Dressurpferd Totilas ist tot: Der Boris Becker unter den Gäulen
Totilas war einmal das teuerste und berühmteste Dressurpferd der Welt. Jetzt ist der Hengst im Alter von 20 Jahren gestorben.
„Viel zu früh“ sei er den Folgen der Krankheit „erlegen“, beklagte ein Angehöriger. Man begreift es kaum: „Er wurde operiert und ist sogar wieder aufgestanden, hat es dann aber nicht geschafft.“ Ein weiteres Schicksal der Corona-Epidemie? Wird den Opfern der Seuche endlich ein Gesicht gegeben?
Nein, die Trauer des Reiters Matthias Rath gilt einem Tier, einem Dressurpferd: Totilas. Der Hengst war eine echte Pferde-Celebrity, der Boris Becker unter den Gäulen. Einst hatte er mehrere Weltrekorde und drei WM-Goldmedaillen eingetänzelt und als erstes Pferd bei einer Grand-Prix-Kür über 90 Prozent eingefahren. „Ein Pferd als Popstar!“, wie die Bild zusammenfasst.
Mit ordentlicher Popstar-Geschichte: Nach dem Hype geriet er ins Straucheln, wechselte noch für die Rekordsumme von zehn Millionen Euro den Besitzer, aber es gelang ihm kein großer Sieg mehr. Es folgten Verletzungen, Krankheiten, gescheiterte Comeback-Versuche.
Statt mit sportlichen Erfolgen machte Totilas dann mit Frauengeschichten von sich reden: Das einst umjubelte Dressurpferd wurde zum Deckhengst. Über tausend Fohlen sollen auf ihn zurückgehen, für 2.500 Euro pro Akt – „nach Bild-Informationen“.
Am Ende steht Totilas sinnbildlich für die Sehnsucht nach strahlenden Berühmtheiten, Glitzer und Klatschgeschichten, aber auch für knallharte wirtschaftliche Interessen hinter den Kulissen des Leistungssports, von Tierausbeutung ganz zu schweigen.
Im Grunde wäre es konsequent, den „Wunderhengst“ (Spiegel) nun als Pferdewurst enden zu lassen. Das aber würde sicher als pietätlos zurückgewiesen. Vermutlich aber nur, weil Fleisch einfach viel zu billig ist.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!