Kinderserie für alle auf Netflix: Fairy Feminism
„Hilda“ erzählt eine feministische Saga von Freundschaft, auch für Erwachsene. Solche Geschichten helfen, sich eine bessere Welt vorzustellen.
„Hilda“ ist eine unkonventionelle Kinderserie, eigentlich eine Serie für Erwachsene oder Menschen, die in ihren 20ern das Winx-Intro in der S-Bahn hören, noch immer glitzerne Sticker sammeln und Schmetterlingsnudeln essen. Also an Alle, die noch immer ihr inneres Kind betrauern: this one is for you. Hilda und ihre Freund*innen erfüllen nämlich eine healthy Version von dem „I´m not like other girls“ Trope.
Denn statt sich an Regeln zu halten, stürzt sich Hilda, ein junges Mädchen mit langen blaugefärbten Haaren, mit ihren Freund*innen in eine Welt voller Abenteuer, Begegnungen mit mystischen Kreaturen und gefährlicher Herausforderungen.
Egal, ob das Trio eine Trollinvasion verhindern muss oder das Geheimnis eines sprechenden Raben aufdeckt, sie halten zusammen und wollen vor allem eins: Harmonie und Verständnis zwischen Menschen und nicht menschlichen Wesen herstellen.
Im Gegensatz zu „Game of Thrones“, „Grimm“, aber auch „Herr der Ringe“ wird nicht um etwas oder jemanden gekämpft, kein Ort erobert oder um Macht gerungen. Nein, „Hilda“ ersetzt die altbekannte Heldensaga durch eine Erzählung, in der Freundschaft und Verständnis im Vordergrund stehen.
Triefende einäugige Pilze
Die animierte Netflix-Serie geht nun schon in die dritte Staffel und eröffnet uns eine Welt, in der Feen nicht unbedingt klein und niedlich aussehen, sondern wie triefende einäugige Pilze. Und gleichzeitig gruselig aussehende Seemonster friedliebender sind, als auf den ersten Blick zu erwarten wäre.
Im Vordergrund steht dieses Mal Hildas Mutter, eine alleinerziehende Frau, die ihre rastlose Tochter bei den wildesten Reisen begleitet, auch wenn das oft lebensgefährliche Folgen für sie haben kann.
Hildas Welt ist fiktional, aber wirbelt altbekannte Narrative auf, um uns eine feministische Saga von Freund*innenschaft und starken Müttern näherzubringen, um uns von der Angst vor dem Anderem und Heldentum auf neue, nicht patriachale, Art und Weise zu erzählen. Imaginierte Geschichten, wie diese sind nicht nur notwendig, sondern revolutionär. Denn es braucht unsere Fantasie, um erst eine Welt, jenseits von gewaltsamen Rollenbildern, wie die von zurückhaltenden, verängstigten Mädchen und starken Männern, vorstellbar zu machen. Es braucht Held*innen wie Hilda und ihre Friends, neben Disney Prinzessinnen und schlechten RomComs, die uns dazu bringen selbst in die Wälder zu gehen, mit Fremden zu sprechen und schlicht und einfach Sachen zu tun, die man(n) nicht von uns erwarten würde.
Leser*innenkommentare
Sebomark
Ein bisschen lustig, wie schnell eine feministische Fernsehserie dann doch wieder einfach nur Klischees reproduziert. Die weibliche Heldin, die Konflikte mit Diplomatie und Harmonie löst, ist letztlich auch nur ein sexistisches Klischee. Es erzählt, dass man sich im Zweifel nicht (auch gewaltsam) wehren soll. Dabei ist es aber eben ein sowohl als auch: Sich gegen den Faschismus gewaltsam zur Wehr zu setzen ist –wie man im Ukraine-Krieg jetzt sieht –eben genauso notwendig, wie das Streben nach Harmonie und Ausgleich. Und es steht Held*innen eben beides zu und beides wird von einer feministischen Gesellschaft benötigt.
Was ich begrüße: Die Heldenverehrung und das Denken in Hierarchien abzuschaffen. Eine Gesellschaft ohne große Heldennarrative und Hierarchien. Die "Ära der gewöhnlichen Menschen" einzuläuten – mit all ihren Fehlern und Schwächen, aber eben auch mit dem Wissen, dass jeder den Mut haben darf an Entscheidungs- und Handlungsprozessen dieser Gesellschaft beteiligt zu sein. Das wiederum vermisse ich hier aber schmerzlich. Dabei ist das für unsere Demokratie und den Feminismus wichtiger.