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Eritrea-Festival in GießenMehr als 1.000 Einsatzkräfte vor Ort

Bei dem umstrittenen Festival kam es zu mehrfachen Ausschreitungen. Laut Polizei seien 22 Beamte verletzt. Im Vorfeld wurden 60 Menschen in Gewahrsam genommen.

Die Flagge von Eritrea: Das Land gilt als das „Nordkorea“ Afrikas Foto: aboodi vesakaran/unsplash

Gießen afp/dpa | Bei einem umstrittenen Eritreafestival im hessischen Gießen ist es am Samstag nach Polizeiangaben zu Ausschreitungen an verschiedenen Stellen der Stadt zu Ausschreitungen gekommen. Es habe massive Angriffe auf Polizeibeamte durch Stein- und Flaschenwürfe gegeben, Rauchbomben seien gezündet und Absperrzäune eingerissen worden, erklärte die Polizei Mittelhessen. Zudem habe es Schlägereien gegeben. Die Polizei setzte demnach Pfefferspray und Schlagstöcke ein. 22 Beamte seien bis zum Samstagnachmittag verletzt worden.

Da die Polizei an vielen verschiedenen Orten im Einsatz sei, komme es im Stadtgebiet zum starken Verkehrsbehinderungen. Mehr als tausend Einsatzkräfte waren den Angaben zufolge vor Ort. Die polizeilichen Maßnahmen dauerten den Angaben zufolge am Samstagnachmittag an. Konkrete Zahlen zu Verletzten und insgesamt in Gewahrsam genommenen Menschen lagen zunächst nicht vor.

Die Polizei verwies zudem darauf, dass ebenso wie am Freitag im Zusammenhang mit den Aktionen in Gießen Meldungen unbekannter Herkunft kursierten, etwa über eine bei einer „Störaktion getötete“ Person. Dieses Gerücht habe sich nicht bestätigt, betonte die Polizei.

50 Platzverweise bereits vor Beginn des Festivals

Die Polizei hat am frühen Samstagmorgen vor Beginn des umstrittenen Eritrea-Festivals in Gießen rund 60 Menschen in Gewahrsam genommen. Zuvor seien bereits an die 50 Platzverweise ausgesprochen worden, teilten die Beamten mit. Mehrere Personengruppen hätten ab 5.30 Uhr versucht, in Richtung des Veranstaltungsgeländes Hessenhallen zu gelangen. Aufgrund eines Videos, welches auf einer Social-Media-Plattform veröffentlicht wurde, hätten sich Hinweise auf einen von ihnen geplanten Angriff auf die Kulturveranstaltung ergeben. Eine „Vielzahl von Einsatzkräften“ habe das Vordringen zu den Hessenhallen verhindern können.

Die Polizei setzte nach ihren Angaben Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Mehrere Menschen hätten versucht, eine Polizeikette zu durchbrechen. Es seien Steine geflogen und Rauchbomben geworfen sowie Gegenstände von einer Brücke geworfen worden. Mehrere Menschen hätten versucht, die Lahn zu durchschwimmen. 100 bis 150 Menschen hätten versucht, einen Zaun zum Veranstaltungsgelände der Hessenhalle zu übersteigen. Ein Wasserwerfer stehe bereit.

Die Polizei empfahl, das Stadtgebiet zu meiden und weiträumig zu umfahren. Die Einsatzkräfte müssten an vielen Orten im Einsatz sein.

Kritiker sehen Nähe zu Militärdiktatur Eritreas

Nach gewaltsamen Protesten beim Eritrea-Festival im vergangenen Sommer hatte die Stadt die Neuauflage in diesem Jahr per Verbot verhindern wollen – doch die Gerichte sahen dafür keine Grundlage.

Im August vergangenen Jahres hatten etwa 100 Menschen Helfer und Besucher der damaligen Veranstaltung angegriffen, 26 von ihnen wurden verletzt, auch sieben Polizisten trugen leichte Verletzungen davon.

