Digitalisierungspläne der Union: Das Upgrade hängt
Mit einem 25-Punkte-Plan will die CDU die Digitalisierung in Deutschland retten. Oder besser, die vergangenen 16 Jahre wettmachen.
![Faxgerät steht in einem tristen Büro Faxgerät steht in einem tristen Büro](https://taz.de/picture/5085606/14/28369875-1.jpeg)
N etz im öffentlichen Nahverkehr? Muss man Glück haben. Verwaltung? In den Gesundheitsämter piepsen die Faxe. Und Unterricht via digitaler Lernplattformen? Ein Traum für die Schüler:innen, deren Lehrer:innen sich nicht persönlich um Soft- und Hardware kümmern. Funklöcher, Behördenapparate mit Umlaufmappen und Bildungsangebote, die sich an Papierkopien und Tafelkreide orientieren – so steht es um die Digitalisierung in Deutschland.
Ein Blick in Erhebungen zur Wettbewerbsfähigkeit in Sachen Digitalisierung reicht, um das Desaster zu zeigen. In einem aktuellen Bericht des European Center for Digital Competitiveness (ECDC) landet Deutschland auf dem vorletzten Platz, was Digifortschritte in Europa und Nordamerika angeht. Schlechter lief es nur in Albanien.
Auch unter den G7-Staaten schneidet die Bundesrepublik mies ab. Spitzenreiter ist Kanada, Schlusslicht Japan, auf den hinteren Plätzen Deutschland. Natürlich gab es zarte Versuche, diesen Zustand zu ändern. Zum Beispiel über Initiativen, Glasfasernetze auch in den ländlichen Raum zu legen. Oder bei Richtlinien zum autonomen Fahren, beim Digitalpakt für Schulen.
Einen flächendeckenden, einen echten gemeinschaftlichen Vorstoß zur Digitalisierung des Landes gab es in den Merkeljahren leider nicht. Kein Wunder, wenn die Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CUD) noch 2018 kolportierte: „5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig.“ Konkret ging es damals um die Auktion der 5G-Mobilfunkfrequenzen und die Auflagen für Unternehmen. Man könne sich ja noch ein wenig Zeit lassen, um in die Fläche zu gehen, hieß es weiter. Eine Einschätzung, die sinnbildlich für den Elan der Union bei der Digitalisierung steht.
Laschet greift an
Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) sieht sich nun als Prophet des Jahrhunderts der Datenströme und greift an. Sein Plan: ein Digitalteam, das 25 Punkte abarbeiten soll. Mit dabei sind die noch amtierende Digitalstaatsministerin im Kanzleramt, Dorothee Bär (CSU), Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus und seine Stellvertreterin Nadine Schön. An die öffentliche Verwaltung müsse man ran, Start-ups den Bürokratiewahn ersparen und natürlich überall Internet. „Alles, was digital werden kann, soll digital werden.“
Und nun? Kanzlerin Angela Merkel gibt wenigstens zu, dass in den vergangenen 16 Jahren das Internet eher Neuland war als ein Mittel für Teilhabe und moderne Kommunikation. Laschet spricht jetzt ein „Hausverbot für Faxgeräte“ in Ämtern aus – und holt ein altes Schreckgespenst aus dem Instrumentenbaukasten: den Datenschutz. Von Hemmnissen und Bürokratie ist die Rede, wenn seine Anforderungen übertrieben werden. Das bedeutet nichts anderes, als den Zugriff auf Daten für Unternehmen erleichtern zu wollen. Damit Privatsphäre und EU-weite Regeln gewahrt bleiben, gibt es als Beruhigungspille ein Gremium, das alle Belange ausloten soll.
Und ein echter Knaller aus dem Ideenfeuerwerk der CDU: Digitalisierung wird Chefsache, alle Kräfte sollen gebündelt werden und sogar ein Ministerium für digitale Innovation und Transformation wird es geben, sofern die CDU am Ruder ist. Kein schlechter Vorschlag. Im Prinzip. Genau das wurde in der derzeitigen Legislaturperiode versucht. Die Digitalisierung war im Kanzleramt angesiedelt, Dorothee Bär war die Beauftragte dazu. Mitgemischt haben Wirtschafts-, Innen-, und Verkehrsministerium. Dazu gab es jede Menge Digitalgipfel, Enquetekommissionen für künstliche Intelligenz, Papiere, um Bürokratie zu entschlacken.
Nach einem Digiturbo klingt der Unionsplan nicht. Eher nach einem Mini-Upgrade, an dem sich das System aufhängen wird.
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