Entlastungen für Bürger: Lindner bremst
Die Ampel-Koalition verspricht aufgrund der steigenden Preise Entlastung für Bürger. Aber was ist überhaupt konkret geplant?
Angesichts der rasant steigenden Lebenshaltungskosten wächst der Druck auf die Ampelkoalition. „Wir steuern auf eine soziale Katastrophe zu und alles, was der Ampel dazu einfällt, ist die Schuldenbremse“, kritisiert Jan Korte, der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion. Schon vor Wochen habe er die Regierung aufgefordert, „ein drittes, effektives Entlastungspaket gegen Armut einzubringen, mit dem unter anderem alle Sozialleistungen sofort und langfristig spürbar erhöht werden“, sagte Korte der taz. Doch geschehen sei leider nichts. Dabei müsse ein solches Paket noch vor dem Herbst in Kraft treten, forderte er.
Doch das ist nicht in Sicht. Am Montag bekräftigte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) seine Pläne für eine Rückkehr zur Schuldenbremse im kommenden Jahr. „In Zeiten der Inflation darf der Staat mit seiner Feuerkraft die Inflation nicht noch weiter antreiben“, sagte Lindner bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Finanzminister Bruno Le Maire in Berlin. „Deshalb müssen wir zu soliden Finanzen zurückkehren.“ In Deutschland heiße das, „die Schuldenbremse des Grundgesetzes im nächsten Jahr wieder einzuhalten“. Vereinbar damit sei allerdings, 2023 „einen höheren Grundfreibetrag und einen fairen Tarif der Lohn- und Einkommensteuer“ einzuführen. Das dürfte jedoch kaum reichen.
Bisher hat die Ampelkoalition zwei Entlastungspakete mit einem Gesamtvolumen von etwa 30 Milliarden Euro vorgelegt. Das erste, Mitte Februar vereinbarte Paket enthielt unter anderem die Abschaffung der EEG-Umlage auf den Strompreis zum 1. Juni, die Erhöhung des Arbeitnehmer:innen-Pauschbetrags von 1.000 auf 1.200 Euro, die Erhöhung des Grundfreibetrags von 9.984 auf 10.347 Euro sowie eine gestiegene Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer, zeitlich befristet bis 2026 erhöht sich die Pauschale von 35 auf 38 Cent. Diese steuerlichen Maßnahmen werden sich aber erst mit der Steuererklärung im kommenden Jahr bemerkbar machen.
Anders verhält es sich mit dem Sofortzuschlag für Kinder in Höhe von 20 Euro pro Monat bis zur Einführung der Kindergrundsicherung oder auch dem Heizkostenzuschuss für Wohngeldbezieher:innen, Studierende, Schüler:innen und Auszubildende. Auch die schon im Koalitionsvertrag vereinbarte Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zählt die Ampel kurioserweise als Bestandteil ihres Entlastungspakets I auf.
Schroffe Absage
Im zweiten Entlastungspaket, das im Mai den Bundestag und den Bundesrat passierte, befindet sich die einmalige Energiepreispauschale für Erwerbstätige, Selbstständige und Gewerbetreibende in Höhe von 300 Euro brutto. Die Auszahlung der Pauschale erfolgt im September über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers. Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuervorauszahlung. Mit im Paket ist auch ein einmaliger Kinderbonus von 100 Euro sowie eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro für Empfänger von Sozialleistungen. Darüber hinaus erhalten alle Bezieher:innen von Arbeitslosengeld eine Einmalzahlung von 100 Euro.
Für die größten Diskussionen sorgten und sorgen zwei zeitlich befristete Maßnahmen: Das ist zum einen der von der FDP durchgesetzte „Tankrabatt“, also die Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe auf das europäische Mindestmaß. Die Steuerentlastung für Benzin beträgt damit 30 Cent je Liter, für Diesel 14 Cent je Liter. Zum anderen ist da das von den Grünen in das Paket bugsierte 9-Euro-Ticket für die Busse und Bahnen des Nah- und Regionalverkehrs. Beides startete Anfang Juni und soll Ende August wieder beendet werden. Sowohl Kanzler Scholz als auch Finanzminister Lindner erteilten in den vergangenen Tagen Forderungen nach einer Verlängerung insbesondere des beliebten 9-Euro-Tickets eine schroffe Absage.
Wie Lindner hat auch Scholz tunlichst Aussagen über ein mögliches drittes Entlastungspaket noch in diesem Jahr vermieden. Nur eine „große Wohngeldreform“ soll es im kommenden Jahr geben. Wohngeld erhalten Haushalte, die oberhalb von Grundsicherung und Sozialhilfe liegen, aber dennoch ihre Unterkunftskosten nicht voll bezahlen können. Im Jahr 2020 waren das knapp 620.000 Haushalte. Nun soll der Kreis der Berechtigten ausgeweitet werden, sagte Scholz am vergangenen Freitag. Außerdem solle eine Heizkostenpauschale dauerhaft im Wohngeld enthalten sein. „Ganz besonders“ sollten davon Rentnerinnen und Rentner profitieren.
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