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Die wichtigsten Fragen zum Teil-LockdownSchulen oder Kinos?

Am Montag beginnt der Teil-Lockdown. Warum Theater von der Schließung betroffen sind, Büroräume aber nicht – und wann der Impfstoff kommt.

Ungleichbehandlung? Viele Kulturschaffende wurden von den neuen Corona-Maßnahmen kalt erwischt Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Berlin taz | Der Ärger bei Veranstaltern und im Gastgewerbe darüber, dass sie ab 2. November für mindestens vier Wochen schließen müssen, ist groß. Die wichtigsten Fragen im Überblick:

Warum gibt es einen Teil-Lockdown?

Am Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut 14.177 neue Coronainfektionen. Alarmierend ist, dass sich zunehmend ältere Menschen anstecken, die ein erhöhtes Risiko haben, schwer zu erkranken und an Covid-19 zu sterben. Bereits jetzt müssen immer mehr Covid-19-PatientInnen auf Intensivstationen betreut werden. Am Samstag wurden dort 1.944 Covid-19-Opfer versorgt – mehr als doppelt so viele wie vor zwei Wochen: Damals zählte man 730 Covid-19-Kranke auf den ­Intensivstationen.

Deutschland hat zwar noch knapp 8.000 freie Intensivbetten. Aber sie können sich schnell füllen – und zudem besteht die Gefahr, dass sich PflegerInnen und ÄrztInnen anstecken, wenn immer mehr Infizierte eingeliefert werden. Fehlt es an Pflegepersona, müssen aber die Statio­nen schließen.

Stimmen zum Teil-Lockdown

Akzeptanz

Die Hälfte der Bevölkerung befürwortet nach einer Forsa-Erhebung für RTL und ntv die von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen gegen die Coronapandemie. 16 Prozent der 1.014 Befragten reichen sie noch nicht aus. Einem Drittel dagegen gehen sie zu weit. Unter den Befür­wortern dominieren vor allem Rentner (69 Prozent) sowie Anhänger von SPD (71), Union (65) und Grünen (62).

Protest

Am Wochenende protestierten viele Gegner*innen der neuen Maßnahmen in deutschen Städten. In München rief „Querdenken 089“ am Sonntag zu einem Sternmarsch auf. In Dresden sollen am Samstag 3.000 bis 4.000 Menschen protestiert haben. Auch in Karlsruhe, Darmstadt und Düsseldorf waren einige Hundert zusammengekommen. Viele trugen keine Mund-Nasen-Bedeckung.

Die Infektionsketten müssen daher unterbrochen werden. Da es bisher keine Impfung gibt, bleibt nur: Die Kontakte reduzieren – und zwar um drei Viertel.

Warum müssen Theater schließen, aber nicht Fabriken?

Viele Intendanten können nicht nachvollziehen, warum sie ihre Häuser schließen müssen. Das sei „Symbolpolitik“, beschwerte sich der Geschäftsführende Intendant des Stuttgarter Theaters, Marc-Oliver Hendriks. Die Spielstätten seien „sichere Orte“. Es gebe keinen Beleg dafür, dass sich Menschen in Theatern infiziert hätten.

Allerdings ist dies kein stichhaltiges Argument: „Bei etwa 80 Prozent der Infektionen ist nicht klar, wo sie stattgefunden haben“, sagt der Molekularbiologe Emanuel Wyler vom Max-Delbrück-Centrum in Berlin gegenüber der taz. „Wir kennen nur die allgemeinen Risikofaktoren.“ Konkret: Man weiß, dass sich Coronaviren über Aerosole verbreiten, dass es also gefährlich wird, wenn sich viele Menschen über lange Zeit in geschlossenen Räumen aufhalten.

„Wir müssen die Kontakte stark reduzieren“, sagt Wyler. „Da aber zu wenig darüber bekannt ist, wo genau sich die Menschen angesteckt haben, bleibt es eine politische Entscheidung, wo man ansetzt.“ Wenn Schulen und Kindergärten offen bleiben sollen, dann müssten eben andere Einrichtungen schließen.

Hinzu kommt die Frage, wie gut sich Infizierte aufspüren lassen. Schulklassen haben den großen Vorteil, dass die Kinder immer am selben Platz sitzen. Tritt dort ein Coronafall auf, lässt sich sofort erkennen, wer auch gefährdet sein könnte. Da muss das Gesundheitsamt gar nicht erst mühsam Kontakte rekonstruieren – da kann die Klassenlehrerin umgehend die betroffenen Eltern anrufen. Ähnlich ist es in Büros oder Fabriken: Die ArbeitskollegInnen kennen sich gegenseitig.

