Elektromobilität in Deutschland: Die Angst vor der leeren Batterie

Noch fehlen vielerorts Ladestationen für E-Autos. Der Bund will nachhelfen – und erntet für geplante Preisobergrenzen Kritik aus der Industrie​.

Oranges Elektrokabel in einem weißen Auto, das parkt

Immer und überall Saft? Das könnte noch eine Weile dauern Foto: Carsten Koall/dpa

Fast legendär waren die ersten Versuche, mit einem Elektroauto quer durch Deutschland zu fahren. Die Fahrer wussten von vielen Schwierigkeiten bei der Suche nach dem „ Treibstoff“ Strom zu berichten. Denn Ladesäulen gab es anfangs nur in spärlicher Anzahl. So ging manchem Pionier der E-Mobilität unterwegs buchstäblich der Saft aus.

Auch wenn sich die Ladeinfrastruktur verbessert hat, ist die Angst vor der leeren Batterie noch immer eines der größten Hemmnisse für das Wachstum des Marktes für E-Autos. „Laden, immer und überall“, sagt der noch amtierende Verkehrsminister Andreas Scheuer, „das ist unser Ziel.“

Doch ganz so einfach ist die Vorgabe nicht zu erfüllen. Laut der Bundesnetzagentur waren im September 40.257 normale Ladepunkte sowie 6.840 Schnellladesäulen angemeldet. Das klingt vielleicht nach einem ordentlichen Netz. Doch gemessen am künftigen Bedarf ist die Zahl ein Klacks.

37 Prozent mehr Elektro-Neuzulassungen

So stiegen die Elektro-Neuzulassungen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) im September etwa um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Einer Studie der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur zufolge werden Ende des Jahrzehnts je nach Zahl der zugelassenen Elektroautos zwischen 440.000 und 843.000 Ladepunkte benötigt. Das bestehende Netz ist also viel zu dünn.

Mit staatlicher Förderung soll das Ladenetz flächendeckend ausgebaut werden. Eine erste Ausschreibung für Schnellladestationen hat der Bund in der vergangenen Woche auf den Weg gebracht. Rund 900 Stationen sollen bundesweit entstehen.

Dabei wird gezielt der Ausbau in unerschlossenen Regionen gefördert. Der Bund gibt dafür „Suchräume“ vor, in denen sie erstellt werden sollen. Wo genau private Betreiber diese dann platzieren, bleibt ihnen überlassen. Da jede Station über mehrere Ladepunkte verfügt, kommen so wohl 8.000 Schnellladepunkte zusammen.

Wirtschaftlich rechnen sich viele Standorte noch nicht

Das ist erst der Anfang. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen E-Mobilisten an 50.000 Ladepunkten ihre Batterie auffüllen können. Bis es richtig losgeht, wird es aber noch dauern. Das Ausschreibungsverfahren dürfte sich nach Meinung von Experten etwa ein Jahr hinziehen. Eine zweite Ausschreibung erfolgt in der nächsten Zeit. Dabei geht es um 200 weitere Stationen an unbewirtschafteten Autobahnrastanlagen.

Der Bund fördert auch private Ladestellen

Darüber hinaus fördert der Bund bereits normale Ladestellen und private Anschlüsse für Autoladegeräte, sogenannte Wallboxen. Der Einbau in die Garage oder am Mehrfamilienhaus wird von der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert.

Zum Teil betraf dies auch kommerzielle Betreiber. Allerdings wurden wohl weit mehr Förderungen beantragt und genehmigt, als dann tatsächlich Stromtankstellen gebaut wurden. Angeblich sind es 20.000, die so das Netz ergänzen könnten, wenn die Firmen sie tatsächlich installieren würden.

Doch die mehr als 2.000 Betreiber von Ladestellen tun sich damit schwer. Wirtschaftlich rechnen sich viele Standorte noch nicht. Von allein entsteht daher keine ausreichend leistungsfähige Ladeinfrastruktur. Und es gibt auch Streit zwischen der Industrie und dem Bund. Scheuers Ausschreibung sieht eine Preisobergrenze für den Strom vor. Die Energie darf nicht mehr als 44 Cent pro Kilowattstunde kosten. Derzeit ist sie oft teurer.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht den Ausbau privater Ladestellen durch die vom Bund subventionierten deshalb gefährdet. Die bestehende Ladeinfrastruktur lasse sich dann nicht mehr wirtschaftlich betreiben, warnt BDEW-Chefin Kerstin Andreae.

China setzt auf Wechselsystem

Womöglich gehen Deutschland und Europa in dieser Frage ohnehin den falschen Weg. Davor warnt zumindest der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in einer Studie. Er verweist auf chinesische Bemühungen, ein Wechselsystem für Batterien einzuführen. Dabei wird die leere Batterie eines E-Autos an einer Station gegen eine aufgefüllte ausgetauscht.

Das dauert im Gegensatz zum Aufladen nur wenige Minuten. „China will weltweiter Technologieführer werden“, erläutert Dudenhöffer. Als größter Automarkt setze das Land womöglich hier einen weltweiten Standard, der die Automobilhersteller hierzulande langfristig zu einer Anpassung ihrer Fahrzeugkonstruktionen zwingen könnte.

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