piwik no script img

„Ehe für alle“ als WahlkampfthemaFDP will, was alle wollen

Die FDP macht die „Ehe für alle“ zur Bedingung für eine mögliche Koalition nach der Bundestagswahl. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal.

Lasst uns feiern – auch die FDP will die „Ehe für alle“ Foto: dpa

Braunschweig/Essen epd | Die FDP will die Einführung der „Ehe für alle“ zur Bedingung einer künftigen Regierungsbeteiligung ihrer Partei machen. „Ich werde meiner Partei empfehlen, die Ehe für alle als Koalitionsbedingung für die Bundestagswahl festzuschreiben“, sagte der FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner der in Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vom Samstag.

Auch SPD, Grüne und Linke wollen die „Ehe für alle“. Die CDU/CSU ist in dieser Frage uneins. Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) appellierte an die Union, sich für die „Ehe für alle“ zu öffnen.

Den Sozialdemokraten sei die „völlige Gleichstellung von hetero- und homosexuellen Lebenspartnerschaften ein unglaublich wichtiges Anliegen“, sagte sie den Zeitungen der Funke Medien Gruppe, zu der auch die Braunschweiger Zeitung gehört. Es sei unverständlich, dass die CDU das Projekt blockiere. FDP-Chef Lindner betonte: „Wenn Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, sollen sie auch gleiche Rechte haben – unabhängig vom Geschlecht.“

Auch die Grünen hatten die „Ehe für alle“ mit Blick auf die Bundestagswahl am 24. September bereits zur Bedingung für eine mögliche Regierungsbeteiligung gemacht. Vor dem Bundesverfassungsgericht waren sie vor kurzem mit dem Versuch gescheitert, eine Abstimmung des Bundestages über eine Ehe für homosexuelle Paare noch in dieser Legislaturperiode zu erzwingen. Seit 2001 können homosexuelle Paare in Deutschland eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Sie ist der Ehe nicht vollständig gleichgestellt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

20 Kommentare

 / 
  • Ein Kindersplitting wäre sinnvoll. Der bisherige läppische Steuerfreibetrag für ein Kind, der zudem mit dem Kindergeld verrechnet wird, ist Peanuts gegenüber der Hausfrauen-Steuerhalbierung.

     

    Das Splitting jetzt für gleichgeschlechtliche Paare einführen zu wollen, zeigt die Prioritäten in dieser Gesellschaft ...

  • "Ehe für alle" ist ein sehr konservatives Projekt. Es zementiert die Steuervorteile für die Hausfrauenehe nun auch für gleichgeschlechtliche Paare. Dabei sind es diese Steuervorteile - bzw. die steuerliche Schlechterstellung des weniger verdienenen Partners - die den Gener Paygap wirklich befeuern. Wenn Frauen halbtags arbeiten, dann zahlen sie die Steuern für ihre Ehemänner mit. Sie erhalten deutlich weniger Rente oder Arbeitslosengeld obwohl sie die vollen Beiträge zahlen. Statt unsinniger Auskunftsansprüche oder erfundener Diskriminierung durch die Arbeitgeber_innen sollte die Hauptursache des Gender-Paygaps angegangen werden.

    Besonders leiden unter diese steuerlichen Diskriminierung die Alleinerziehenden. Lebt jemand mit einer_m Partner_in zusammen, die/der nicht arbeitet, gibt es dicke Steuerzuschüsse vom Staat. Lebt dagegen jemand mit dem eigenen Kind zusammen, dann gibt es einen winzigen Steuerfreibetrag. Frankreich macht Familiensplitting und selbst die konservative Schweiz begrenzt das Ehegattensplitting wenigstens etwas. Aber die "progressiven" Kräfte in Deutschland haben nichts besseres zu tun, als das Ehegattensplitting weiter zementieren zu wollen.

