Einkommensverluste in Bremen 2020: Pandemie nimmt’s von den Armen
Eine Studie der Arbeitnehmerkammer zeigt, dass Ungelernte besonders viel Lohn verloren haben. Das Durchschnittsgehalt in Bremen ist aber eher hoch.
Hauptursache waren die Schließungen und Teilschließungen vieler Betriebe in dieser Zeit und damit der Rückgang der bezahlten Wochenstunden. Allein im April waren rund 72.000 Beschäftigte im Land Bremen in Kurzarbeit; das Kurzarbeitergeld konnte nur einen Teil der Verluste decken.
Die Einkommensverluste sind allerdings nicht gleichmäßig verteilt: Vor allem An- und Ungelernte waren laut den Erhebungen der Arbeitnehmerkammer betroffen. Bei den Ungelernten betrug der Rückgang der Löhne im zweiten Quartal 14,2 Prozent, bei den Angelernten, also Beschäftigten mit einer kurzen Schulung für eine spezielle Tätigkeit im Betrieb, sogar 17,9 Prozent.
Zum Vergleich: Fachkräfte mussten 3,9 Prozent Lohneinbußen verkraften, herausgehobene Fach- und Führungskräfte nur 2,7 Prozent. „Die Pandemie verschärft die Einkommensungleichheit“, mahnt Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen.
Hohe Löhne dank der Industrie
Im Bundesvergleich schneiden die durchschnittlichen Vollzeitlöhne in Bremen trotzdem weiter recht gut ab, so das Statistische Bundesamt: Im zweiten Quartal lag der gesamtdeutsche Durchschnittslohn bei monatlich 3.868 Euro brutto, in Bremen mit 3.898 Euro leicht darüber, weil hier viele Beschäftigte in der Industrie arbeiten, in der die Gehälter traditionell höher sind.
Doch das ist nur der Durchschnitt. Gleichzeitig stehen viele Bremer*innen auf der anderen Seite des Einkommensspektrums: Der Anteil an Niedriglöhnen in der Stadt liegt laut Bundesamt für Statistik bei 16,9 Prozent – zwei Prozent weniger als deutschlandweit. In Bremerhaven ist er – entgegen dem Bundestrend – seit 2011 sogar gestiegen und liegt jetzt bei 20,9 Prozent.
Minijobber zählen nicht in die Statistik
Zu Niedriglöhnen zählen alle Monatsgehälter, die in Vollzeit weniger als 2.267 Euro brutto einbringen. Im Gastgewerbe etwa kann man für einen Vollzeitjob nur mit 1.572 Euro brutto rechnen.
Dazu kommt, so die Arbeitnehmerkammer, dass fast 38 Prozent der Beschäftigten in Bremen ausschließlich einem Minijob nachgehen oder in Teilzeit arbeiten; in der Niedriglohnstatistik sind diese nicht erfasst. Rechnet man sie mit ein, liegt der Niedriglohnanteil im Land sogar bei gut einem Viertel aller Beschäftigten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour