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Erhöhung der RundfunkbeiträgeNur Sachsen-Anhalt schert aus

Sollte der Landtag in Magdeburg den neuen Staatsvertrag blockieren, bleibt der Fernseher zwar nicht schwarz. Doch für die AfD wäre es ein Etappensieg.

Sitzung der CDU-Fraktion im Magedburger Landtag vor der Abstimmung Foto: dpa

Berlin taz | Wenn der Landtag von Sachsen-Anhalt der eigentlich schon beschlossenen Erhöhung des Rundfunkbeitrags nicht zustimmt, ist das Projekt fürs Erste vom Tisch. Das Gleiche gilt, wenn in Magdeburg auf Zeit gespielt wird oder das Ganze noch mal neu aufgerollt wird. Denn auch so wäre der Termin 1. Januar 2021 nicht mehr zu halten. Doch was passiert dann?

Keine Angst, bei ARD, ZDF und den Dritten geht nicht das Licht aus. Auch nicht beim Deutschlandfunk, denn auch der wird aus dem Beitrag finanziert. Zunächst bliebe einfach alles beim Alten. Also beim monatlichen Beitrag von 17,50 Euro. Viel zu wenig, sagen die Anstalten. Denn seit 2009 ist der Beitrag nicht mehr erhöht worden. Und die zunächst üppigen Mehreinnahmen sind aufgezehrt. Sie waren seit 2013 aufgelaufen, weil seit der Umstellung von der Rundfunkgebühr, bei der es aufs Gerät ankam, zum heutigen Beitrag jedeR zahlungspflichtig ist. Ohne diese Mehreinnahmen müsste der Beitrag schon heute viel höher liegen – bei weit über 19 Euro.

Bleibt nun der bei den Sendern längst eingepreiste Geldsegen aus, könnten die öffentlich-rechtlichen Anstalten vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Das hatten sie schon einmal getan, als 2004 die Minister­präsident*in­nen der Länder die eigentlich vorgesehene Erhöhung absenkten.

Denn die Höhe des Rundfunkbeitrags bestimmen weder die Politik noch die Sender, zuständig ist die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Sie prüft alle vier Jahre akribisch den von ARD, ZDF und Deutschlandfunk angemeldeten Bedarf. Sie rechnet mit spitzem Bleistift nach und gibt den Ländern dann eine Empfehlung, wie es mit dem Beitrag weitergehen soll. Das sichert die Staatsferne. Wenn die Politik nach Gutdünken den Geldhahn auf- oder zudrehen könnte, wäre die Unabhängigkeit des Rundfunks dahin. Die KEF ist dabei kein braver Pudel der Anstalten, sondern ein im positiven Sinne kleinkarierter Wachhund. Sie streicht so schon mal locker 40 Prozent der beantragten Kohle zusammen.

2004 klagten die Anstalten erfolgreich

Im Jahr 2004 hatten die Anstalten mit der Klage in Karlsruhe Erfolg. Zwar dauerte es mit dem Urteil bis 2007. Doch das Bundesverfassungsgericht legte fest, dass die Länder nicht aus medienpolitischen Gründen von einer KEF-Empfehlung abweichen dürfen, sondern nur, wenn durch „die Höhe der Gebühr“ beziehungsweise des Beitrags die Zahlungspflichtigen „unangemessen belastet werden“. Ob das hier und heute der Fall ist, darf bezweifelt werden.

Die Höhe des Beitrags bestimmen weder die Politik noch die Sender

Diesmal liegt der Fall auch aus einem anderen Grund anders: Es weichen nicht 16 Länder gemeinsam von einer KEF-Em­pfeh­lung ab. 15 Länder haben ihr vielmehr schon zugestimmt oder ihre Zustimmung signalisiert. Nur ein Landtag schert aus – so ein Fall wäre auch für Karlsruhe Neuland. Theoretisch könnten die übrigen 15 Länder einen neuen Staatsvertrag in Sachen Rundfunkbeitrag schließen – ohne Sachsen-Anhalt. Doch das ist wenig vorstellbar.

Die Sender müssen so oder so sparen. Einschnitte im Programm bedeuten ja auch per se nicht den Weltuntergang, wenn sie intelligent gemacht sind und nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Ob es aber klug ist, mitten im digitalen Umbau und einer durch populistisch-extremistische Umtriebe nervöser werdenden Medienrepublik den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu schwächen, steht auf einem anderen Blatt. Kleiner Vorschlag: Bis die Sache geklärt ist, senden ARD und ZDF für Sachsen-Anhalt einfach in schwarz-weiß.

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18 Kommentare

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  • 6G
    63817 (Profil gelöscht)

    "Kleiner Vorschlag: Bis die Sache geklärt ist, senden ARD und ZDF für Sachsen-Anhalt einfach in schwarz-weiß."

    Als gebürtiger Ossi kann ich Herrn Grimberg nur sagen: der Vorschlag wird seit Jahren bereits erfolgreich umgesetzt! Wohl auch deswegen erfreut sich der schwarz-weiß Funk in den "neuen Ländern" so großer Beliebtheit.

