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Disney+ führt Triggerhinweise einNur ein müder Kompromiss

Der Streamingdienst Disney+ versieht Cartoon-Klassiker mit Warnhinweisen für rassistische Stereotype. Doch reicht das für eine angemessene Aufklärung?

Enthält rassistische Stereotpye: Zeichentrickfilm „Das Dschungelbuch“ von 1967 Foto: Mary Evans/imago

„Glücklich bis ans Ende ihrer Tage ist etwas, das nicht einfach geschieht. Es braucht Einsatz.“ Oh ja, das klingt nach vertrautem Pathos. Nach märchenhaftem Happy End. Oder auch: nach Disney. Und tatsächlich findet sich dieser Zweizeiler seit einiger Zeit auf der Website des Konzerns.

Dieser „Einsatz“ ist für Nut­ze­r:in­nen von Disney+ nun spürbar. Seit Ende Januar sind dort Filme wie „Das Dschungelbuch“, „Aristocats“, „Peter Pan“ oder „Dumbo“ nicht mehr im Kinderprogramm gelistet. Verfügbar sind sie aber für Erwachsene und versehen mit einem Warnhinweis zu Beginn der Filme: „Dieses Programm enthält negative Darstellungen und/oder Misshandlungen von Völkern oder Kulturen. Diese Stereotype waren damals falsch und sind heute falsch.“

Auf seiner Website erklärt Disney, warum die Szenen rassistisch sind. In „Dumbo“ sieht man gesichtslose schwarze Arbeiter ein Zirkuszelt aufbauen. „Wenn andere ins Bett gehen, schuften wir uns ab, bis wir sterben“, singen sie. Dennoch seien sie „Hilfsarbeiter mit glücklichen Herzen“. Eine zynische Verharmlosung von Sklavenarbeit.

Dass der Konzern solche Szenen nicht entfernt, begründet Disney damit, auf die „schädliche Wirkung“ solcher Stereotype, Vorurteile und Rassismen hinweisen und eine Diskussion anstoßen zu wollen. Disney lässt also alles beim Alten – und warnt lieber. Aber reicht das?

Auf Eltern abgewälzt

Man kann diesen Weg als müden Kompromiss werten. Als einen Kompromiss zwischen der Fraktion, die „Cancel Culture“ schreit und der, die zurecht rassistische Inhalte verurteilt. Müde ist das alles, weil es sich Disney damit zu einfach macht. Die Zielgruppe der Cartoons, also Kinder, wird mit Hinweisen sicher nicht erreicht. Die Verantwortung aufzuklären, überträgt Disney damit auf die Eltern – und ist selbst fein raus.

Wie man es besser machen kann, zeigte der Streamingdienst HBO Max. Im Juni 2020 entfernte der den Klassiker „Vom Winde verweht“ aus seinem Angebot, da dort rassistische Stereotype dargestellt werden.

Kurze Zeit später wurde der Film neu veröffentlicht, mit einem einordnenden Hinweis sowie Begleitvideo. Übrigens: Weiterhin ohne Warnhinweise bleiben Disney-Filme, die sexistische Darstellungen enthalten. Aber gut, vielleicht braucht es dafür auch einfach nochmal zehn Jahre.

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27 Kommentare

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  • Nein, das reicht natürlich nicht. Erwachsene Menschen, besonders Eltern, benötigen generell mehr als Erklärungen, Denkanstöße und Hinweise auf zeitgeschichtlich bedingt problematische Darstellungen.



    Sie sind nur sehr selten in der Lage selbständig komplexe Inhalte, Informationen und Argumente zu erkennen, zu verstehen und ihren Kindern zu vermitteln.



    Deshalb braucht es dringend mehr (am Besten staatlich kontrollierte) Prohibition und Indizierung von gesellschaftlich gefährlicher Kunst. Vor allem bei Kinderbuchklassikern.

    • @Deep South:

      Sorry, aber wenn Konzerne sich daran orientieren, ob Ihre Unterhaltungsbeiträge im heutigen Kontext noch mit Artikel 2 der AEMR von 1948 zu vereinbaren sind, kann ich darin nichts Verwerfliches erkennen. Hier nun einen Prohibitionspopanz aufzubauschen ist ja wohl reichlich übertrieben!

      • @Felix Meran:

        Es geht überhaupt nicht darum, was Konzerne machen, oder woran sie sich orientieren. Hier gehts schlicht darum, dass ich es einfach überheblich finde, zu glauben, Eltern wären ohne staatliche Regulierung, trotz Aufklärung, nicht in der Lage, ihren Kindern Klischees und Rassismus zu erklären.



        Und natürlich verlangt man ganz offen nach Zensur, wenn man kritisiert, "dass der Konzern solche Szenen nicht entfernt". Es geht also nicht um Aufklärung, sondern um Prohibition.

        • @Deep South:

          Der Konzern muss dem nicht nachkommen, er tut dies aus Einsicht! Selbstkorrektur aufgrund des geänderten gesamtgesellschaftlichen Kontextes und im Hiblick auf Artikel 2 AEMR von 1948. Verächtlich können Sie dies natürlich als Zensur bezeichnen, für mich ist dies eher ein einsichtiges Verhalten! Wie auch dieses Beispiel zeigt:

          taz.de/Diskriminie...reussler/!5076053/

          Oder dieses: "Ein weiteres gutes Beispiel ist „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ von Mark Twain. In den US-Schulen werde dieses Buch wegen der gehäuften Verwendung des N-Wortes nicht mehr gelesen"

          taz.de/Diskriminie...reussler/!5076053/

          Es macht durchaus Sinn sich über Sprache Gedanken zu machen, nicht alles muss ja umgesetzt werden! Doch Anpassungen gänzlich zu negieren oder nur Warhinweise zu akzeptieren, halte ich ebenso für falsch!

  • "Die Verantwortung aufzuklären, überträgt Disney damit auf die Eltern – und ist selbst fein raus." - Und darüber kann man eigentlich froh sein, denn Erziehung obliegt den Eltern und nicht Konzernen. Wie man das negativ auslegen kann, ist mir ein Rätsel.

    • @unbedeutend:

      Über Menschenrechte (Artikel 2 der AEMR von 1948) aufzuklären obliegt nicht allein den Eltern, sondern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

  • Lass es, so wie es ist - und es dient jedem als Beweis, was früher so für empathieloser Schwachsinn verbrochen wurde. Zeitdokumentation.

    • @Bunte Kuh:

      HaHa, warum so empathielos gegenüber der Geschichte? Auch wenn damals manches falsch gezeichnet/überzeichnet wurde: SO gehässig wie gewisse Leute heute, war man damals nicht..😁

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Bunte Kuh:

      Was ist am Dschungelbuch empathielos?

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Das ist ne Verwechslung. Die 🐄 meint



        1928 by Ludwig 🦌



        m.youtube.com/watch?v=nMFkqsBfK8Y

        • 4G
          4813 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Vastehe

  • Als ich im Alter von zehn Jahren das Dschungelbuch von Uroma(B.n.o.) nach Besuch in Köln in Empfang (gelesen ) genommen habe, bleibt det! gefälligst so!!

  • Ich gebe Disney hier recht. Man kann jetzt darauf achten und Dinge anders machen. Aber nachträglich etwas an Filmen oder Bücher zu ändern, mag es noch so gut gemeint sein, hinterlässt bei mir ein sehr unangenehmes Gefühl.

    • @Nobodys Hero:

      Klaro - Gall-Seife - ist ja auch nicht für den Verzehr geeignet! Newahr.



      Normal jedenfalls nich - wa!

  • Der Film "Das Dschungelbuch" ist ein Klassiker und Filmkunst. Soll man den jetzt verbieten, weil er rassistsiche Stereotype enthält? Dann kann man quasi alle Filme vor 2010 verbieten.



    Irgendwann isses aber auch gut.

    • @Sandra Becker:

      Bei HBO gibt es scheinbar noch ein Begleitvideo zu dem Film. Das schaut sich wahrscheinlich kaum einer an, ebenso wie den Film, aber es ist allen Ansprüchen damit genüge getan.

  • "... Wie man es besser machen kann, zeigte der Streamingdienst HBO ..."

    Ich habe den Artikel mehrmals gelesen, aber ich verstehe einfach nicht was HBO anders als Disney macht. Was soll der Unterschied zwischen einer "Triggerwarnung" und einem "einordnenden Hinweis" sein?

    (ernstgemeinte Frage)

    • @messju:

      Ohne den Film gesehen zu haben, gebe ich eine Vermutung ab:

      Vom Winde verweht wurde neu geschnitten, der Warnhinweis erhält eine Erklärung falls jemand die alte, rassistische Fassung sich ansieht, und das Begleitvideo ist dies nochmal visualisiert und gleichzeitig eine Verantwortungsübernahme, zu der sich Disney bislang geweigert hat.

    • @messju:

      Ging mir auch so.

      Und

      GG Art. 6 Absatz 2 Satz 1

      Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.

      Na da schau an.

      Habe in dieser Zeitung heute schon von einem "Walroß" gelesen dem die Kindererziehung zu viel wird, jetzt die nächste. Vielleicht sollte sich das Jugendamt mal mit dem Problem befassen?

  • Jedes Kulturprodukt ist auch ein Spiegel seiner Zeit. Soviel sollte klar sein.

    Wer demnach die Produkte vergangener Zeiten nicht erträgt, sollte sich entweder mehr mit dieser Zeit befassen oder es ganz bleiben lassen.

    Kulturelle Erzeugnisse der Vergangenheit zu verändern ist Geschichtsklitterung, um nicht das schlimme Wort der Zensur zu bemühen.

  • Nischt for unjut - wa! Jehts denn noch?!

    Als Nächstes - den ganzen Laden von Mark Twain (schon der Name!!;)



    Abräumen - Tom & Huck - vorweg! - 😱 -

    kurz - Wünsche alles Schlechte bei Verrichtung.



    Wie sehr muß frauman Sprache hassen!



    Um so damit umzuspringen.

    unterm—— “Mannche Mannche timpete“ —- Volkers 👄 -



    Un tonn Schluß sittse wedder in ehrn ollen Pißpott! - 😂 -



    (entre nous - Mark Twain => „Marke zwei“ => zwei Faden => Na? Get it?! Fein.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Können Sie sich in ganzen und verständlichen Sätzen ausdrücken?

      • @17900 (Profil gelöscht):

        Ich ignoriere die Schreib-Diarrhoea meistens. Man kann auch so den Beiträgen folgen. ;))

      • @17900 (Profil gelöscht):

        Schonn. Hier aber völlig überbewertet.

        • @Lowandorder:

          Haben Sie eigentlich mal an Nichtmuttersprachler wie meine Frau, Legastheniker usw. gedacht für die genau diese Regeln wichtig für ein Textberständnis sind? Sie exkludieren hier alle Diskutanten die nicht Ihrer Sozialisation entsprechen. Vielleicht geht auch weniger Eitelkeit und etwas mehr inhaltliche Substanz?

          • @Šarru-kīnu:

            Wenn man was nicht kapiert, hilft höflich nachfragen meist mehr als rumpampen. Seine Frau vorschieben und vermeintlich minderbefähigte instrumentalisieren, macht die Sache nicht eleganter.