Ermittlungen gegen Babboe: Rahmencheck fürs Lastenrad
Der niederländische Hersteller Babboe ruft tausende Fahrräder zurück. Ein Experte erklärt, was Kund:innen tun können – auch in Deutschland.
„Die Leute, die ein Lastenrad von Babboe besitzen, können ihre Rahmennummer checken“, rät Arne Behrensen von Zukunft Fahrrad, einem Verband verschiedener Unternehmen aus der Fahrradwirtschaft. „Dann sehen sie, ob es in die Kategorie der Räder fällt, die zurückgerufen wurden.“ Außerdem biete Babboe den Kund:innen eine kostenlose Inspektion bei Händlern, die Lastenräder der Marke verkaufen. Die empfiehlt der Radexperte allen Besitzer:innen, unabhängig vom Modell.
Gegen Babboe läuft in den Niederlanden eine strafrechtliche Untersuchung. Wegen großer Sicherheitsbedenken und möglicher Täuschung hat die niederländische Warenaufsichtsbehörde NVWA Ermittlungen gegen den Lastenradhersteller eingeleitet. Laut der Behörde waren die Rahmen hunderter Babboe-Räder gebrochen.
Der Hersteller habe den Grund dafür nicht ausreichend untersucht und nicht genug unternommen, um den Fehler zu beheben. Staatsanwaltschaft und NVWA prüfen nun, ob Babboe fahrlässig gehandelt und die Sicherheit der Kund:innen wissentlich gefährdet hat.
Babboe steht seit 2019 unter Beobachtung der NVWA. Damals schon musste der Hersteller Lastenräder zurückrufen. Im Februar 2024 dann berichtete zuerst der niederländische Nachrichtensender RTL Nieuws darüber, dass sich Kund:innen seit 2019 immer wieder über Rahmenbrüche beschwerten. Im März folgte ein Bericht darüber, dass die Aufsichtsbehörde deshalb mehrere Kontrollen bei dem Radunternehmen durchführte. Angestellte sollen vor den Besuchen der NVWA kaputte Fahrräder in Lieferwagen gepackt haben – aus Angst, dass Behördenmitarbeiter:innen sie bei Kontrollen entdecken.
Verkauf von Babboe-Rädern gestoppt
Ebenfalls im Februar stoppten Inspektoren der NVWA den Verkauf von Babboe-Rädern in den Niederlanden. Der Hersteller empfahl daraufhin auch den Händlern in Deutschland, erst mal keine Babboe-Räder mehr zu verkaufen. Besitzer:innen eines Babboe-Rads sollten es lieber stehen lassen, bis geklärt würde, welche Modelle fehlerhaft sind. Jetzt steht fest: Babboe ruft insgesamt 22.000 Räder zurück. Nach Angaben des Unternehmens geht es um ein Drittel aller Modelle, darunter das City E und das Mini E.
Ab Mitte April sollen die Lastenfahrräder zuerst in den Niederlanden, dann in Deutschland eingesammelt werden. „Wir verstehen, dass das ärgerlich ist für unsere Kunden“, sagt Babboe-Chef Gerard Feenema. „Daher haben wir unser Bestes getan, eine passende Lösung zu finden und sie zu entschädigen.“ Besitzer:innen von Babboe-Rädern werde ein neues Exemplar angeboten, wenn sie ihr Rad seit höchstens fünf Jahren haben. Der größte Teil der Räder könne nach Kontrolle und möglicher Reparatur wieder gefahren werden.
Babboe gehört zur Accell-Gruppe, einer Holding, deren Tochterunternehmen Fahrräder in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich, Belgien und Ungarn herstellen und verkaufen. 2022 kaufte der US-Finanzinvestor KKR die Gruppe vollständig auf. „Wenn die Signale, über die Medien berichten, wahr sind, dann missbilligen wir das entschieden und distanzieren uns davon“, teilte der Betrieb Accell mit, als die Aufnahme der Ermittlungen bekannt wurde. Laut der niederländischen Warenaufsichtsbehörde hat Babboe die Sicherheit der Lastenradfahrer:innen gefährdet.
Angurten, Helm tragen und vorsichtig fahren
„Die Fahrradbranche kümmert sich sehr intensiv um die Produktsicherheit“, betont Behrensen vom Verband Zukunft Fahrrad. Produktfehler würden für gewöhnlich genau dokumentiert und behoben, Babboe sei ein spezieller Fall.
„Wir gehen davon aus, dass die Lust der Kund:innen auf Lastenfahrräder ungebrochen anhalten wird“, sagt auch Pablo Ziller, Sprecher des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV). Viele Menschen suchten nach Alternativen zum Auto, da biete das Lastenrad viele Vorteile. „Von den Versäumnissen eines Herstellers auf eine gesamte Produktkategorie zu schließen, verbietet sich und wäre auch bei anderen Produkten nicht angemessen.“ Um mit dem Lastenrad sicher durch den Verkehr zu kommen, vor allem, wenn Kinder im Kasten sitzen, empfiehlt Ziller: angurten, Helm tragen und vorsichtig fahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen