Disney+ führt Triggerhinweise ein: Nur ein müder Kompromiss
Der Streamingdienst Disney+ versieht Cartoon-Klassiker mit Warnhinweisen für rassistische Stereotype. Doch reicht das für eine angemessene Aufklärung?

„Glücklich bis ans Ende ihrer Tage ist etwas, das nicht einfach geschieht. Es braucht Einsatz.“ Oh ja, das klingt nach vertrautem Pathos. Nach märchenhaftem Happy End. Oder auch: nach Disney. Und tatsächlich findet sich dieser Zweizeiler seit einiger Zeit auf der Website des Konzerns.
Dieser „Einsatz“ ist für Nutzer:innen von Disney+ nun spürbar. Seit Ende Januar sind dort Filme wie „Das Dschungelbuch“, „Aristocats“, „Peter Pan“ oder „Dumbo“ nicht mehr im Kinderprogramm gelistet. Verfügbar sind sie aber für Erwachsene und versehen mit einem Warnhinweis zu Beginn der Filme: „Dieses Programm enthält negative Darstellungen und/oder Misshandlungen von Völkern oder Kulturen. Diese Stereotype waren damals falsch und sind heute falsch.“
Auf seiner Website erklärt Disney, warum die Szenen rassistisch sind. In „Dumbo“ sieht man gesichtslose schwarze Arbeiter ein Zirkuszelt aufbauen. „Wenn andere ins Bett gehen, schuften wir uns ab, bis wir sterben“, singen sie. Dennoch seien sie „Hilfsarbeiter mit glücklichen Herzen“. Eine zynische Verharmlosung von Sklavenarbeit.
Dass der Konzern solche Szenen nicht entfernt, begründet Disney damit, auf die „schädliche Wirkung“ solcher Stereotype, Vorurteile und Rassismen hinweisen und eine Diskussion anstoßen zu wollen. Disney lässt also alles beim Alten – und warnt lieber. Aber reicht das?
Auf Eltern abgewälzt
Man kann diesen Weg als müden Kompromiss werten. Als einen Kompromiss zwischen der Fraktion, die „Cancel Culture“ schreit und der, die zurecht rassistische Inhalte verurteilt. Müde ist das alles, weil es sich Disney damit zu einfach macht. Die Zielgruppe der Cartoons, also Kinder, wird mit Hinweisen sicher nicht erreicht. Die Verantwortung aufzuklären, überträgt Disney damit auf die Eltern – und ist selbst fein raus.
Wie man es besser machen kann, zeigte der Streamingdienst HBO Max. Im Juni 2020 entfernte der den Klassiker „Vom Winde verweht“ aus seinem Angebot, da dort rassistische Stereotype dargestellt werden.
Kurze Zeit später wurde der Film neu veröffentlicht, mit einem einordnenden Hinweis sowie Begleitvideo. Übrigens: Weiterhin ohne Warnhinweise bleiben Disney-Filme, die sexistische Darstellungen enthalten. Aber gut, vielleicht braucht es dafür auch einfach nochmal zehn Jahre.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau