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EU-Entscheidung zu ErneuerbarenPeter Altmaier bremst

Die EU steht vor einer Einigung über ihre Energiepolitik. Da verweist Wirtschaftsminister Peter Altmaier auf angebliche Kosten und Gefahren.

Die Haltungen der EU-Staaten zu energiepolitischen Ambitionen unterscheiden sich immens Foto: dpa

BERLIN taz | Europa steht kurz vor einer Einigung bei seiner Energiepolitik – und Deutschland steht deswegen vor einem koalitionsinternen Streit. In die „Trilog“-Verhandlungen zwischen EU-Parlament und EU-Ministerrat ab Mittwoch gehen die EU-Länder mit einem Angebot, den Anteil der erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz jeweils um 30 bis 33 Prozent zu erhöhen, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Weil sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) aber bei der entscheidenden Sitzung am Montag in Luxemburg skeptisch zu diesen Plänen äußerte, wirft ihm die SPD vor, sich nicht an Absprachen zu halten.

Ab Mittwoch wollen sich EU-Rat und Parlament auf die letzten Details des Programms „Saubere Energie für alle Europäer“ einigen. Damit möchte die EU ihre Energiepolitik so verbessern, dass sie die CO2-Reduktionen erreicht, die nach dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz nötig sind. Deshalb fordert das Parlament, den Anteil der Öko-Energien und die Effizienz bis 2030 jeweils auf 35 Prozent heraufzusetzen. Bei einem Treffen am Montag in Luxemburg wurde deutlich, wie unterschiedlich die Haltung der EU-Staaten zu diesen Ambitionen sind. Während eine Koalition aus Staaten wie Luxemburg, Spanien, Litauen, Frankreich oder Niederlande für die Ziele des Parlaments votierte, bremsen Staaten vor allem aus Osteuropa den Zug. Für sie ist die EU schon ehrgeizig genug.

Mittendrin: Peter Altmaier, der vor den Gefahren eines schnelleren Ausbaus der Öko-Energien warnte. Bei einem Mittagessen in kleiner Runde erklärte der Minister, Deutschland habe bereits heute Kosten von 25 Milliarden Euro für den Ausbau der Erneuerbaren. Jedes Ziel über 30 Prozent bedeute, dass sich dieser Beitrag in zehn Jahren verdoppele. Auch würden die Bürger skeptisch, wenn hohe Ziele verkündet, aber nicht erreicht würden. „Wir müssen daran arbeiten, unsere Ziele zu erreichen, aber wir müssen uns Ziele setzen, die erreichbar sind“, sagte Altmaier laut Protokoll.

Über diese Aussagen ist das SPD-geführte Umweltministerium erbost. Altmaier habe ohne Abstimmung für weniger Ambition gesprochen und negative Aspekte wie Kosten und Akzeptanz betont. „Das war ein klarer Verstoß gegen ressortabgestimmte Positionen“, sagt Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth. Schützenhilfe bekommt er von den Umweltverbänden. Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe sagte, jeweils 35 Prozent seien „das Mindeste, um die Ziele des Pariser Abkommens einzuhalten“. Christoph Bals von Germanwatch nannte es skandalös, dass „Altmaier die notwendigen Zielerhöhungen blockiert“. Die Kanzlerin müsse ein Machtwort sprechen.

Dass Deutschland höhere Ziele blockiere, sei „unwahr und falsch“, wehrte sich Altmaier auf Twitter. Aus seinem Ministerium heißt es, er habe sich komplett an die Absprachen in der Koalition gehalten, habe sich dem Parlament gegenüber kompromissbereit gezeigt und sich nicht auf niedrige Zahlen zum Ausbau festgelegt.

Altmaier sei „the bad guy“, meinte dagegen der grüne Abgeordnete Claude Turmes. Wenn Deutschland sich allerdings nicht der Bremser-Koalition anschließe, gebe es keine Mehrheit im EU-Rat gegen einen Kompromiss von jeweils 33 Prozent, der „roten Linie“ für das Parlament, sagte der Energie-Experte. Solange Deutschland nicht aktiv gegen höhere Ambitionen arbeite, sei ein guter Kompromiss möglich.

