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EnergiepolitikSonnenpower statt Militärmacht

Kommentar von Franz Alt

Die Sonne liefert uns so viel Energie, dass wir eigentlich kein Öl und Gas aus Russland bräuchten. Damit fiele ein wichtiger Grund für Kriege weg.

Allein die Sonne schickt uns 15.000-mal mehr Energie, als die Menschheit zurzeit verbraucht Foto: Wothe/imageBROKER/imago

D ie russischen Ölimporte können schon bis zum Sommer halbiert werden, so Klimaminister Robert Habeck, und „beim Gas können wir bis Mitte 2024 weitgehend unabhängig werden“. Viel Bewegung also in der deutschen Energiepolitik. Trotzdem bleiben Abhängigkeiten. Mal von den USA, mal von arabischen Potentaten, mal von chinesischen Solaranlagen.

Der große Solarpionier Hermann Scheer prognostizierte schon vor über 30 Jahren: Deutschland, Europa und die Welt können bis spätestens 2035 zu 100 Prozent erneuerbar sein. Allein die Sonne schickt uns 15.000-mal mehr Energie, als die Menschheit zurzeit verbraucht. Hinzu kommen Windenergie, Wasserkraft, Bioenergie, Geothermie und Meeres- oder Strömungsenergie der Ozeane. Also die gesamte Symphonie der Erneuerbaren.

Um rasch von Putins fossiler Energie unabhängig werden zu können, sollten wir uns an US-Präsident Roosevelt erinnern, der im Kriegsjahr 1942 ein Tempolimit und weniger Fleisch zu essen verlangte, um Hitler zu besiegen und um in Freiheit leben zu können. Energie sparen und Energievernunft für die Freiheit hieß das Motto vor 80 Jahren in den USA.

„Warum zum Henker“ aber wagt die heutige deutsche Bundesregierung „nicht mal ein Tempolimit?“ fragt die Fridays-for-Future-Frontfrau Luisa Neubauer zu Recht und fordert den kompletten Boykott der russischen Energieträger. Dass dies rasch möglich ist, beweisen hierzulande Regionen wie der Hunsrück oder Ostfriesland, die schon dreimal mehr Ökostrom produzieren, als sie selbst verbrauchen, oder auch die Stadtwerke München, die bereits zu 95 Prozent auf Ökostrom umgestiegen sind.

Sinn und Zweck von Politik ist Frieden und Freiheit, lehrte Hannah Ahrendt. Diese Ziele sind aber nur durch den raschen Umstieg auf erneuerbare Energien zu haben. In den Jahren der Industrialisierung gab es immer Kriege um fossile Rohstoffe. Die Alternative heißt Frieden durch die Sonne. Um die Sonne kann kein Potentat je einen Krieg führen. Erneuerbare Energien sind die Voraussetzung für eine friedliche Welt.

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16 Kommentare

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  • In der Tat. Warum zum Henker?

    Tempolimit *JETZT*.

    • @tomás zerolo:

      Steuer auf Flugbenzin. * JETZT *

      • @Günter Witte:

        Ja, Schluß mit der steuerlichen Begünstigung von Flugbenzin. Schlimmer als die FDP-Gutscheine für zu hohe Spritpreise.

  • Statt herum zu lamentieren was heute schon geht oder nicht, kann ich nur sagen: Auf geht's!

  • Wir haben genug Sonne, aber nicht genügend Handwerker, um die ganzen Solarmodule auf Dächer zu schrauben, und auch zu wenige dazu willige Hausbesitzer.

    Eine schnelle Energiewende erfordert daher Solar-Freiflächenanlagen in der Nähe von vorhandenen, leistungsstarken Netzanbindungspunken (Umspannwerken), nicht in Schutzgebieten, also auf Ackerflächen. Zum Ausgleich kann auf einer gleich großen Fläche die Produktion von Energiepflanzen eingestellt werden, das bringt sowieso nicht so viel Energieertrag.

    Ein Bekenntnis zu Freiflächenanlagen fehlt aber weithin, und auch Herr Alt läßt sich in diesem Artikel nicht dazu herab.

    • @meerwind7:

      Bei Solarnutzung geht es nicht nur um Stromerzeugung, zumal die direkte Substitution von z.B. Gas oder Öl mit Solarthermie wesentlich wirtschaftlicher ist, aber im Moment nicht so hipp.



