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Ende des VerbrennermotorsReine Imagepflege

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Das Ziel der Klimakonferenz von Glasgow, ein Ende des Verbrennermotors ab 2035, ist wenig ehrgeizig. Es muss ambitionierter sein.

VW-MitarbeiterInnen in einem Trainingsbereich für die Produktion von Elektroautos in Emden Foto: Sina Schuldt/dpa

A uch wenn sich manche nach wie vor hartnäckig weigern, es zur Kenntnis zu nehmen: Die E-Mobilität ist eine Erfolgsgeschichte, und sie ist längst ein Selbstläufer. Der Marktanteil der Stromer hat sich weltweit seit 2019 verdreifacht, bereits heute sind Autos mit einem Diesel- oder Benzinmotor quasi Auslaufmodelle.

Der Großteil der Industrie hat sich längst darauf eingestellt. Ein Ende des Verbrennermotors ab 2035 anzukündigen, wie es jetzt aus Anlass der Klimakonferenz in Glasgow eine Reihe von Staaten, Autokonzernen und anderen Unternehmen getan haben, ist angesichts der rasanten Verbreitung der E-Mobilität deshalb Imagepflege – aber mehr auch nicht. Zumindest aber kein echter Fortschritt.

Für die Konzerne ist nicht nur klar, dass die Kun­d:in­nen auf E-Autos stehen. Sie wissen zudem, dass sie damit bald auch richtig Kasse machen können: Die Produktion eines Elektroautos wird binnen weniger Jahre günstiger sein als die eines Verbrenners, staatliche Subventionen in Milliardenhöhe wie in Deutschland werden bald überflüssig.

Die Mehrzahl der Ver­brau­che­r:in­nen ist durchaus klimabewusst und denkt ein paar Jahre voraus. Den Leuten ist klar: Wer heute ein neues Auto anschafft, wird in wenigen Jahren das Problem haben, es zu verkaufen, wenn es mit Diesel oder Benzin angetrieben wird.

Hartes Verfallsdatum für fossile Verbrennermotoren

Deshalb ist das Ziel von Glasgow wenig ehrgeizig. Die teilnehmenden Konzerne von Mercedes bis General Motors haben sich ohnehin bislang nicht als E-Avantgarde hervorgetan.

Auch wenn die FDP lange ohne staatliche Regulierung auskommen wollte: Im Sondierungspapier der Ampel-Verhandler:innen haben sogar die Liberalen dem von der Europäischen Union vorgegebenen Ausstiegsdatum 2035 zugestimmt. Voraussetzung: Technologieoffenheit für E-Fuels als Treibstoffe.

Es ist durchaus sinnvoll, fossilen Verbrennermotoren ein hartes Verfallsdatum zu geben. Denn damit wird der Transformationsprozess in der Industrie beschleunigt. Aber dann bitte mit einem ambitionierten Ziel.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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9 Kommentare

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  • Ich bin anderer Meinung, viele Bürger und Politiker wollen um jeden Preis den Umstieg auf E-Autos obwohl derzeit noch nicht einmal ansatzweise ersichtlich ist, wie und wann die Probleme zu lösen sind.



    Beispielsweise wohnen schätzungsweise die Hälfte aller Bürger in Mietwohnungen und davon der allergrößte Teil ohne Garagen. Wo soll für die vielen Laternenparker eigentlich der Strom herkommen? Und ja, die Reichweite ist ein Problem. Ein Auto das mit eingeschalteten Licht und Heizung nicht mal 200 Km schafft ist und bleibt völlig inakzeptabel. Zumindest für die Bürger die es sich nicht wie manch anderere leisten können sich ein Zweit- oder gar Drittauto anzuschaffen. Auch beim Preis gibt es kaum eine Disskussion. Für viele Bürer sind Autos jenseits der 50.000 Euro einfach nicht bezahlbar. Bein Benzinautos gibt es einen guten Gebrauchtwagenmarkt. Und bei Elektroautos? Da kostet ja bereits ein neuer Austauschakku mehr als 10.000 Euro. Dann die Schnellladesäulen auf der Autobahn. Das mag funktionieren solange einige wenige Teslas davon profitieren. Aber wie soll das mit Millionen PKW funktionieren die alle 64 satte Ampere schlucken, das ist immerhin mehr als so mancher Hausanschluss groß ist. Mag sich jeder selber ausrechnen was passiert wenn auch nur 100 Autos gleichzeitig laden wollen.



    Ich lasse mich gerne eines besseren beleheren, aber derzeit sehe ich auf diese Probleme keine Lösung.

    • @aLuckyGuy:

      Strom für Laternenparker: Von den Laternenmasten.

    • @aLuckyGuy:

      Strom: Von den Laternenmasten,

  • Glaube nicht dass der Verbrenner derzeit ein Auslaufmodell ist. Und ein finanzielles Risiko wegen Verkauf in einigen Jahren? Ich - und wahrscheinlich die meisten - finanzieren oder leasen ihren neuen Verbrenner und den gibt man dann in 3 oder 4 Jahren zurück. Dann sieht man weiter.

  • Ohne einen signifikante Verringerung des CO2-Ausstosses bei der Erzeugung des deutschen Strommixes ist der Klimavorteil der BEVs gegenüber modernen Verbrennern bei veranschlagten 200000km Laufleistung wenn überhaupt marginal. Der größere Co2 Rucksack der BEVs ist allerdings direkt bei der Produktion im hier und jetzt real und Klimarelevant, mögliche Klimavorteile ergeben sich erst in der fernen Zukunft, wenn der BEV viele tausende Kilometer gefahren ist und auch nur dann wirklich signifikant wenn wir bei den Ausbau der Erneuerbaren voran kommen.



    Die optimistische Annahme das schon in wenigen jahren die produktion der BEVs deutlich günstiger als die der Verbrenner ist teile ich nicht, auch gespannt bin ich welchen, Preis unsere Erde und Restnatur bei der Rohstoffbeschafung und Verarbeitung bezahlen muss.

  • " bereits heute sind Autos mit einem Diesel- oder Benzinmotor quasi Auslaufmodelle". Ach ja? Und warum sehe ich dann permanent die neuesten SUVs von Mercedes, BMW etc auf den Strassen?

    • @joaquim:

      Gibt es denn schon Alternativen, wenn ich mir innerhalb der letzten 2 jahre ein Auto ulegen wollte/musste? Nicht jeder kann auf dem Lastenrad sitzend entspannt durch den Kitz radeln.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @joaquim:

      das sind alles hybrids: kleiner e-motor und großer benzin/diesel-motor. in der stadt fährt man dann elektrisch und auf der autobahn kann man es richtig krachen lassen. zählt aber auch als e-mobilität. daher auch der stark steigende marktanteil.

  • "Die E-Mobilität ist eine Erfolgsgeschichte, und sie ist längst ein Selbstläufer. Der Marktanteil der Stromer hat sich weltweit seit 2019 verdreifacht, bereits heute sind Autos mit einem Diesel- oder Benzinmotor quasi Auslaufmodelle."

    Eine kühne Aussage wenn man bedenkt, dass der Anteil an E-Autos in Deutschland gerade mal 0,64 Prozent beträgt und entscheidende Nachteile zum Verbrenner (Reichweite, Tankstellendichte, Ladezeit) immer noch nicht gelöst sind.