  • Warum geht der Beitrag denn nicht auf den Koalitionsvertrag ein? Ich habe mal reingeschaut und es gibt mehre Sätze zum Thema Rundfunk und Rundfunkstaatsvertrag. Neben allgemeinen Hinweisen auf notwendige Reformen findet sich eben auch dieser Satz [...] . Bei der Finanzierung



    des öffentlich-rechtlichen Rundfunks halten wir am Ziel der Beitragsstabilität fest [...]

    Wenn die kleineren Koalitionspartner nicht an diesem Satz scheitern wollen, hätten Sie in den letzten 3 Jahren ja durchaus mal Initiativen zur Reform des Rundfunks und des dazugehörigen Staatsvertrages machen können. Vorschläge an Anmerkungen kamen ja schon von den Vor-Kommentatoren.

    Ich nutze den ÖR in verschiedenen Facetten und im Rahmen der Diskussion um die Beitragserhöhung habe ich mal versucht herauszufinden, was die von mir genutzten Formate so kosten - man bekommt es nicht heraus! Allein der NDR macht ein paar Angaben zur Verteilung der Mittel. Bei allen anderen Sendeanstalten ist blumig von Verantwortung und Qualität die Rede. Weil der Rundfunkbeitrag eben keine Steuer ist, wäre hier einfach Transparenz erforderlich.

    Für alle, die meinen, dass 86 cent doch keinen Streit wert seien: Auch dafür hat der Koalitionsvertrag einen schönen Satz "Übermäßige Belastungen der gewerblichen Wirtschaft beim Rundfunkbeitrag, etwa bei der



    Mitarbeiterstaffel oder der Veranlagung von gewerblich genutzten Kraftfahrzeugen, wollen



    wir abmildern"

    Denn auch darum geht es.

    Nein, der ÖR und die KEF brauchen auch mal ein Signal. Dieses hätten SPD und Grüne aus Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren auf Basis des Koalitionsvertrages senden können. Das haben sie versäumt! Jetzt zu heulen macht sie leider nur unglaubwürdig.



    (und ich verabscheue die CDU Fraktion in Sachsen Anhalt, aber sie verwandeln schlicht nur eine Steilvorlage)

    • @xriss:

      "Bei der Finanzierung



      des öffentlich-rechtlichen Rundfunks halten wir am Ziel der Beitragsstabilität fest [...]"



      Bedeutet das nicht einen Inflationsausgleich? Das wären bei 1% Inflation pro Jahr bei 10 Jahren 19,33€ also mehr als das Doppelte der geplanten Erhöhung.

  • Offensichtlich hapert es gewaltig an echten Argumenten, sonst müsste nicht beständig der "Etappensieg für die AfD" herhalten.

    Ein Etappensieg für die AfD wäre es mindestens genauso, wenn die ÖR sich in Karlsruhe unübersehbar bestätigen lassen, dass die "Zustimmung" der Länder lediglich Folklore ist, ohne jede Wirkung und Notwendigkeit.

    In der Tat frage ich mich, was der der ganze Aufwand soll, wenn letztlich ÖR, KEF und Gerichte die Höhe der Gebühren festlegen und eine politische Mitbestimmung gewählter Parlamente überhaupt nicht mehr gegeben ist.

    Schlimm genug, dass die ÖR sich weigern über die Verwendung der Gelder volle Transparenz herzustellen (das abstossende Gewiesel um obszön hohe Intendanten-Gehälter und -Altersversorgung oder Sport-Rechte hat sich ja nach wie vor nicht gebessert).

    Weder die arrogante Reaktion der ARD-Granden auf die Kritik der CDU in Sachsen-Anhalt noch dem pflichtschuldig zahlenden Publikum mit dem Gang nach Karlsruhe den Finger zu zeigen sind geeignet, den Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen -- eher im Gegenteil.

    • @flip flop:

      Sie wollen also wirklich dem Staat ein Instrument in die Hand geben, den ÖR bei unliebsamer Berichterstattung auszuhungern? Die Politik soll absichtlich keinen Einfluss haben, um unabhängige Berichterstattung zu ermöglichen.

      • @Frank Ropen:

        Warum stimmen dann die Länderparlamente über die Erhöhung ab?

  • Radio, TV und noch mehr die Printmedien leiden unter der Konkurrenz digitaler Angebote. Der Staat sollte die Medien aber aus gerecht verteilten Steuermitteln und nicht per einheitlicher Haushaltszwangsabgabe fördern.

  • 0G
    06792 (Profil gelöscht)

    Die KEF als "Wachhund"? Ist das Wunschdenken?

    Gab es Mal einen KEF Vorschlag wirklich signifikant Mehrfachstrukturen aufzulösen oder die öffentlich rechtlichen ernsthaft auf das Internet Zeitalter umzubauen? Also sowas in der Größenordnung: Stellt doch bitte mal 50% der komischen regionalen Sender ein?

    • @06792 (Profil gelöscht):

      Der Versuch die ÖR auf das Internetzeitalter umzubauen wird und wurde regelmäßig von den privaten Medien torpediert.

