Enteignungs-Volksbegehren in Berlin: Weg zur nächste Stufe ist frei
Der Senat nimmt Stellung zum Ziel der Initiative. Nun kann das Parlament noch nein sagen – und dann werden wieder Unterschriften gesammelt.
Das ist notwendig, bevor sich als nächstes das Abgeordnetenhaus damit beschäftigt. Dem Landesparlament werde die Stellungnahme nun zugeleitet, sagte Pop. Erst am Donnerstag hatte die Senatsverwaltung für Inneres nach monatelanger Prüfung die rechtliche Zulässigkeit des Volksbegehrens festgestellt.
Die Initiative setzt sich dafür ein, Immobilienunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen zu „vergesellschaften“. Oppositionsparteien und Immobilienwirtschaft lehnen das ab, auch die SPD hatte sich dagegen ausgesprochen.
„Mit dem heutigen Senatsbeschluss ist nun der Weg frei, für eine Debatte im Parlament und in der Stadtgesellschaft zur Frage einer geplanten Vergesellschaftung und deren Folgen“, teilte Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) am Dienstag dazu mit.
Nicht weit aus dem Fenster gelehnt
Inhaltlich hat sich der Senat mit seinen Äußerungen nicht weit aus dem Fenster gelehnt. Einerseits betont er, das grundsätzliche Ziel der Initiatoren, den gemeinwirtschaftlichen Anteil am Wohnraumangebot zu erhöhen, zu unterstützen – etwa durch Ankäufe und Neubau.
Andererseits weist er darauf hin, dass zur Umsetzung der von der Initiative geforderten Maßnahmen nach derzeitigem Stand mehr als 226.000 Wohnungen aus Privateigentum in öffentliches Eigentum zu überführen wären. Das sei ein Ziel, das sich nur durch ein politisch und juristisch umstrittenes Vergesellschaftungsgesetz erreichen lasse.
Die Initiative reagierte erfreut – und führte den Schritt des Senats nach vorn auch auf ihre Klage zurück: „Und plötzlich geht's ganz schnell: Mit der heutigen Abstimmung im Senat ist der Weg für unser Volksbegehren frei. So ein Eilantrag wirkt wahre Wunder“, schrieb sie auf Twitter.
Auch die Linke lobte den Fortschritt. „Mit seiner heutigen Stellungnahme zum Volksbegehren ‚Deutsche Wohnen und Co. enteignen‘ ist endlich eine viel zu lange andauernde Hängepartie beendet und die Chance gewahrt, dass ein Volksentscheid im nächsten Jahr zusammen mit den Wahlen zum Bundestag und dem Berliner Abgeordnetenhaus stattfinden kann“, erklärte Carsten Schatz, einer der beiden Vorsitzenden der Linksfraktion.
Die Immobilienbranche reagierte mit den alten Phrasen auf den Schritt des Senats. „Nach wie vor gilt: Enteignung schafft nicht eine einzige zusätzliche Wohnung und kostet mit 28 Milliarden Euro Geld, das Berlin an anderer Stelle dringend braucht“, sagte Maren Kern, die Vorständin des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU).
Scharfe Kritik kam vom Unternehmensverband Berlin Brandenburg. „Der Senat hätte sich heute klar und deutlich vom Volksbegehren distanzieren müssen. Diese Gelegenheit hat er leichtfertig verstreichen lassen“, ließ Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer mitteilen.
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