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Digitalstrategie der BundesregierungGehemmte Intelligenz

Mit drei Milliarden Euro glaubt die Bundesregierung zur digitalen Spitze aufschließen zu können. Hat sie die Bedeutung von KI verstanden?

Bei der rasanten Entwicklung im „Neuland“ kann man schon mal den Überblick verlieren Foto: dpa

Berlin taz | Eine „Agentur für Sprunginnovationen“, ein „Observatorium für künstliche Intelligenz“ und dazu gleich 100 neue Professorenstellen – das ist die Digitalstrategie der Bundesregierung. Die Minister wollen „Erforschung, Entwicklung und Anwendung von künstlicher Intelligenz in Deutschland auf ein weltweit führendes Niveau bringen“, wie sie am Donnerstagnachmittag nach einem Treffen in Potsdam gelobten.

Doch Fachleute und Opposition zweifeln daran, ob die Beschlüsse ausreichen, um Deutschland einen technischen Spitzenplatz im internationalen Wettbewerb zu sichern. Zu zaghaft, zu kurz gedacht und zu wenig konkret kommt die Absichtserklärungen herüber.

Vieles ist zudem längst beschlossen und wird nun bloß als neu verkauft. Dazu gehört die genannte Agentur für Sprunginnovationen, die organisieren soll, wie die Praxisanwendung guter Ideen gefördert werden soll – das Kabinett hat bereits im August bereits grünes Licht dafür gegeben.

500 Millionen im Jahr ist im Ländervergleich wenig

Die Hauptkritik betrifft jedoch die Finanzierung. Drei Milliarden Euro für die Förderung von künstlicher Intelligenz – das klingt erst einmal nach viel Geld. Doch aufs Jahr heruntergebrochen sind das nur 500 Millionen Euro. „Das entspricht bei weitem nicht der erkannten und formulierten Bedeutung von KI für Wachstum und Wohlstand“, sagt Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitcom. Andere Länder nehmen ein Vielfaches der Summe in die Hand.

China ist beispielsweise fest entschlossen, bis 2030 zur KI-Großmacht zu werden. Allein die Stadt Peking steckt nun drei Milliarden Euro in einen entsprechenden Gewerbepark. Im Ganzen sind Ausgaben in dreistelliger Milliardenhöhe geplant. Das Land will damit industriell und militärisch den Sprung an die Technik-Weltspitze schaffen.

Die neue deutsche Strategie klingt dagegen wie Stückwerk. Kritiker stören sich an der Grundhaltung: In der Sprache der Regierung klingt es so, als sei die künstliche Intelligenz einfach eine einzelne Erfindung, die die Wirtschaft nun fortentwickeln und vermarkten müsse – und nicht eine Basistechnik, die praktisch alle Produkte und die komplette Wirtschaftsweise durchdringen wird. „Die Gefahr liegt hier vor allem darin, die Technologie jetzt nicht mutig zu umarmen, sondern nur als Optimierungs-Tool für bestehende Geschäftsmodelle zu nutzen“, sagt Stephan Noller, Vizechef des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft. So fehlen Gesetzesinitiativen, um realen Anwendungen regulatorische Steine aus dem Weg zu räumen.

Die Opposition wittert in der Absichtserklärung von Potsdam vor allem den Versuch der Regierung, Kritiker kurzfristig ruhigzustellen. „Das KI-Papier ist keine Strategie, sondern ein Sammelsurium an Buzzwords“, sagt die Grünen-Abgeordnete Anna Christmann. Es fehle an einem Zeitplan und mutigen Schritten. „So wird KI made in Europa nur schwer umzusetzen sein.“

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5 Kommentare

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  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Also wo die Bundesregierung eine Digitalstrategie hat erschließt sich mir nicht. Das sind seit vielen Jahren politische Absichtserklärungen ohne praktische Auswirkungen. Und die sog. Fördergelder werden i. w. von Universitäten und der Großindustrie abgegriffen. Für den/die einzelnen BürgerIn bleibt da a) nichts hängen und b) bleibts auch folgenlos. Es scheitert schon am Breitbandausbau. Der wird zwar von der Regierung voran getrieben (mit Worten) aber von den einschlägigen Wirtschaftsunternehmen umgesetzt. Nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Da wird kein Dorf angeschlossen, wo sich hinterher der Datentraffic nicht lohnt. So einfach ist und bleibt das. Auch KI ist in der wirtschaftlich/technischen Ausprägung eigentlich nur etwas für die (Groß-)Industrie und große Händler (Internet) und Dienstleister. Private und Klein- und Mittelständische Unternehmen haben da - von Ausnahmen angesehen - nichts davon.



    Das kann man kaum als Strategie bezeichnen.

  • KI, Digitalisierung, Energiewende usw. Auf allen Gebieten hat Deutschland nichts mehr zu bieten. Ein bisschen Geld von oben drauf und fertig ist die Innovation. Was für ein fataler Irrweg. Bildung und Wohlstand für alle ist der Schlüssel.

  • In manchen Fällen könnte sich der intensive Einstieg in die KI-Technik lohnen. Immerhin läßt sich so die Intelligenz auf den Stand einer Stubenfliege aufpeppen, wodurch dann wieder die Unmenge politischer Fehlentscheidungen ein wenig reduziert werden kann.

  • Mit China kann man das aber nicht vergleichen. Die chinesische Regierung hat nicht vergessen, dass Grundlagenforschung extrem wichtig ist und gibt deswegen im Vergleich deutlich mehr aus, als die USA oder die anderen neoliberal geprägten Staaten. Und selbst unter denen hat Europa immer weniger getan, während die USA und Japan in den 70ern und 80ern reichlich Geld reingepumpt haben.



    Ein besserer Vergleich wäre Frankreich oder die Niederlande, die auch eher dazu neigen, Wissenschaftsfinanzierung zu kürzen.

  • Nur mal so ein Gedanke: Sollte sich die Bundesregierung womöglich erst einmal (von mir aus auch im Stilen und ganz unbeobachtet) fragen, ob sie nicht doch lieber auf die Bremse treten sollte, statt mit Chinas Machthabern um die Wette zu rasen? Ich meine: War Xi Jinping nicht gestern noch Kommunist und (Möchtegern-)Diktator? Ein böser Feind also, der die Weltherrschaft anstrebt und dafür über Leichen geht? Muss man als guter Demokrat und Mensch tatsächlich alles nachmachen, was dieser Mann vormacht?

    Schon klar: Dass wir unsere eigene natürliche Intelligenz bis heute nicht beherrschen, macht die Aussichert darauf, eine künstliche in die Hand zu bekommen, ausgesprochen verführerisch. Aber sSo lange wir noch gar nicht wissen, wohin wir uns führen lassen wollen/sollen/dürfen/können/müssen von der Künstlichen Inelligenz und ihren engagierten Vätern (und Müttern), geht mir die Entwicklung allemal schnell genug. Auch ohne 500 Millionen Euro jährlich und 100 Stellen, auf denen alte weiße Männer die Zukunft mit Mitteln zu gestalten versuchen, die sie in ihren besten Zeiten mal zu nutzen gelernt haben.

    Im Augenblick haben wir keine positiven Zukunftsvision. Wir haben nur Dystopien. Sollen wir uns wirklich beeilen, noch rechtzeitig zum Weltuntergang vollständig angekleidet und geschminkt mit allen anderen zusammen auf der Fußmatte zu stehen? Wenn ja, wieso?