      • @Frank Ropen:

        Die ÖR würden gegründet, um die Meinungsvielfalt im Äther sicherzustellen.

        Mit gutem Grunde gab und gibt es keine ör Zeitungen.

        Dass die Meinungspluralität im Internet ohne die ÖR in Gefahr wäre, glaubt niemand.



        Man mag die Internet-Auftritte der ÖR für sinnvoll halten, man mag die Vorwänden der ÖR, warum sie gebührenfinanziert im Internet unterwegs sein müssen Glauben schenken oder nicht, verfassungsrechtlich stehen sie auf schwankendem Grund,

        • 0G
          06792 (Profil gelöscht)
          @flip flop:

          Klar wurden die ÖR dafür gegründet.

          Aber benutzt denn noch jemand unter 50 lineares Fernsehen?

  • Meiner Meinung nach sollte der Beitrag eher gekürzt statt erhöht werden. Eine zweistellige Anzahl an Krimiserien, Umverteilung an Rundfunkbeiträgen an überbezahlte Fußballer mittels Erwerb von Sportrechten und unnötig viele Sendeanstalten (Saarländischer Rundfunk? Why?) bzw. Spartensender geht weit über die Grundversorgung hinaus.



    Auch das gebeutelte Betriebe wie Gastronomie etc. trotz Schließung weiter blechen müssen, ist ein Skandal:



    www.sachsen-fernse...bzufuehren-787646/

    Viele Menschen haben wegen Kurzarbeit/mieser Auftragslage teils massive Existenzsorgen, aber der ÖR hatte bisher 0 (in Worten: Null) Einbußen. Man hätte von ÖR-Seite ja durchaus Solidarität üben können und z.B. ein Quartal auf den Beitrag verzichten können. Aber auf diese Idee scheint dort keiner zu kommen. Im Gegenteil, man droht mit Klage, falls die Erhöhung nicht kommt. Ein mMn völlig überzogenes Anspruchsdenken.

    • @Phili:

      " Vertreter des Beitragsservice sehen keine Möglichkeit von Ausnahmen für geschlossene Betriebe, da man aus Gleichbehandlungsgründen gegenüber anderen Branchen die engen gesetzlichen Vorgaben nicht aufweichen dürfe."



      Wer macht nochmal diese gesetztlichen Vorgaben?

  • mein Vorschlag: ARD+ZDF zusammenfassen. Dafür könnte man vom Preis her 20 Stck ARTE bekommen

    • @Algernoon:

      Das macht die CDU nicht mit, die hat doch erst die Gründung des ZDF verlasst, weil sie die ARD als "Rotfunk" denunzierten.

  • 6G
    63817 (Profil gelöscht)

    Sollte das ganze nicht wenigstens als "Kommentar" gekennzeichnet werden? "In eigener Sache" wäre wohl auch keine Übertreibung, anesichts des Verfassers Steffen Grimberg: ehem. Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises (Filmstiftung NRW, WDR, ZDF usw...), 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, seit 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G.

    • @63817 (Profil gelöscht):

      Bis auf den letzten Absatz werden doch nur die Fakten dargestellt.

      • 6G
        63817 (Profil gelöscht)
        @Frank Ropen:

        "nur die Fakten"?

        Noch im Titel darf der Verweis auf die AfD nicht fehlen - was hat die damit zu tun?

        taz: "Wenn der Landtag von Sachsen-Anhalt der eigentlich schon beschlossenen Erhöhung des Rundfunkbeitrags nicht zustimmt"?

        Ich kenne "beschlossen" und "abgelehnt". "Eigentlich beschlossen" wäre dann sowas wie "ein bißchen schwanger"?

        taz "Denn seit 2009 ist der Beitrag nicht mehr erhöht worden." Zum 1.1.2013 wurden die Gebühren ganz massiv erhöht - in meinem Fall um 100%.

        taz: "Und die zunächst üppigen Mehreinnahmen sind aufgezehrt. Sie waren seit 2013 aufgelaufen" "Aufgelaufen" kann man das natürlich auch nennen. Das Haushaltsmodell sollte laut offizieller Propaganda "aufkommensneutral" sein. Statt das Geld an die Zwangszahler zurückzuzahlen wurde die Kohle dann gebunkert, um spätere Erhöhungen "auszugleichen".

        taz: "Die KEF ist dabei kein braver Pudel der Anstalten, sondern ein im positiven Sinne kleinkarierter Wachhund. Sie streicht so schon mal locker 40 Prozent der beantragten Kohle zusammen." Aha. Dann werden also eben 45% mehr Bedarf angemeldet, KEF streicht 40% weg...

        taz: "Das sichert die Staatsferne." Aber gewiss doch. Genau so wie die Besetzung der Rundfunkräte: Generell vorgesehen sind Rundfunkratsmitglieder der beiden großen Konfessionen, der jüdischen Kultusgemeinden, der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Parlaments- oder in jüngerer Zeit eher Parteienvertreter sowie Regierungsvertreter.