Turmes wird Altmaier seine Kritik schon bald persönlich bei den Sitzungen des EU-Ministerrats sagen können. Ab Ende Juni wechselt der grüne Parlamentarier die Seiten und wird in Luxemburg Staatssekretär für Umwelt.

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14 Kommentare

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  • Altmaier ist die personifizierte Bremse. Er ist ein klassische Lobbyist im Ministeramt.

  • Altmaier hat mehr als 2 Gesichter.

  • Es ist so ungemein tragisch...

    *seufz*

  • Peter Altmaier hat schon vorher gezeigt, dass er kein Interesse an Umweltschutz hat. Während seiner Zeit als Umweltminister war ich als Teilnehmer auf der International Marine Litter Konferenz in Berlin. Altmaier hat dort sein wahres Gesicht gezeigt. Während er bei den Gesprächen zum Abschlussdokument mehr oder weniger alle Vorschläge der Wissenschaft zur Verbesserung des Plastikmüll Problems als positiv und hilfreich bezeichnete und Unterstützung beim Thema Abschaffung von Plastiktüten signalisierte, erklärte er nur wenige Minuten später vor der Presse, dass es mit ihm als Umweltminister keine “zusätzlichen Belastungen für den Verbraucher gäbe.“ Dieser Mann ist in höchstem Maße unehrlich, daher glaube ich der SPD, wenn sie sagt er halte sich nicht an Absprachen.

  • Solange Strom aus erneurbaren Energien so teuer ist wie in Deutschland lohnt sich das nicht.Da ist Atomstrom billiger und gemauso umweltverträglich! Deutschland ist doch nur Negativbeispiel. Der Wirtschaft wird aus Konkurrenzgründen billiger Strom zur Verfügung gestellt und der Bürger muss den teuren Windstrom kaufen!

    • @Gerdi Franke:

      Sobald Folgekosten, Umweltkosten, Risiko und Endlagerung auch nur ansatzweise mit hineingerechnet werden, hat weder Kohle noch Atomstrom auch nur den leisesetn Hauch einer kostendeckenden Chance, aber wir Verbraucher und gleichzeitig geschädigten (oder kennen sie noch einen sauberen Planeten) zahlen ja ür die Kosten die die Konzerne einfahren...

    • @Gerdi Franke:

      Atom und Setinkohlestrom ist teurer als Solar, Die Kosten werden aber als Subventionen versteckt, anstatt sie wie bei erneuerbaren Energien auf den Preis drauf zu schlagen.

       

      Teurer Windstrom ist einfach nur ein Märchen Es ist mit der am günstigsten produzierte Strom. Natürlich kann man mit den abgeschriebenen Braunkohlekraftwerken nicht mithalten.

      • @Sascha:

        Dann können wir ja die EEG Umlage abschaffen und die Windmüller produzieren bedarfsgerecht den Strom, besonders dann wenn man ihn braucht und nicht wenn bei ihm der Wind weht.

  • Also noch mehr Vögel-Häckslermmaschinen (vulgo: Windkraftanlagen) im Wattenmeer, die nach der Erbauung gleich wieder stillgelegt werden müssen, weil der erzeugte Strom mangels leistungsfähiger Leitungen nicht transportiert werden kann? Ganz davon abgesehen, dass das Problem der Entsorgung dieser Riesenanlagen nach ca. 25 Jahren Betriebszeit bis heute nicht zufriedenstellend gelöst ist.

    Die derzeitigen Kosten der Energiewende von 25 Milliarden Euro im Jahren werden sich dann verdoppeln. Das heißt, dass jeder Einwohner Deutschlands - vom Baby bis zur Sozialrentnerin - ca. 600 Euro im Jahr für die Energiewende aufbringen muss. Dafür wurden die sichersten Kernkraftwerke der Welt abgeschaltet. Für die Stromtankstellen der Millionen von der Politik herbeigesehnten Elektroautos werden wir dann Atomstrom aus Frankreich, Belgien usw. einführen.

    Total Balla-Balla ist das!

  • Auch hier wieder klar erkennbar, die Arbeit der Konzern- Kohle- und Kraftwerkslobbyisten RWE/EON/u.a. wirkt. Wie schon bei Glyphosphat von Bayer (Monsanto) hält sich die CDU / CSU mal wieder nicht an resortabgestimmten Abssprachen der Koalition und verursacht Schaden für das deutsche Volk. Verstösst damit klar gegen den politischen und demokratischen Auftrag.

