Diskriminierung bei Bremer Feuerwehr: Beschwerdestelle fehlt
Nach den schweren Rassismus- und Sexismusvorwürfen werden strukturelle Probleme bei der Bremer Feuerwehr vermutet.
Am Dienstag war das Haus eines Feuerwehrmannes durchsucht worden, der vor allem im Jahr 2015 in einer Chatgruppe mit anderen Männern Nazisymbole und -parolen verbreitet hatte. Gegen ihn wird ermittelt. Auch von einem sexistischen und fremdenfeindlichen Mobbingfall auf einer anderen Wache aus diesem Jahr hatten drei Zeug*innen Radio Bremen, dem NDR und der Süddeutschen Zeitung sowie der Bremer Innenbehörde Anfang Oktober berichtet.
„Institutionelles Versagen“
Die Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm wirft der Feuerwehr „institutionelles Versagen“ vor. Sie fordert, genau wie der Rat für Integration und Teile der Bremer Politik, eine schnelle Einrichtung einer innerbetrieblichen Beschwerdestelle nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Auch eine unabhängige Anlaufstelle wird vielfach gefordert, unter anderem von der Linksfraktion.
Denn eine auf Diskriminierung ausgerichtete und bei der Feuerwehr angesiedelte Beschwerdestelle gibt es nicht. Karl-Heinz Knorr, bis September Leiter der Bremer Feuerwehr, verwies am Dienstag stattdessen auf die anderen Beratungsstellen in der Stadt. Und in der Feuerwehr gebe es Frauenbeauftragte und Personalvertretung.
Das reiche nicht, sagt Michael Mindermann. Er arbeitet bei der Bremer Beratungsstelle „Antidiskriminierung in der Arbeitswelt“. Das Mindeste sei eine innerbetriebliche Beschwerdestelle, die laut Gesetz auch jedes Unternehmen haben muss. Nur leider gebe es für Betriebe ohne so eine Stelle – wie die Bremer Feuerwehr – keine Sanktionen.
Dass sich die drei Zeug*innen erst jetzt gemeldet haben, wundert Mindermann nicht: „Diskriminierung ist immer noch ein Tabuthema.“ Wenn es keine entsprechende Konfliktkultur gibt, gebe es für Betroffene keine Möglichkeit, Probleme anzusprechen. Und wenn sie es doch versuchen, seien es am Ende oft sie selbst, die den Arbeitsplatz verlassen.
Laut der Zeug*innen habe es Beschwerden gegeben. Sie sagen auch: Vorgesetzte hätten Bescheid gewusst, nicht reagiert und teilweise sogar mitgemacht.
Die von der Innenbehörde eingesetzte Sonderermittlerin Karen Buse beschäftigt sich nun mit den Vorwürfen. Wenn Zeug*innen vernommen wurden, könne man anfangen, ein Gefühl dafür zu entwickeln, „ob wir von einer Kultur des Mobbings, einer Kultur des Rechtsextremismus und der Ausländerfeindlichkeit ausgehen müssen“, sagte Buse am Dienstag. Wenn sich das bestätigen sollte, brauche es Unterstützung aus Bereichen, die „ähnlich hierarchisch organisiert sind und stark von Kameradschaft leben“ – die Polizei, zum Beispiel.
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