Kritiker des Festivals hatten eine problematische Nähe zur Regierung Eritreas gesehen. So wurden Vorwürfe laut, bei der Veranstaltung sollte Geld zur Unterstützung des Regimes gesammelt werden. Eritrea gilt als das „Nordkorea“ Afrikas.

Seit der Unabhängigkeit Eritreas von Äthiopien vor rund 30 Jahren regiert Präsident Isayas Afewerki das Land mit einer Übergangsregierung. International geriet Afewerki zuletzt in die Kritik, da die eritreische Armee mehreren UN-Berichten zufolge im äthiopischen Bürgerkrieg bis November 2022 an der Seite der äthiopischen Zentralregierung schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben soll. Zudem sind in dem Land viele Freiheitsrechte weitgehend eingeschränkt.

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8 Kommentare

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  • Können wir die Armeedienst/ Arbeitspflicht auch in Deutschland einführen? die gilt in Eritrea ab 18 unbegrenzt. Ich möchte auch gerne dem Diktator dienen. Und wie in Eritrea große Felsbrocken zerkloppen. Am besten das ganze Leben lang.



    Nur die eritreische Jugend möchte das nicht und beschwert sich dagegen, dass bei den BAMF-Asylanhörungen lauter Mitarbeiter des Regimes Informationen weitergeben: die Übersetzer_innen.



    Für eine noch größere eritreisch-deutsche Handelskammer!

  • Diese Gewalt ist absolut inakzeptabel. Offenbar konnten einige der Randalierer festgenommen werden, entsprechende Verfahren werden nun eingeleitet. Ich wünsche den verletzten Polizeibeamten, die einen schweren und, wie man sieht, auch gefährlichen Beruf ausüben, alles Gute und eine recht baldige Genesung!

  • Verwaltungsrichter mit so einer Fehleinschätzung dürfen nicht auch noch belohnt werden, sondern sollten von weiteren Fehleinschätzungen erst mal 12 Monate von ähnlichen Beurteilungen ferngehalten werden.

  • Man hätte dem Festival schon viel Jahren einen Riegel vorschieben müssen. Es wurde von Jahr zu Jahr größer und sowohl die Probagamda der Eritreanischen Regierung als auch der Protest gegen das Festval wurden immer schärfer und militanter. Versammlungsfreiheit ja, Werbung für eine ausländische Diktatur nein. Da halte ich unser Verfassungsgerich immer für zu übervorsichtig.

  • In unserer Arbeiter-WG haben einige Eriträer gelebt. Die Storys v Zuhause waren so Grauenhaft, die schlimmsten DDR-Zeiten scheinen dagegen "Kindergarten" gewesen zu sein



    Aber in Eritrea werden riesige Minen abgebaut. Involviert Frankreich, Dänemark, Russland, China, USA vertreten durch Kanada, Schweiz durch die dann das Blut-Gold+Blut-Silber fließt und auf vielen Umwegen, Qualitäts-Maschinen+ganze Fabrik-Anlagen aus DE.



    Sehr geehrte Damen und Herren, bitte, dies können Sie Alles selbst nach-recherchieren.

  • Auf dem Foto bei der Tagesschau sieht es ganz so aus, als ob die Herren "Blauhelme" Quarzsandhandschuhe tragen.



    Mal sehen, wann das Bild ausgetauscht wird ...

  • Die einen schreiben:"Die Polizei sprach von Stein- und Flaschenwürfen, Schlägereien, entzündeten Rauchbomben sowie von Versuchen, polizeiliche Absperrungen zu durchbrechen und dem Einreißen von Absperrzäunen. Die Beamten setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein."



    Sie schreiben:"Die Polizei setzte nach ihren Angaben Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Mehrere Menschen hätten versucht, eine Polizeikette zu durchbrechen. Es seien Steine geflogen und Rauchbomben geworfen sowie Gegenstände von einer Brücke geworfen worden"



    Der geneigte Leser möge die Kausalkette selber deuten.

  • Ich frage mich, ob die Gerichte nächstes Jahr wieder "keine Grundlage" dafür sehen, dass Festival zu verbieten.