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EU-Verordnung gegen ElektroschrottWenn reparieren nur günstiger wäre und schneller ginge

Kommentar von Svenja Bergt

Die EU will Reparaturen von Elektro-Produkten fördern. Gut so! Noch besser wäre aber ein Reparaturbonus.

Reparieren geht vor Konsumieren! Foto: imago

D er Staubsauger tut’s nicht mehr, die Waschmaschine stottert so komisch, und der Akku vom Smartphone ist quasi schon dann leergesaugt, wenn das Gerät 5 Minuten weg ist vom Ladekabel. Was tun? Reparieren oder gleich wegwerfen und neu kaufen? Erstaunlich viele Menschen erwägen eine Reparatur. In einer Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes vom Ende vergangenen Jahres gab mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie schon mal ein Gerät gerne hätten reparieren lassen – es dann aber doch nicht getan haben.

Denn zwischen Wollen und Handeln liegt leider die Realität. Und die sieht häufig so aus: Reparatur teurer als Neugerät, Termin mit Reparaturdienst erst in ein paar Wochen möglich, keine Ersatzteile verfügbar, Hand­wer­ke­r:in sagt, das lohnt nicht mehr. So wachsen die Berge an Elektro- und Elektronikschrott und die Umsätze der Hersteller und Händler.

Dass die EU-Kommission gegensteuert und schrittweise für Produktgruppen von Geräten Vorgaben für deren Reparierbarkeit macht, angefangen am 20. Juni mit Smartphones und Tablets, ist daher richtig. Doch in der Praxis wird sich zeigen, dass das nicht genug ist. Denn ein Recht auf Reparatur nützt Menschen und Umwelt nur dann etwas, wenn im Ergebnis eine Reparatur merkbar günstiger wird als der Neukauf eines gleichwertigen Geräts.

Ersatzteile sollten günstiger sein

Erreichen ließe sich das auf unterschiedlichen Wegen, die sich auch bestens kombinieren lassen: Neben strengen Vorgaben zur Reparierbarkeit braucht es klare Höchstgrenzen dazu, was Ersatzteile kosten dürfen, und am besten einen Reparaturbonus, wie Ver­brau­che­r:in­nen in Deutschland ihn bereits in einigen Regionen beantragen können.

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Die gute Nachricht: Einen Reparaturbonus muss nicht die EU initiieren, ebenso wenig wie die Bundesregierung, auch wenn eine gute, einheitliche Lösung natürlich die beste wäre. Aber jedes Bundesland, sogar Kommunen können hier notfalls selbst aktiv werden und Zuschüsse zu Reparaturen zahlen – und so dazu beitragen, den allgegenwärtigen Wegwerfen-neukaufen-Automatismus zu durchbrechen.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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13 Kommentare

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  • Öffentliche Zuschüsse zu Reparaturen wären faktisch eine Umverteilung hin zu denen, die viel und teure Technik nutzen. Ob das wirklich so erwünscht wäre?

  • Bauknecht Waschmaschine mit acht Jahren oder zehn Jahren Garantie auf den Motor. Nach zweieinhalb Jahren geht der Motor kaputt. Waschmaschine hat 650 € gekostet. Die Garantie greift zwar, aber man muss eine Pauschale bezahlen für die Anreise und den Einbau des kostenlosen Motors von 450 €. Das ist einfach Verarschung.Den kostenlosen Motor wollte man mir auch nicht schicken zum selber einbauen. Das geht natürlich nicht. Also kauft man sich eine neue Waschmaschine. repartly.de habe ich erst danach entdeckt. Das scheint mir echt ein Lichtblick!

  • Es wird leider nicht flächendeckend funktionieren, wie in den anderen Kommentaren schon dargelegt.



    Dazu kommt noch, dass es neben reparaturbedürftigen Geräten auch sehr viele gibt, die zwar (voll) funktionsfähig sind, aber in den Müll gegeben werden. Farbe passt nicht mehr, etwas abgegrabbelt, die neuen Geräte können soooo viel mehr, bei "smarten" Geräten kommt die Frage des updates hinzu etc. So werden spätestens Ende Oktober auch die restlichen Win10 PCs, die nicht upgegradet werden können, dem Schrott anheimfallen, zumindest die PCs aus den großen Einrichtungen, Schulen, öffentl. Verwaltung etc.

