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Erinnerungskultur in SpanienVerherrlichung von Ex-Diktator Franco bald verboten

Dem früheren Herrscher Francisco Franco zu huldigen gilt künftig als „Demütigung“ der Opfer. Dafür sorgten die Linken mit einem neuen Gesetz.

FEMEN-Protest gegen Franco-Gedenken in Madrid, am 21. November 2021 Foto: Celestino Arce Lavin/imago

Madrid taz | Das spanische Parlament – der Kongress – hat am Donnerstagmittag eine Reform des Gesetzes zur Regelung des Vereinsrechts verabschiedet. Damit können jetzt Organisationen und Gruppierungen aufgelöst werden, die das Franco-Regime verherrlichen.

Dies gilt künftig als „Demütigung“ der Opfer der Franco-Diktatur. Allen voran wird davon die Nationale Stiftung Francisco Franco betroffen sein, die bisher alle steuerlichen Privilegien einer Stiftung genoss und dem 1975 verstorbenen Diktator gedenkt sowie dessen Erbe huldigt.

Als Auflösungsgrund gilt künftig „die Ausübung von Aktivitäten, die eine Rechtfertigung des Franquismus darstellen“, sei es durch „Verherrlichung des Staatsstreichs von 1936 oder der darauffolgenden Diktatur“ oder durch „Verherrlichung“ seiner Führungspersönlichkeiten. Das stellt die „Verachtung und Erniedrigung der Würde der Opfer“ des Staatsstreichs, des Krieges oder der Diktatur dar, und gilt als „direkt oder indirekt Anstiftung zu Hass oder Gewalt gegen sie“.

Die Reform ist Folge des 2022 verabschiedeten Gesetzes zur Demokratischen Erinnerung, das die Diktatur verurteilt und die Opfer in den Vordergrund stellt. Eine Auflösung eines Vereins kann nur nach einem Gerichtsbeschluss erfolgen und kann entweder von der Staatsanwaltschaft oder von Gedenkstätten und -verbänden beantragt werden.

„Die Staatsanwaltschaft wird bei Fällen von Anstiftung zu Hass oder Gewalt ein Strafverfahren wegen Straftaten im Zusammenhang mit Grundrechten, insbesondere im Zusammenhang mit der illegalen Vereinigungsbildung, in Erwägung ziehen“, heißt es im Gesetz. Einmal aufgelöst, können die Mitglieder keine neuen Vereine gründen.

Linke dafür, Konservative und Rechte dagegen

179 Angeordnete aus den Reihen der regierenden Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez, dem linksalternativen Koalitionspartner Sumar sowie allerlei kleinerer linker und regionaler Parteien stimmten für das Gesetz. Nur die konservative Partido Popular (PP), eine rechte Regionalpartei aus Nordspanien, sowie die rechtsextreme VOX stimmten dagegen.

Die PP hatte nach einer ersten Abstimmung im Kongress vergangenen April ihre Mehrheit in der zweiten Kammer – dem Senat – genutzt, das Gesetz vollständig umzuschreiben. Statt dem Verbot franquistischer Vereinigungen sollten linke baskische Gruppierungen verboten werden, um der Opfer der Separatistenorganisation ETA zu gedenken, die 2011 alle Aktivitäten einstellte und sich 2018 auflöste. Mit der Abstimmung am Donnerstag wurde der ursprüngliche Text – der von den Sozialisten ausgearbeitet worden war – wieder gültig.

Während der Debatte warfen die Unterstützer des neuen Vereinsrechts der PP vor, „die Franco-Diktatur weiß waschen“ zu wollen, um sich so an die rechtsextreme, neofranquistische VOX –immerhin drittstärkste Kraft im Kongress – anzubiedern. VOX bezeichnete das neue Gesetz als „Zensur“, die die freie Meinungsäußerung einschränke.

Francesc Marc Álvaro Vidal, Sprecher der Katalanischen Republikanischen Linken (ERC) richtete sich an PP-Chef Alberto Núñez Feijóo: „Ihr rechtsextremes Bündnis nimmt ein böses Ende. Sie mussten sich entscheiden, Angela Merkel zu sein oder sich in den Abgrund zu stürzen, und sie haben sich für den Abgrund entschieden“, erklärte er mit Blick auf den Umgang Deutschlands mit seiner Vergangenheit, der in Spanien als vorbildlich gilt.

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