    Lasst sie doch alle heiraten - aber schafft dieses Ehegattensplitting ab. Der Gender-Paygap wird fast verschwinden ebenso wie die 400 € Jobs zurückgehen werden, da es sich plötzlich auch lohnt, halbtags zu arbeiten.

    • @Velofisch:

      Im Hinblick auf die Sache muss ich Ihnen zustimmen. Allerdings schreiben Sie ziemlichen Unsinn: weniger verdienende Frauen zahlen keine Steuern für die Männer mit, sondern das Ehepaar hat in der Summe eine niedrigere Steuerlast. Rente und Arbeitlosengeld wird nach Einkommen und nicht nach der Steuer berechnet - jeder bekommt entsprechend seiner Einzahlung.

       

      Benachteiligt sind alleinerziehende Ledige und uverheiratete Familien mit Kindern. Diese zahlen die jeweiligen Höchstsätze der Steuern und können diese nicht mindern ..

    • @Velofisch:

      Der Gender-Paygap wird wohl erst verschwinden, wenn sich die Unternehmenskultur in Deutschland geändert hat. Zur Neustrukturierung dieser Unternehmenskultur wird die Einführung einer 50/50 Quote für Männer/Frauen in den Chefetagen und auf der Leitungsebene der Konzerne und mittelständischen Betriebe eine von mehreren Voraussetzungen sein, wenn auch eine ganz zentrale.

    • @Velofisch:

      Kann es sein, dass Sie gerade mit Karacho durch weit offene Türen gesaust sind?

       

      Mag sein, dass Sie den Diskussionsstand der maßgeblichen LGBT-Verbände nicht kennen. Kein Mensch plädiert dort für die Beibehaltung des in der Tat fragwürdigen Ehegattensplittings.

       

      Wenn ich die aktuellen Aussagen aller Parteien links von schwarz-gelb betrachte, wird auch dort eine Art Familiensplitting befürwortet. Und Familie ist bekanntlich dort, wo Kinder sind. Egal ob unverheiratet oder verheiratet, egal ob Frau+Mann oder Frau+Frau oder Mann+Mann die Eltern sind.

       

      Das Grundrecht auf Gleichberechtigung und Gleichbehandlung mit dem verstaubten Splittingthema zusammenzurühren und damit zu denunzieren ist das tatsächliche, letztlich nur den Rechten dienende Projekt.

  • Wofür überhaupt eine Ehe?

  • Noch vor 30 Jahren haben Schwule die Ehe für eine bürgerliche, spießige, konservative und reaktionäre Institution gehalten, heute fordern sie diese für sich ein. Wer will das noch verstehen ?

    • @Nikolai Nikitin:

      Ich war - obwohl hetero - die letzten 30 Jahre lang gegen die Ehe. Weil nicht jede/r jede/n heiraten kann.

       

      Bin ich deswegen dagegen, dass überhaupt irgendwer irgendwen heiraten "darf"?

       

      Nein. Denn das ist die persönliche Entscheidung der und des Einzelnen.

       

      Bürgerlich und spießig wird es nur da, wo Leute meinen, dass was sie im Rahmen ihrer persönlichen Lebensführung für sich selber wollen oder nicht wollen müsse automatisch "Gesetz" und verbindlich für alle werden.

      • @cursed with a brain:

        Um Himmels willen. Sie müssen sich bei mir nicht dafür entschuldigen, dass Sie gegen die Ehe (auch die Homo-Ehe ?) waren. Mich überrascht nur, dass die Ehe im linken Lager einst als bürgerlich, spießig, konservativ und reaktionär verpönt war, heute aber sich gerade auch Linke, darunter besonders auch viele (man möchte doch meinen 'progressive') Schwule oder Lesben es nicht erwarten können, endlich in den trauten Hafen der Ehe schippern zu dürfen. Wie sich die Zeiten eben ändern.

