Energiesparen wegen Ukrainekrieg: Hässliche Heizdecken für Frieden
Weil EU-Länder täglich 660 Millionen Euro nach Moskau überweisen, solle man für den Frieden frieren, heißt es. Hier ein paar Tipps zum Warmhalten.
O ft werde ich gefragt: Was kann man gegen diese ungerechte Welt tun? Ich bin froh, endlich einen konkreten Vorschlag machen zu dürfen: Heizung herunterdrehen.
Rund die Hälfte des gelieferten Erdgases in Deutschland stammt aus Russland. Aus EU-Ländern werden somit 660 Millionen Euro nach Moskau überwiesen: pro Tag. Hierzulande verbrauchen die Industrie für ihre Produktion und Privathaushalte fürs Heizen das meiste Gas.
Welche energiepolitischen Maßnahmen entwickelt werden müssen, um die Abhängigkeit von russischen Importen zu überwinden, liegt in der Verantwortung von Politik und Wirtschaft: Looking at you greedy, Bundesverband der Deutschen Industrie & friends. Jede Person mit festem Wohnsitz kann kurzfristig dafür sorgen, dass den russischen Angreifern das Geld ausgeht. Soldaten ohne Sold kämpfen nicht gerne.
Die Heizung um einen Grad nach unten regeln bringt bis zu 7,5 Prozent Ersparnis. Da freuen sich nicht nur die deutsche Knausrigkeit und Wirtschaftsminister Robert Habeck, der neulich in einem Interview nahezu weinerlich beschrieben hat, in welcher Zwickmühle seine Regierung stecke: Jeder Euro, der nicht in die Kriegskassen (Plural: Russland führt mehrere Kriege gleichzeitig) von Wladimir Putin fließt, ist ein Euro für den Frieden – egal, was der lupenreine Sozialdemokrat Gerhard Schröder dazu meint.
Kiloschwere Ungetüme
Irgendwo habe ich aufgeschnappt, man solle jetzt für den Frieden frieren. Doch Heizung herunterdrehen ist nicht mit frieren gleichzusetzen. Hier ein paar Möglichkeiten, sich muckelig durch den restlichen Winter zu bringen: kuscheln, warme Gedanken, Tee, Körnerkissen! Wer hätte gedacht, dass das gute Körnerkissen in einer politischen Kolumne mal so prominent vorkommen wird. Es sind außergewöhnliche Zeiten. Funfact: Die ideale Temperatur zum Einschlafen liegt zwischen 16 und 19 Grad.
Falls Ihnen das zu kalt ist: Die ultimative Lösung ist eine hässliche Decke, die es in jedem migrantischen Haushalt gibt. Egal ob arabisch, türkisch, kurdisch oder slawisch. Darauf sind oft Tiger abgebildet oder Rosen oder ein ganzer Dschungel. Irgendwo liegen in unseren Haushalten immer zwei bis sechs solcher kiloschweren Ungetüme herum, mit denen man sich weniger zudecken als von der kalten Außenwelt hermetisch abschotten kann.
Wenn Sie in der Nähe einer Großstadt leben, gibt es bestimmt ein Viertel, wo die sogenannte Parallelgesellschaft heimisch geworden ist. Fahren Sie dort – wenn es geht, mit öffentlichen Verkehrsmitteln – zu Mehmets Hauswaren-Laden. Zwischen verchromten Teekannen und kitschigen Koran-Deko-Versen werden Sie die Decken finden. Putin hasst diesen Trick.
Die meisten dieser Decken sind aus Polyesterfasern gewebt. Das sind Kunststoffe aus Erdölderivaten. Die Lösung ist also nicht ganz so perfekt, wie ich es ausgemalt habe. Aber man muss in diesen Tagen kompromissbereit sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn