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Energiepauschale für Stu­den­t:in­nenEinmalzahlung oft nicht beantragt

Über 870.000 Studierende stellten bislang keinen Antrag auf die Energiepauschale von 200 Euro. Die Bundesregierung verteidigt das Programm.

Sind sie zu sehr mit Lernen beschäftigt, um die Energiepauschale zu beantragen? Foto: picture alliance/dpa

Berlin taz | Erst langes Warten, dann technische Probleme – und jetzt fehlen auch noch viele. Über 870.000 Studierende und Fach­schü­le­r:in­nen haben noch keinen Antrag auf die Energiepauschale gestellt. Doch die Bundesregierung sieht dies nicht als Anlass, dem genauer nachzugehen. Das berichtet der Spiegel, dem eine Antwort auf eine Kleine Anfrage der Union an das Bildungsministerium vorliegt.

Seit März können Studierende und Fach­schü­le­r:in­nen einmalig 200 Euro beantragen, sie sollen damit aufgrund gestiegener Energiepreise entlastet werden. Mehr als 3,5 Millionen Menschen haben ein Recht darauf, bis Ende September kann der entsprechende Antrag gestellt werden.

Unklar ist, warum so viele noch keinen Antrag stellten. Die bildungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Nicole Gohlke, vermutet, dass es an der Art der Beantragung liegt: Diese hätte „kaum komplizierter gestaltet werden können“. Selbst wer sich das Geld bereits hat auszahlen lassen, bekam Gohlkes Meinung nach zu wenig. „Die Einmalzahlung war völlig unzureichend, die zusätzlichen Kosten der Energiekrise und Inflation aufzufangen.“ Die Bundesregierung müsse deutlich mehr für die Studierenden machen.

Im Bildungsministerium sieht man das anders. Eine Sprecherin zeigt die Zahlen auf: bisher rund 2,68 Millionen Anträge, davon knapp 590.000 in den ersten beiden Tagen. Daraus schließt sie, dass „die Beantragung unkompliziert möglich war“. Eine Untersuchung, ob mehr berechtigte Studierende oder Fach­schü­le­r:in­nen die Zahlung beantragt haben, existiert laut Ministerium nicht.

Forderung nach verlängerter Antragsfrist

Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks, mahnt, die Hilfe im Kontext aller Maßnahmen zu sehen: „Die Bundesregierung hatte bei ihren Hilfsprogrammen durchaus die ­Studierenden im Blick.“ Er nannte zusätzlich die zwei Heizkostenzuschüsse für Bafög-­Geförderte, die 300-Euro-Energiepauschale für Minijobber:innen, das 9-Euro-Ticket, die Ab­senkung der EEG-Umlage sowie den Gas- und Strompreis­deckel. Doch bemängelt Anbuhl den fehlenden Inflationsausgleich. Allein von Januar bis März 2022 seien die Nahrungsmittelpreise um 22 Prozent gestiegen, ohne dass es Hilfen gegeben hätte.

Bald ein Jahr ist es her, dass die Idee einer Einmalzahlung öffentlich verkündet wurde, im Dezember 2022 wurde sie gesetzlich festgehalten. „Den Begriff ‚Winter‘ reizte die Bundesregierung etwas arg aus“, so Anbuhl. Als es am 15. März endlich so weit war, ächzten die Server in den ersten Tagen aufgrund der hohen Nachfrage, in sozia­len Netzwerken machte sich Häme breit.

Damit möglichst alle Berechtigten das Angebot nutzen, fordert die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Gohlke, eine Verlängerung der Antragsfrist. Auch für Anbuhl ist eine Antragstellung über den September hinaus „dringend notwendig“, verbunden mit einer transparenten Informationskampagne. Die Studierendenwerke würden dafür auch Werbung betreiben.

Das Bildungsministerium ­äußert sich zurückhaltender. Die Frist sei im Gesetz festgelegt, die letzte Aktivierungskampagne lief von Ende Juni bis Ende Juli. Die zuständigen Stellen würden lediglich „auch weiterhin auf die Möglichkeiten zur Antragstellung hinweisen“.

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6 Kommentare

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  • In meinem privaten Umfeld ist ein Fachschüler, er hat keine Schüler-ID von der Berufsschule erhalten, ohne diese kann er auf der Plattform gar keinen Antrag stellen.



    Die Berufsschule konnte keine Auskunft geben warum nich, auch war sie sehr unmotiviert, dies zu klären.



