Streit um Rundfunk in Sachsen-Anhalt: Krise verschoben

In Sachsen-Anhalt verhindern SPD, Grüne und CDU in einem zähen Ringen das Ende der Koalition. Doch das ist vorerst nur eine Woche aufgeschoben.

Auf einem Laptop-Bildschirm: Ein Mann im Anzug sitzt an einem Tisch

Er will den Rundfunkvertrag nachverhandeln – wie das gelingen soll, sagt Reiner Haseloff aber nicht Foto: imago

Berlin taz | Die Kenia-Koalition in Magdeburg hat zwei Tage Dauerkrise hinter sich. Am Dienstag gab es gleich zwei Koalitionsausschüsse an einem Tag, Einigungen, die keine zwei Stunden hielten, nächtliche Verhandlungsrunden und entnervte Abgeordnete. Der grüne Parlamentarier Olaf Meister twitterte am Dienstagabend um halb elf: „Kaffee ist alle, Knabberzeug auch. Der Saal ist ungeheizt.“

Am Mittwochmorgen haben sich CDU, SPD und Grüne dann doch noch geeinigt. Allerdings nicht in der Sache: Da liegen zwischen der CDU, die rigoros Nein zu dem Rundfunkstaatsvertrag und der Erhöhung der Gebühren um 86 Cent sagt, und SPD und Grünen, die Ja sagen, nach wie vor Welten. Die ­Kenia-Koalition hat sich in dem Sitzungsmarathon nur darauf verständigt, sich selbst noch eine Woche Zeit zu geben. Am nächsten Mittwoch, dem 9. Dezember, müssen sich CDU, SPD und Grüne im Medienausschuss einigen – oder eben nicht.

Das ist ein kleiner Erfolg für SPD und Grüne. Denn die CDU-Fraktion hatte am Dienstagnachmittag noch darauf beharrt, das Nein zum Staatsvertrag schon jetzt am Mittwoch zu fixieren. Katja Pähle, SPD Fraktionschefin, sagt: „Das macht es möglich, weiter miteinander zu reden“

Ministerpräsident Reiner Haseloff will auf jeden Fall das Worst-case-Szenario vermeiden: ein gemeinsames Nein von CDU und AfD im Landtag Mitte Dezember. Deshalb hatte er den Vorschlag gemacht, den Staatsvertrag einfach nicht abzustimmen und wegen der Coronapandemie neu zu verhandeln.

„Keinen Plan“ für eine Lösung

Wie Haseloff die anderen Bundesländer dazu bewegen will, kurzfristig in neue Verhandlungen einzusteigen, ist unklar. Denn dort geht der Wille, den Staatsvertrag aufzuschnüren, gegen null. Die 15 anderen Bundesländer haben den Staatsvertrag bereits durchgewunken – wenn Sachsen-Anhalt einfach nicht abstimmt, ist der Vertrag hinfällig und tritt am 1. 1. 2021 nicht in Kraft. Dann werden die Rundfunkanstalten wahrscheinlich vor Gericht gehen.

In Magdeburg liegen nun für die nächsten Tage die gleichen drei Vorschläge auf dem Tisch. Die SPD will das Ja zu dem Vertrag mit einem Entschließungsantrag verbinden, der die Kritik der Union an den Rundfunkanstalten – zu teuer – aufnimmt. Doch das hat die Unionsfraktion bereits abgelehnt. Die Grünen schlugen den Kompromiss vor, den Staatsvertrag zu unterzeichnen, aber die Erhöhung um 86 Cent erst im Juli wirksam werden zu lassen und bis dahin neu zu verhandeln. Ob das juristisch möglich wäre, bezweifelt die SPD. Die CDU-Fraktion will den Staatsvertrag nicht abstimmen und damit faktisch beerdigen.

Volkes Wille ist das dabei eher nicht. Laut einer vom MDR beauftragten dimap-Umfrage sind 54 Prozent in Sachsen-Anhalt für die Erhöhung der Rundfunkgebühren und nur 44 dagegen. Auch bei CDU-Anhängern ist das Meinungsbild klar: 58 Prozent sind dafür, 40 dagegen. Nur bei den AfD-Anhängern ist die überwältigende Mehrheit gegen die Erhöhung der Rundfunkgebühren.

Es gebe bislang „keinen Plan“, wie man zu einer Einigung kommen kann, sagt SPD-Fraktionschefin Pähle zur taz. Und versichert: „Wir wollen die Eskalation nicht auf die Spitze treiben und weiterhin alle ­Möglichkeiten für eine Einigung ausloten. Wenn es zu schnellen Neuwahlen käme, wäre das für alle Beteiligten ein hohes Risiko.“ Die Parteien hätten nun Zeit, alle Vorschläge zu prüfen. Doch wie ein für alle gesichtswahrender Ausweg aussehen könnte, weiß derzeit niemand.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.