis zur Kenntnis zu nehmen und ihm nachzugehen, wurde ihm mit Entlassung gedroht, damit er alles zurückzieht, und er zu allem Überfluss auch noch gedrängt, sich zu entschuldigen“, so Quade.
Wie geht der Fall nun weiter?
Im Dezember 2017 meldet sich der neue Leiter des Dessauer Reviers, Roger Schuberth, zu Wort. Er sagt, es falle zu Unrecht ein Schatten auf das heutige Revier. Doch „dass Oury Jalloh in der Zelle zu Tode kommt, das darf nicht passieren“. Er begrüße neue Ermittlungen.
Fast zeitgleich wird der Aktenvermerk öffentlich bekannt, den der Dessauer Staatsanwalt Bittmann im April verfasst hatte. Darin beschreibt er ein Szenario, wonach Polizisten Jalloh in seinen letzten Atemzügen mit Brandbeschleuniger übergossen haben könnten. Plausibel sei ein Zusammenhang mit zwei früheren Todesfällen um die Polizeistation Dessau: 1997 war ein Mann nach einem Polizeigewahrsam an schweren inneren Verletzungen gestorben. 2002 kam in der selben Zelle wie später Jalloh der Obdachlose Mario Bichtermann ums Leben. Bittmanns Vermutung: Jalloh, der im Gesicht verletzt war und nicht ordnungsgemäß ärztlich versorgt wurde, sei bei einer Zellenkontrolle ohnmächtig aufgefunden worden. Den Beamten sei klar geworden, „dass schwere Verletzungen oder gar das Versterben eines weiteren Häftlings neuerliche Untersuchungen auslösen würden“. Diese Sorge „mag zu dem Entschluss geführt haben, mit der Brandlegung alle Spuren zu verwischen“.
Die Ermittlungen gehen weiter
Kurz nachdem Bittmann seine Einschätzung formuliert, wird ihm der Fall entzogen: Im Juni übergibt die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg ihn an die Staatsanwaltschaft Halle. Im Oktober kündigte die Staatsanwaltschaft Halle an, das Mordermittlungsverfahren gegen Unbekannt einzustellen. „Bittmann habe die Ergebnisse der Gutachter eben anders interpretiert als sie“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Halle der taz.
Kurz darauf wies Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg an, das Ermittlungsverfahren an sich zu ziehen. Deren Sprecher, Oberstaatsanwalt Klaus Tewes, sagte der taz, die Prüfung der Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens werde noch mehrere Monate dauern.
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