    • @fly:

      Optimistisch, anzunehmen dass die PCs in Schulen auf Windows 10 laufen.

    • @fly:

      Hinzu kommt noch, viele Geräte werden von den Herstellern von Vornherein auf eine bestimmte, nicht zu überschreitende " Lebesdauer " also Funktionstüchtigkeit konstruiert und dahingehend konzipiert, welches eine Reperatur fast unmöglich macht. Also ein zeitnaher Verschleiß ist beabsichtigt und fördert den notwendigen Konsum, um unser neoliberales System rentabel zu machen.

  • Das Grundproblem ist der (zu) geringe Neupreis und die direkte Verfügbarkeit vieler Neugeräte. Solange Reparaturen nicht standarisiert/ automatisiert mit Vorort vorhandenen bzw. leicht verfügbaren Teilen durchgeführt werden können, wird sich das kaum ändern. Dazu bedürfte es einer professionellen, flächendeckenden Organisation und Logistik und eines neuen Geschäftsmodells bei Herstellern und Händlern. Zumindest bei letzteren ist die tatsächliche Produktkompetenz ja seit Jahren stark rückläufig. Da kann man halt häufig „nur noch“ verkaufen und verschrotten.

  • Meiner Erfahrung nach geht das Problem über Ersatzteile hinaus. Zum Anfang müssten entsprechende Bau-/Reperatur Pläne veröffentlicht werden.



    Darüber hinaus müssten zusätzliche Werkzeuge zur Diagnostik oder Reparatur frei erwerbbar sein. Beispielsweise die Hardware ID Thematik in iPhones, bei welchem das Gerät programmiert werden muss um das neue, baugleiche, Modul zu akzeptieren.

    Und während es zum Glück durch EU Verbraucherschutz noch nicht so schlimm ist, ist "Right to Repair" ein Luxusproblem der Vergangenheit. Der Kampf wird mittlerweile um "Right to Own" geführt. Jüngstes Beispiel wäre der eingebaute Killswitch in der Switch2, bei welchem Nintendo das Gerät nach eigenem Ermessen außer Betrieb nehmen kann. Aber weniger dramatisch gibt es in Produkten anderer Hersteller auch jegliche andere Kombination aus App/Nutzungsbedingungen/Online Service/Abo und einhergehenden Funktionseinschränkungen.

  • Das grundlegende Problem hinter dem Problem das sich Reparaturen oft wirtschaftlich nicht lohnen hat viel damit zu tun das Staat und Sozialsysteme ganz überwigend über Lohnnebenkosten finaziert werden.

    Reperaturen sind gemessen an den Reperatur-Kosten "auf der Kunden-Rechnung" vor allem die Arbeitskosten.

    Arbeitskosten sind heute zur Hälfte Lohnsteuer und Sozialabgaben., dann kommt auf Arbeitskosten nochmal 19% Mehrwertsteuer.

    Eine Maßnahme die sicher hilft Reperaturen "günstiger" zu machen sind Änderungen am Steuerrecht.

    1.) Keine Mehrwertsteuer auf Arbeitszeit-Einheiten.

    2.) Vereinheitlichung des Sozialssysteme und Wegfall der Beitragsbemessungsgrenzen



    --> was die Lohnnebenkosten für alle Mittleren und kleinen Gehälter senkt.

    3.) Erhöhung des Steuer-Finanzierten Anteile des Sozialsystems z.B. Finanziert durch weniger Ausnahmen bei der Erbschaftssteuer



    --> was die Lohnnebenkosten weiter massiv senkt.

    Und auch etwas ganze anderes würde helfen.

    Die Vermittlung von technischer Bildung in den Schulen.



    Als Dipl.-Ing. Elektrotechnik sehen ich heute das 95% der Bevölkerung vom Verständnis der relevanten technischen Grundlagen kompeltt "abgekopplet" sind.

    • @Jörg Heinrich:

      Das Grundprinzip der Steuerreform ist, Energiekosten zu erhöhen, und Arbeitskosten zu reduzieren.



      Also: Steuern nicht mehr auf Arbeit sondern auf Energieverbrauch.

      Auch das würde Reparatur günstiger, und Neuherstellung teurer machen.

      Dass 95% vom Verständnis abgekoppelt seien - sicher dass es jemals anders war?

    • @Jörg Heinrich:

      Die Reparaturlohnkosten sind tatsächlich oft das Geräteende, da Technikerstundenlöhne plus Messplatzkosten usw. die hochmaschinellen Fertigungspreis eines Neugerätes oft übersteigen. Daran kann auch ein "Recht auf Reparatur" nichts ändern.

      Und nein, nicht schon wieder den Schulen den Schwarzen Peter zuschieben. Die haben inzwischen schon genug Probleme einfache Grundfertigkeiten weitergeben zu können.

      Hilfreich mit einem "Recht auf Reparierbarkeit" wäre es für "Repair-Cafes", da werkeln i.d.R. ehrenamtlich "dumme alte weiße Männer" mit Fachkenntnissen ohne Lohnkosten. Das Problem ist häufig -meine eigenen Erfahrungen-, dass viele Billiggeräte aus Kostengründen verklebt, unersichtlich zusammengesteckt usw. werden, so dass ohne technische Anleitungen das try-and-error-Öffnen mit ggf. Kratzern oder abgebrochenen Plastikrasten einhergeht. Manchmal findent man Tipps via. Google & Youtube...



      Bei Platinendefekten -Schaltpläne bzw. Ersatzplatinen sind nicht verfügbar- wird die Sache auf optische Sichtprüfung eingeschränkt. Aber aus eigener Erfahrung sind zu Glück die häufigsten Defekte bei Steckkontakten, Schaltern usw. welche mit etwas Kontaktspray wieder bestens funktionierten.

    • @Jörg Heinrich:

      Vielen Dank für Ihren Kommentar, denn er bringt die wahre Problematik an den Tag: die Arbeitskosten.



      Ich habe viele Dinge schon selber repariert; da ist es zeitlich auch nicht sonderlich relevant, ob ich an einem Staubsauger 20 Minuten oder 2 Stunden rumschraube.

      Bei einem realistischen Stundenlohn von circa 80 Euro/h (brutto) kann man sich ganz schnell ausrechnen, dass die Reparatur sehr oft wirtschaftlich nicht rentabel ist. Wie dieses Dilemma gelöst werden soll, darauf haben die Befürworter von "wir müssen mehr reparieren und weniger wegwerfen" keine Antwort.

      >>Als Dipl.-Ing. Elektrotechnik sehen ich heute das 95% der Bevölkerung vom Verständnis der relevanten technischen Grundlagen kompeltt "abgekopplet" sind.

  • Wenn die Produkte deutlich teurer sind, lohnt sich auch eine Reparatur wieder. Mann müsste nur eine z.B. 500% - 1000% Steuer auf Rohstoffe einführen. Damit würden alle Wirtschaftszweige angekurbelt, die mit Recycling und Reparaturen zu tun haben. Nebenbei würde der Ressourcenverbrauch sinken und Innovationen für bessere Recyclingtechnik oder Stoffe, welche einfacher zu recyceln sind, einen gewaltigen Schub bekommen.



    Wenn man dann noch den Rohstoffverbrauch für die Transportwege mit einbezieht (z.B. Produktion von Containerschiffen und deren Treibstoffverbrauch), unterstützt man damit noch regionale Unternehmen und Produkte aus Fernost werden für den Verbraucher zunehmend unattraktiver.

    • @Orten:

      Bei allem Respekt, aber genauso denkt Donald Trump: Einfach ein paar Hundert Prozent Zoll auf die Waren und schon profitiert der einheimische Arbeitsplatz, findet eine Verlagerung der Arbeit statt, und so weiter. Auch wenn es so schön einfach klingt, es klappt nicht bzw. nur in Einzelfällen. Und genauso wirds bei "Ihren" 500%-1000% Steuer auf Rohstoffe sein...