      Gleichwohl sollte zusätzlich zur Solarthermie jedes Dach mit PV-Modulen bestückt werden. Freiflächen machen nur Sinn, wenn diese tatsächliche Brachflächen, oder eine parallele Nutzung unter den Modulen möglich ist, z.B Obstanbau. Wesentlich sinnvoller wäre die Nutzung von Schallschutzwänden entlang der Autobahnen, oder Zugstrecken, an Gebäudefassaden, Elektrofahrzeugen, Seilbahnkabinen, auf Garagendächern, ÖPNV-Wartehäuschen, Gartenhäusern, Sportplatznebengebäuden, auf Werbeflächen, Brückengeländern, Absperrungen, Glasfassaden (Hochhäusern), Flugzeuggaragen, Super- und Baumärkten, an und auf Parkgaragen, Bahnhöfen und jeglicher Blechfassade.



      Alle die heute noch Stahlfassaden bauen haben den Mehrwert einer PV-Fassade noch nicht verstanden, denn welcher Stahl zahlt die schon monatlich für das herumhängen Geld?

  • "Dass dies rasch möglich ist, beweisen hierzulande Regionen wie der Hunsrück oder Ostfriesland, die schon dreimal mehr Ökostrom produzieren, als sie selbst verbrauchen, oder auch die Stadtwerke München, die bereits zu 95 Prozent auf Ökostrom umgestiegen sind."



    ... auf dem Papier. Mangels Speichertechnik (eine großserienreife Lösung ist momentan nicht absehbar) kommt der Strom immer noch aus Kohle- und Atomkraftwerken, wenn weder Wind weht noch Sonne scheint.

    • @Luftfahrer:

      Die Formulierung für Hunsrück und Ostfriesland (dreimal mehr) stimmt, weil eine Aussage zum Zeitpunkt der Erzeugung gemacht wird.

      Die der Stadtwerke München (zu 95% umgestiegen) ist irreführend, weil das eine tatsächliche Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien zum Zeitpunkt des Verbrauchs - bis auf 5% - suggeriert.

  • Liest sich ja alles sehr putzig, aber

    "Um die Sonne kann kein Potentat je einen Krieg führen. "

    wird schnell hinfällig, wenn man realisiert, dass Sonne zwar überall vorhanden ist, man aber seltene Erden braucht, um Solarzellen zu bauen. Und die sind nur in wenigen Regionen auf dieser Welt vorhanden.

    • @John Farson:

      Ach ja welches Element der seltenen Erden benötigt man denn um eine Solarzellen zu bauen?

      • @Gunnar Roth:

        unter anderem Indium, Gallium, Tellur und Selen. Alles davon wird gegenwärtig in geringeren Mengen abgebaut als Nachfrage besteht.

    • @John Farson:

      Die Solaranlage braucht keinen Nachschub mehr an seltenen Erden, wenn sie erst mal installiert ist; eine installierte Gasheizung alleine nutzt gar nichts.

      • @meerwind7:

        Eine Solaranlage braucht aber seltene Erden, um überhaupt erst gebaut zu werden. Was meinen Sie, wie unerschwinglich teuer Solarzellen plötzlich wären, müsste auf jedem Dach in Deutschland eine Solaranlage installiert werden.

  • Ist ja irgendwie richtig. Aber. ZB Hunsrück und Ostfriesland, nichts gegen die Gegenden, sind für so manche Berliner a) unbekannt und b) dienen nicht wirklich als deren Traumregion.

    "Um die Sonne kann kein Potentat je einen Krieg führen." Aktuelle Potentaten führen wohl nur sehr bedingt einen Krieg um die Energiereserven. Und Kriege mit anderer Zielsetzung werden durch die Sonne nicht aufgehalten.

    • @fly:

      Kriege mit anderen Zielsetzungen können aber z.B. durch energieunabhängige Staaten leichter verhindert oder diesen entgegengewirkt werden, da diese dann nicht wie Deutschland um ihre Wirtschaftskraft fürchten müssen und auch keine Kriegsgelder in Form von Energiegeld zahlen müssen. Energieüberkapazitäten (z.B. Strom) zudem noch einfacher für bedrohte Staaten zur Unterstützung geliefert werden können. Auch Atomkraftwerke im Sinne von potentiellen stationären Atombomben können dann kein Angriffsziel mehr sein. Die Stromversorgung wäre dann dezentral und eine Störung als Kriegsstrategie würde dann nicht mehr taugen.



      Regenerative Energieversorgen bedeutet eben nicht nur günstigere Energiekosten, sondern auch Unabhängigkeit von Machtstrukturen. Das ist ein wesentlicher Grund warum in diesem Bereich seit Jahrzehnten nichts vorwärts geht.