    • @Nikolai Nikitin:

      Keiner wird gezwungen zum Standesamt zu gehen. Hier geht´s um unveräußerliche Grundrechte nach denen Schwule und Lesben gefälligst nicht als Bürger zweiter Klasse zu behandeln sind. Scheint für Konservative mit Sehnsucht nach miefiger Adenauer-Gartenzwergidylle schwer nachvollziehbar zu sein.

       

      Vor 100 Jahren haben fortschrittliche gesellschaftliche Kräfte das Frauenwahlrecht erstritten. Keine Frau wird bei uns zur Stimmabgabe gezwungen. War die Forderung nach Gleichbehandlung in Ihren Augen falsch?

       

      Konservative und Reaktionäre haben im historischen Rückblick betrachtet irgendwann mal dazu gelernt, dass z.B. Sklavenhaltung, Frauendiskriminierung nicht mehr so en vogue sind. Aufgeklärte Konservative haben das Thema ‚Marriage Equality‘ in Ländern wie Großbritannien, Irland, Spanien, Argentinien längst abgeräumt. Die Welt ist nicht untergegangen.

       

      Gleichbehandlung ist ein Menschenrecht. Wer die Forderung nach Gleichberechtigung mit aufgesetzt-süffisanter Nonkonformität in den Rücken fällt, betreibt wie immer das Geschäft der ewig Gestrigen.

       

      Im Übrigen .. haben Sie schon mal diese „aufsässigen, nicht Ruhe gebenden“ schwulen oder lesbischen Wesen im direktem Gespräch befragt? Von uns wollen wahrscheinlich grad mal die Hälfte heiraten, die andere Hälfte sagt, „ich brauch´s nicht.“ Auch gut so. Für die Grundgesetz gemäße Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 werden jedoch mit Sicherheit alle von uns sein.

  • Wenn vor der Wahl alle (ausser CDU/CSU) die Ehe für alle wollen, dann kann man doch sicher sein, dass daraus nach der Wahl nichts wird.

     

    Ich fordere auf jeden Fall schon mal ein Recht auf Ehelosigkeit für alle.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      "Wenn vor der Wahl alle (ausser CDU/CSU) die Ehe für alle wollen, ..."

      wird es doch wieder ganz feine Nuancen von Unterschieden und Ausnahmeregelungen unter den Befürwortern geben müssen, auch wenn man die an den Haaren herbeiziehen muss.

      • @571 (Profil gelöscht):

        Aus meiner Sicht geht es hier weniger darum das Konzept der Ehe an die Erfordernisse einer veränderten Gesellschaft anzupassen, als vielmehr darum, notfalls einen Joker für Koalitionsverhandlungen aller Art in der Tasche zu haben.

  • Ehe für niemand und Steuervorteile für Verantwortung für Kinder anstatt für einen anderen ERwachsenen...

     

    Konservative wollen progressiv..... sorry Freunde, das kommt irgendwie 20 Jahre zu spät. Die Gesellschaft formt sich und ihr Politiker eiert halt mit gewichtigen Worten hinterher... Barley, Lindner....

    • @Tom Farmer:

      "Steuervorteile für Verantwortung für Kinder anstatt für einen anderen Erwachsenen..."

       

      III/V oder Ehegattensplitting ist für Eheleute. Für Kinder ist Kinderfreibetrag, Ausbildungsfreibetrag, etc.

      • @agerwiese:

        Und deswegen Ehegattensplitting abschaffen und die finanzielle Unterstützung von Kindern fördern

        • @Nominoe:

          Nichts dagegen. Bleibt immer noch die Frage inwiefern eine gleichgeschlechtliche Ehe steuerliche Vorteile "für Kinder" einheimsen würde.

          • @agerwiese:

            Die echte Eheschließung beinhaltet auch (hoffentlich!) die Möglichkeit, Kinder zu adoptieren.

            • @Artur Möff:

              Hier ist das Wohl des Kindes wichtig.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Klar liberal. Westerwelles Witwer wird es danken.