    Dieses Abweichen von den Koalitionsvereinbarungen hat wohl wieder keine Folgen größeren Folgen für den Herrn Minister, als vielleicht eine Abmahnung des Ministers durch die "Ausstiegs"-Kanzlerin, wie zuletzt bei Herrn Schmidt schon beim Glyphospatfall.

    Im Vergleich zum Schaden für die Bürger steht die Abmahung in keinem akzeptablem Verhältnis.

    Die Reaktion der SPD ist mehr als lau: War da nicht in den zurückliegenden Monaten die Rede von "jetzt gibt es auf die Fresse" oder so ähnlich. Wieder wird die Möglichkeit versäumt Profil zu zeigen.

    Die Erneuerung der SPD läßt auf sich warten. Schon viel zu lange. Scheint wohl nix mehr zu werden. Dann gute Nacht.

  • Liebe Leute, ihr müsst immer im Auge behalten, wer den Bremser jetzt in Brüssel spielt!

     

    Es ist ein Politiker, der uneingeschränkt den Lobbyisten der Wirtschaft, der Industrie und der Banken hörig ist, so wie die ganze Regierung!

     

    wenn man sich die Energiewende innerhalb Deutschlands anschaut und darauf achtet, wer diese bezahlt hat, wird man feststellen, dass diese von den normalen Verbrauchern bezahlt wurde, die z.B. fast vollständig zur Bezahlung der EEG heran gezogen wurden.

    Die Industrie wurde fast vollständig entlastet!

     

    Sollte es nun eine Regelung für die gesamte EU geben, könnte unsere ach so Treue Lobby Regierung nicht so intensiv alle Kosten von der Wirtschaft un der Industrie abhalten, wie es von denen gefordert wird, sie müssten dann wohl selbst in den Geldbeutel greifen, wer will das schon, zu Mal das doch besser an das Volk delegiert gehört!!!

     

    Mal ganz davon abgesehen, das es mehr als Eilt, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, wird sich wohl nicht viel weltbewegendes ereignen, solange sich die Wirtschaftsinteressen der Mächtigen mit den klimarelevanten Dingen der Welt kreuzen.

     

    Es wird mehr als Zeit, dass sich die Wissenschaft vermehrt in die Belange des Klimaschutzes einmischt, um den Regierenden dieser Welt unmissverständlich klar zu machen, dass unser Planet, und so mit alle seine Bewohner vor einem nicht wieder Gut zu machendem Desaster sehen!

     

    Aber die Welt ist eben viel zu sehr auf Profit ausgelegt, um sich wirklich bewegen zu wollen.

    Solange es Idioten wie Trump gibt, die aus reinen Wirtschaftsinteressen heraus den Klimawandel verleugnen oder sich nur um eine gewisse Klientel bemühen, wird sich nichts ändern lassen, denn den Klimawandelleugnern gehört nun mal auch der größte Teil des weltweiten Vermögens.

     

    Damit lassen sich sehr, sehr viele Entscheidungen Kaufen, oder mit dem Druckmittel Arbeitskräfteverlust erpressen!!!

  • Ölpreis ab 100 Dollar und die Energiewende wird ein Selbstläufer. Hach wie schön ist`s in der Tehran Times zu schmöckern und sich seine Argumente für den Weltfrieden zusammen zu stellen.

    Die Angst war ja Fracking in den USA und Polen, Schiefersande in Kanada, Bohrungen in der Tiefsee und die Zerstörung wertvoller tropischer Habitate wie dem Korallenriff in der Amazonasmündung, oder dem Yasuni Nationalpark in Ecuador oder mit der Fliegenklatsche die 10cent Tanküllung in Venezuela.

  • Dieser Ex-Umweltminister ist so schrecklich Oldschool...

  • Ziele setzen, die erreichbar sind? Erreichbar, möglichst ohne Mühe, nicht etwa sinnvoll, notwendig oder gar gegen Widerstände. Das ist dann wohl die offizielle Lehre aus dem Diesel- Skandal: wer die Latte schön tief hängt muss nachher nicht betrügen. Dieser jämmerliche Zynismus ist schlichtweg Übelkeit erregend.