    Nach langen Mails und langem Hin- und Herschieben von Zuständigkeiten, hat er dann von der Bezirksregierung die Mitteilung bekommen, dass angeblich seinem Bildungsgang (FOS) dieses Energiegeld nicht zustehen würde, warum wurde nicht mitgeteilt. Er ist ein Fachschüler, es wird öffentlich immer behauptet, dass diese Empfangsberechtigte sien!

    So läuft das hierzulande, es wird behauptet, es gäbe Hilfen, Zuschüsse oder Fördergelder, diese werden in der Umsetzung dann so geregelt, bzw. konterkariert, dass diese einem Großteil der ursprünglich angedachten Zielgruppen dann doch verweigert werden. Dies offensichtlich, um behaupten zu können, man habe Gelder zur Verfügung gestellt, in welchem Umfang diese zur Ausschüttung kamen, wird dann unterschlagen, und dass v.a. bessergestellte profitieren (ggf. gibt es auch bei Studenten welche, die reich sind, auf Grund von Erbschaften, Eltern, oder Eigentum???)



    Das ist doch das Prinzip mit dem Hund dem die Wurst vor Augen gehalten wird, um ihm ein Leckerchen zu suggerieren, das er dann doch nicht bekommt.

    Kein Wunder, dass viele keine Lust mehr haben derart viel Aufwand für nichts einzusetzen.



    Seltsam ist nur, dass die Gelder an Wohlhabende dann doch ausgeschüttet werden!



    Da muss man sich doch nicht wundern, dass gerade die Bedürftigen, für die die Gelder existenziell sind, sich dies zunehmend mit Verschwörungstheorien erklären.

  • Wenn die Linken eine Kampagne starten ist Vorsicht geboten. Sie selbst, genauer Herr Pauli, haben auf diesen Seiten mehrfach geschrieben, wie es richtig hätte gemacht werden können. Das Sommersemester begann im April, die Zahlungsfristen lagen im Februar. Es wäre ganz einfach gewesen, die Semestergebühr für alle um eben diese 200 Euro zu senken. Das Geld hätte in jeweils einer Summe an die Studentenwerke aller Hochschulen überwiesen werden können ohne beim Bund einen neuen riesigen Apparat mit Unmengen neuer Stellen aufzubauen.



    Die wenigen anspruchsberechtigten Ausnahmen, die sich zum Sommersemester exmatrikulierten, hätten genau wie beim selben Verfahren zum 9-Euro-Ticket mühelos manuell bearbeitet werden können.



    Aber das wäre zu einfach. Die popeligen 200 Euro sind nichts als der Köder, damit 3,5 weitere Millionen sich das Zeichen des Tiers tätowieren lassen und die nicht ohne Grund weitgehend abgelehnte "Bund-ID" beantragen. Mich erfüllt es mit Zuversicht, wenn immerhin ein Viertel der Studenten diesen Übergriff erkennen und verweigern.

    • @Axel Berger:

      Sie vergessen die Fachschüler bei Ihrem Regelungsvorschlag.



      Allerdings sind viele der Fachschüler (FOS) entgegen der Veröffentlichungen, dann doch leer, d.h. ohne Schüler ID (und somit ohne Energiegeld) ausgegangen.



      Es betrifft also auch die Fachschüler!

  • Zu kompliziert? Wer als Student nicht dazu in der Lage ist, diesen einfachen Antrag zu stellen, sollte sich mal ernsthaft Gedanken machen. Man bekam von der Uni die erforderlichen Daten bereitgestellt und musste sich dann nur auf der Internetseite registieren und diese Daten eingeben, drei Tage später war das Geld auf dem Konto

    • @Christian29:

      Ihr Post ist despektierlich, nur weil Sie die Schüler-, oder Studenten-ID in Ihrem Fall tatsächlich erhalten haben.



      Wenn man diese -entgegen der Veröffentlichungen- einfach nicht bekommen hat, dann konnte man auch den Antrag nicht stellen, soviel "Gedanken" sollten Sie sich mal über den Gesamtsachverhalt machen können.



      Einem Studenten sollte man soviel Intellekt zutrauen, die Gesamtsituation erfassen zu können und nicht nur die egozentrisch anekdotische.



      Und von der zusammenbrechenden Internetseite des Amtes spreche ich hier erst gar nicht.

    • @Christian29:

      "Nur" auf einer Internetseite registrieren, die grade am Anfang hinten und vorne nicht funktioniert hat, dann noch "ein paar Daten" eingeben, sprich die Datenschutzkatastrophe Bund-ID beantragen.... nein danke, da nutze ich mein Privileg auf die 200€ nicht angewiesen zu sein