Donald Trumps Steuerreform: Weniger für Arme, mehr für Reiche

Die Reform des US-Präsidenten bringt Umverteilung von unten nach oben. Liberale wie konservative Experten sind skeptisch.

Menschen stehen beieinander, manche schreien und haben die Faust nach oben gestreckt

Demonstration in New York gegen Trumps Steuerreform Foto: reuters

BERLIN taz | Wie teuer wird die Steuerreform von Donald Trump? Sie soll vor allem Unternehmen und Reiche massiv erleichtern. Der US-Senat stimmte dem Vorhaben bereits zu, fügte aber noch zahlreiche Änderungen ein – nun müssen sich beide Häuser des Kongresses nochmals abstimmen.

Die Kosten sind allerdings völlig unklar. Das „Joint Committee on Taxation“ des US-Kongresses ermittelt einen Steuerverlust von rund einer Billion Dollar, der bis zum Jahr 2027 aufläuft. Doch es gibt auch Studien, die ein Steuerloch von mindestens 2,6 Billionen Dollar erwarten.

Die Kostenschätzung ist so schwierig, weil das Steuergesetz durch den Kongress gepeitscht wurde, ohne dass es die üblichen Expertenanhörungen gegeben hätte. Zudem wurden völlig neue Schlupflöcher aufgerissen. Nobelpreisträger Paul Krugman twitterte spaßhaft: „Ich könnte demnächst als Krugmanomics Inc. firmieren.“

Das neue Gesetz senkt nämlich nicht nur den Steuersatz für Unternehmen von 35 auf 20 Prozent – zugleich wird es auch ganz einfach, sich als Firma zu registrieren. Ein Kreuz auf einem Formular genügt.

Ein Geist hat unterzeichnet

Für reiche Privatpersonen wie Manager, Anwälte oder Ärzte wäre es daher attraktiv, sich zum Schein in ein Unternehmen umzuwandeln, warnt der neutrale Thinktank Brookings. Denn der Spitzensteuersatz auf individuelles Einkommen ist weit höher als bei den Firmen und kann bis zu 42,3 Prozent betragen.

Doch nicht nur die Kosten der Steuerreform sind unklar – genauso nebulös sind die wirtschaftlichen Folgen der Steuerreform. Das „Joint Committee on Taxation“ prognostiziert ein zusätzliches Wachstum von 0,8 Prozent bis 2027 – also fast Nichts.

US-Präsident Donald Trump ist hingegen weit optimistischer: Per Tweet verkündete er, dass ein Zusatzplus von „drei bis fünf Prozent“ durch seine Steuerreform entstehen würde.

Diese stolze Zahl hat er aus einem Brief, den angeblich 137 „angesehene“ Ökonomen unterschrieben hätten. Inzwischen hat sich das unabhängige Medienportal Intercept die Unterzeichner genauer angesehen: Es sind viele Lobbyisten darunter – und eine Person existiert wahrscheinlich gar nicht, sondern wurde frei hinzuerfunden. „Ein Geist“, resümiert Intercept.

„Die Mittelschicht wird betrogen“

Der Brief wurde von der konservativen Lobbygruppe RATE Coalition initiiert, die sich für die Steuerreform stark macht. Offenbar hatte RATE Probleme, seriöse Ökonomen zu finden. Denn die meisten Volkswirte lehnen Trumps Steuerreform ab. Eine Umfrage unter 38 berühmten Ökonomen ergab, dass nur ein Einziger glaubte, dass die Steuerreform zu Wachstum führt. Dabei spielte die theoretische Ausrichtung keine Rolle: Liberale und konservative Professoren waren sich in ihrer negativen Einschätzung einig.

Möglicherweise wirkt sich die Reform sogar schlecht auf das Wachstum aus. Wegen des tiefen Lochs im US-Haushalt könnten die Republikaner versucht sein, schnell weitere Kürzungen vorzunehmen – etwa bei Sozialausgaben, Essensmarken für die Ärmsten oder den Zuschüssen für die Gesundheitsvorsorge. Der linksliberale Washingtoner Thinktank Center for Economic and Policy Research mahnt, dass dadurch die Nachfrage sinken könnte, was die Wirtschaft belastet: Hilfen im sozialen Bereich kommen in der Regel direkt dem Konsum zugute. Auch Einkommensschwache kaufen eher statt zu sparen oder gar – wie Reiche – das Geld an die ohnehin aufgeblähten Finanzmärkte zu tragen.

Das ebenfalls linksliberale Washingtoner Institute for Policy Studies hat 92 börsennotierte US-Großunternehmen untersucht, die ohnehin bereits weniger als 20 Prozent Unternehmensteuern zahlen, weil sie Steuerschlupflöcher ausnutzen. Dazu zählen etwa 21st Century Fox, IBM oder ExxonMobil, AT&T oder die Großbank JPMor­gan Chase. Das Ergebnis zeigt: Unternehmen schufen keine Arbeitsplätze, sie bauten trotz teils exorbitanter Gewinne sogar im Schnitt Jobs ab. Dafür stiegen die Vorstandsgehälter und die Dividenden für die Aktionäre. „Die Mittelschicht wird betrogen“, lautet das Fazit der Autoren.

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