Diskussion um Kinderehen in Deutschland: Bald Geldstrafe für Imame?
Innenminister De Maizière ist für eine Geldstrafe, die Union für strengere Gesetze. Justizminister Maas will das Kindeswohl stärken.
Anfang September berief das Bundesjustizministerium die AG ein. Sie soll die Anhebung des Eheeintrittsalters auf 18 Jahre prüfen und die Anerkennung von im Ausland geschlossenen Kinderehen regeln. Auslöser war unter anderem ein Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg im vergangenen Mai.
Ein 22-jähriger Syrer und seine 15-jährige Partnerin hatten auf Anerkennung ihrer Ehe geklagt. Das Jugendamt hatte dies verweigert. Das OLG aber gab dem Paar recht. Die Ehe sei anzuerkennen, „wenn die Ehegatten der sunnitischen Glaubensrichtung angehören und die Ehe bereits vollzogen ist“, heißt es in dem Beschluss. In Syrien ist es erlaubt, Mädchen oder Jungen unter 16 Jahren zu verheiraten.
Bisher galt in Deutschland: Nur wenn die Ehe aus Zwang geschlossen wurde, konnte sie aufgehoben werden. Das soll sich nach Informationen des Spiegels nun ändern. Das Magazin beruft sich auf einen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums. Künftig solle das Kindeswohl zählen. Wenn das gefährdet sei, könne ein Gesetz die Ehe aufheben. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte gegenüber der taz: Einen solchen Gesetzentwurf gebe es nicht, die Informationen seien außerdem veraltet. Es gebe nur ein Arbeitspapier. Der Entwurf soll bis spätestens Ende des Jahres vorliegen.
Meist sind es die Frauen, die minderjährig sind
Die CDU/CSU-Fraktion möchte den Entwurf bereits Mitte November. Sie drängt auf eine Verschärfung des aktuellen Rechts. „Ehen mit unter 18-Jährigen darf es in Deutschland nicht geben“, erklärte Stephan Harbarth, Fraktionsvize der Union im Bund.
Bisher sind Ehen zwischen Männern und Frauen in Ausnahmefällen bereits ab 16 Jahren erlaubt, auch in Deutschland. Voraussetzungen sind, das einE PartnerIn bereits volljährig ist und das Einverständnis der Erziehungsberechtigten vorliegt. Meist sind es die Frauen, die minderjährig sind.
Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes fordert, dass eine Ehe erst ab 18 Jahren geschlossen werden können soll. „Bei Mädchen, die verheiratet nach Deutschland kommen und minderjährig sind, sollte die Ehe nicht anerkannt werden“, sagt Monika Michell, Referentin bei Terre des Femmes, „unabhängig davon muss im Einzelfall entschieden werden, wo die Minderjährige untergebracht wird, also ob sie beim ,Ehemann'bleiben kann.“
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hingegen befürchtet negative Folgen für Frauen, wenn die Ehen allesamt als nichtig erklärt würden. Frauen würden Unterhaltsansprüche verlieren, Kinder würden als illegitim angesehen. Viele Mädchen heirateten vor der Flucht, um sich so besser vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Das Institut empfiehlt, jeden Einzelfall zu prüfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge