Rassismus bei der Bremer Feuerwehr: Das Problem ist strukturell
Auch nach der Veröffentlichung des Berichts der Sonderermittlerin sieht die Behörde keine strukturellen Probleme. Das passt nicht zu den Fakten.

Vorbereitung ist alles. Nicht nur für den Einsatz, auch für innerbetriebliche Probleme Foto: Patrick Pleul/dpa
Die Sonderermittlerin Karen Buse beschreibt die Organisationskultur der Bremer Feuerwehr als männlich, hierarchisch, traditionsverbunden und veränderungsresistent. In ihrem Bericht schlussfolgert sie, dass dies die Integration von „Personenkreisen mit abweichenden Merkmalen – Frauen, Migranten, Homosexuellen – erschwert“. Rein informell natürlich, formal seien diese Gruppen gleichberechtigt.
„Die Feuerwehr Bremen ist nicht strukturell rassistisch, rechtsextremistisch oder sexistisch“, steht in einem Dokument des Bremer Innensenators von Anfang Juni, in dem es um eben jenen Bericht, die Ermittlungen rund um den Skandal und anstehende Reformen in der Feuerwehr geht. Von „ernsthaften Verfehlungen“ ist die Rede. Aber strukturell laufe nichts falsch.
Passt diese Aussage zu den vorliegenden Erkenntnissen? Überhaupt nicht. Die logische Schlussfolgerung wäre gewesen: Ja, die Feuerwehr ist strukturell rassistisch und sexistisch. Das heißt nicht, dass ausnahmslos jede*r Mitarbeitende rassistisch und sexistisch ist, wie die Linke schon treffend feststellt. Die Gewerkschaften dagegen unterliegen in ihrer Stellungnahme dem Fehlschluss, dass eine rassistische Struktur einer Institution zu einem Generalverdacht gegen jedes Mitglied führen muss.
Strukturell rassistisch bedeutet, dass das System so gestrickt ist, dass es die genannten Gruppen diskriminiert. Dass es Routinen gibt, unter denen sie leiden. Dass diese systeminhärenten Gewohnheiten informell sind, ändert an ihrer Existenz nichts.
Manche sorgen sich, dass Rassismus verharmlost werde, wenn immer mehr Vorfälle unter den Begriff fallen. Oder dass Einzelne von einer Schuld freigesprochen würden, wenn doch die Institution schuld ist. Darüber kann gestritten werden. Aber in diesem Fall scheint der Begriff „struktureller Rassismus“ gemacht für die Situation bei der Bremer Feuerwehr. Diesen zuzugeben, verharmlost ihn nicht, es benennt ihn. Und dem Innensenator wäre kein Zacken aus der Krone gebrochen, das zu tun. Im Gegenteil: Vor dem Hintergrund ist die Aussage nicht nur falsch, sie wirkt geradezu trotzig.
Rassismus bei der Bremer Feuerwehr: Das Problem ist strukturell
Auch nach der Veröffentlichung des Berichts der Sonderermittlerin sieht die Behörde keine strukturellen Probleme. Das passt nicht zu den Fakten.
Vorbereitung ist alles. Nicht nur für den Einsatz, auch für innerbetriebliche Probleme Foto: Patrick Pleul/dpa
Die Sonderermittlerin Karen Buse beschreibt die Organisationskultur der Bremer Feuerwehr als männlich, hierarchisch, traditionsverbunden und veränderungsresistent. In ihrem Bericht schlussfolgert sie, dass dies die Integration von „Personenkreisen mit abweichenden Merkmalen – Frauen, Migranten, Homosexuellen – erschwert“. Rein informell natürlich, formal seien diese Gruppen gleichberechtigt.
„Die Feuerwehr Bremen ist nicht strukturell rassistisch, rechtsextremistisch oder sexistisch“, steht in einem Dokument des Bremer Innensenators von Anfang Juni, in dem es um eben jenen Bericht, die Ermittlungen rund um den Skandal und anstehende Reformen in der Feuerwehr geht. Von „ernsthaften Verfehlungen“ ist die Rede. Aber strukturell laufe nichts falsch.
Passt diese Aussage zu den vorliegenden Erkenntnissen? Überhaupt nicht. Die logische Schlussfolgerung wäre gewesen: Ja, die Feuerwehr ist strukturell rassistisch und sexistisch. Das heißt nicht, dass ausnahmslos jede*r Mitarbeitende rassistisch und sexistisch ist, wie die Linke schon treffend feststellt. Die Gewerkschaften dagegen unterliegen in ihrer Stellungnahme dem Fehlschluss, dass eine rassistische Struktur einer Institution zu einem Generalverdacht gegen jedes Mitglied führen muss.
Strukturell rassistisch bedeutet, dass das System so gestrickt ist, dass es die genannten Gruppen diskriminiert. Dass es Routinen gibt, unter denen sie leiden. Dass diese systeminhärenten Gewohnheiten informell sind, ändert an ihrer Existenz nichts.
Manche sorgen sich, dass Rassismus verharmlost werde, wenn immer mehr Vorfälle unter den Begriff fallen. Oder dass Einzelne von einer Schuld freigesprochen würden, wenn doch die Institution schuld ist. Darüber kann gestritten werden. Aber in diesem Fall scheint der Begriff „struktureller Rassismus“ gemacht für die Situation bei der Bremer Feuerwehr. Diesen zuzugeben, verharmlost ihn nicht, es benennt ihn. Und dem Innensenator wäre kein Zacken aus der Krone gebrochen, das zu tun. Im Gegenteil: Vor dem Hintergrund ist die Aussage nicht nur falsch, sie wirkt geradezu trotzig.
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Kommentar von
Alina Götz
Redakteurin taz.nord
Jahrgang 1992. Seit Juli 2021 Redakteurin und Chefin vom Dienst bei der taz Nord in Bremen, von 2019 bis 2021 Volontärin. Schreibt unter anderem gerne über Klima, Protest, Parlamentsgeschehen, Justiz, Verkehrswende, Feminismus und Sport. Vorher M.A. Komplexes Entscheiden und B.A. Politikwissenschaft an der Uni Bremen.
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