Viel schwieriger ist es, anonyme Kontakte zu rekonstruieren, wie sie in Fitnesstudios, Bars oder auch Theatern stattfinden.

Was passiert im Dezember?

Die Einschränkungen gelten während des gesamten Monats November. In vierzehn Tagen wollen Bund und Länder erneut beraten, um „notwendige Anpassungen“ vorzunehmen. Ziel ist es, die Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen in den meisten Landkreisen auf unter 50 pro 100.000 Einwohner zu senken. Erst dann können die Gesundheitsämter neue Fälle wieder gezielt nachverfolgen.

Schon jetzt räumt Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) ein: Es gebe keine Garantie, dass die Einschränkungen auf November begrenzt bleiben. Es hängt von jedem Einzelnen ab, ob es gelingt, die Infektionsketten in den nächsten vier Wochen so zu unterbrechen, dass im Advent nicht noch drastischere Beschränkungen erforderlich sind.

Wann kommt die Erlösung?

Die Chancen stehen gut, dass zwei Corona-Impfstoffe gegen Jahresende ihre Zulassungen erhalten. Die britische Gesundheitsaufsicht hat bereits eine beschleunigte Prüfung des Corona-Impfstoff-Kandidaten von AstraZeneca gestartet. Und auch das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech meldet einen Durchbruch. In klinischen Studien hat der Impfstoff so gute Eigenschaften gezeigt, dass das Unternehmen bereits mit der Massenproduktion begonnen hat. Die europäische Pharmaaufsicht EMA in Amsterdam prüft die Studiendaten bereits.

Trotzdem wird sich das Leben vorerst nicht normalisieren. Denn es lassen sich maximal etwa 100.000 Personen pro Tag impfen. Rechnerisch dauert es also gut zwei Jahre, bis alle Deutschen ihren Impfstoff erhalten haben. Doch die Gefahr wäre deutlich reduziert, wenn das medizinische Personal und die Hochrisikogruppen immun wären.

Neben den Impfstoffen stehen weitere Medikamente kurz vor ihrer Zulassung, die besonders schwere Krankheitsverläufe mildern könnten. Dazu gehört das Antikörpermedikament von Regeneron Pharmaceuticals, das US-Präsident Donald Trump erhalten hat. Das Problem: Diese Arzneien sind teuer und aufwendig. Doch wenn die Risikogruppen erst einmal geschützt sind, dürften die Krankenhäuser nur noch wenige schwere Verläufe zu behandeln haben. Dafür reichen die verfügbaren Antikörpercocktails voraussichtlich aus.

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12 Kommentare

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  • Impfstoffe im Schnelldurchgang - Nein danke!

  • BEIDE Lockdowns halte ich für nicht gerechtfertigt und emfinde sie als quälende Gängelung der Bevölkerung.

    Die Erkrankungszahlen sanken in Hamburg schon ab dem 17. März, noch vor tatsächlichem inkrafttreten des Total-lockdowns. Der war daher nicht gerechtfertigt. Genauso ist es jetzt: seit dem 29.10.20 sinken laut RKI-Kurve die Erkrankungszahlen sowohl in Hamburg als auch in gesamt-Deutschland. Trotzdem wird seit dem 2.11. der Lockdown von der Politik durgezogen. Zu keinem Zeitpunkt aber waren wir auch nur in der Nähe eines Gesundheitsnotstands. Wir können sogar noch PatientInnen aus Nachbarländern aufnehmen.



    Und die nationalistischen Quarantäne-Pflichten für Rück-/Einreisende sind unerträglich und unverhältnismäßig. Wollen wir demnächst noch eine Quarantäne-Pflicht für Hamburg-Berlin-Reisende?!

    Der Virus ist ÜBERALL, ob nun in dieser Statdt 300 Neuinfektionen und in der anderen Stadt 70, ob innerhalb Deutschlands oder nicht; Infizieren kann man sich theoretisch überall und in jedem Zug oder Flugzeug und in jeder Kneipe und in jeder Wohnung - ob innerdeutsch oder International oder EU-weit. Deswegen finde ich die Quarantäne-pflicht für Auslandsreisende unverhältnismäßig. Es kommt außerdem auf das verantwortliche Verhalten der Einzelnen an: tragen sie während der Reise eine FFP2-Maske? Feiern sie Partys oder haben sie nur Kontakt zu 1-2 Personen? Jemand der sich innerhalb Deutschlands bewegt aber unverantwortlich, ist gefährdeter sich zu infizieren, als jemand der eine Reise macht, sich aber verantwortlich verhält.....etc.pp.

  • "Wenn Schulen und Kindergärten offen bleiben sollen, dann müssten eben andere Einrichtungen schließen." Das ist megaeinfach dahergesagt. Schulen offen. Egal wie. Und gerade in Berlin, obwohl so unzulänglich ausgerüstet und so hohe Zahlen, passiert nichts durch die Betroffenen. Anders in RP. Hier haben sich endlich Elternverbände mit anderen Bildungsorgansiationen zusammengetan. Ich würde mich sehr freuen, wenn taz mal diese Petition kritisch durchspricht. Haben die Petenten Recht? Nein? Warum nicht? Warum ist die Beteiligung SW-lastig? Warum wollen KM nichts hören und sehen und bleiben bei ihrem Mantra?



    www.openpetition.d...emie#petition-main

  • Der Artikel hat mir keine plausible Erklärung geliefert, warum Besuche von kulturellen Veranstaltungen trotz Maskenpflicht verboten sind und Schulbesuche ohne Masken oder ohne ausreichende Belüftungsmöglichkeiten erlaubt sind. Wenn ich im Theater/Konzert mit ausreichend Abstand und mit Maske sitze oder in einem großen Museum mit begrenzten Karten mit Maske herumlaufe, dürfte das Infektionsrisiko gering sein.

  • "Man weiß, dass sich Coronaviren über Aerosole verbreiten, dass es also gefährlich wird, wenn sich viele Menschen über lange Zeit in geschlossenen Räumen aufhalten."

    Wenn Menschen im Theater/Konzert mit Masken sitzen und eine funktionierender Luftaustausch stattfindet, sollte es zu keinen Infektionen kommen. Optional könnte man auch Schnelltests vor jedem Besuch machen. Wo ein Will ist, ist auch ein Weg.

  • 1G
    15797 (Profil gelöscht)

    Es ist doch wohl offensichtlich, dass das, was bisher nicht geklappt hat auch so bleiben wird. Da helfen auch keine 10 Hanseln von der Bundeswehr.



    Wenn der Kontrollverlust so gross ist, wer bitte soll die 75% abarbeiten, die ja wohl noch steigen werden.



    Schule ist wichtig, Kneipe, Bar, Theater hingegen nicht ... angeblich.



    Hier sperrt man alle weg, in Sippenhaft, weil es angeblich nicht demokratisch genug ist, die "Verursacher" zu isolieren. D sollte mal nach China schauen. Es ist schon lange bewiesen, dass Covid eingedämmt werden kann.

    • @15797 (Profil gelöscht):

      "Schule ist wichtig, Kneipe, Bar, Theater hingegen nicht ... angeblich."

      Und anscheinend sind Kirchenbesuche auch wichtig - unfassbar! 😡

  • Das Problem ist weniger der Unterricht, sondern der Weg der Schüler:innen zur Schule und zurück. Solange hier nicht massivst nachgebessert wird, ist die Öffnung der Schulen nicht gerechtfertigt, sondern zeigt nur die Schattenseiten des Kapitalismus. Es geht nicht in erster Linie um Bildung für Kinder und Jugendliche, sondern darum, dass möglichst wenig Arbeitskräfte für die Produktion ausfallen aufgrund von Kinderbetreuung. Und Kultur wird geopfert, weil diese Branche keine starke Lobby hat.



    Neue Autos braucht derzeit kein Mensch, aber Kultur schon. Nicht nur, dass Kulturschaffende ihre Existenz verlieren, Kultur garantiert auch vielen allein lebenden Sozialkontakte und psychische Stabilität.

  • "Schulklassen haben den großen Vorteil, dass die Kinder immer am selben Platz sitzen."



    Ich glaube, da war wohl jemand schon lange nicht mehr in einer Schule, vor allem nicht in einer Grundschule. Selbstverständlich sitzen die Kinder nicht die ganze Zeit am selben Platz, sondern wechseln diese je nach Methode. Darüber hinaus gibt es Sport-, Musikunterricht und Pausen...

  • Schulen oder Kinos?

    Schulen! Bitte macht die Schulen zu! Es ist unerträglich für die Kinder den ganzen Tag mit Maske und Abstand in der Schule. Da mach ich doch lieber 6 Monate Homeschooling und gehe systemrelevant arbeiten.



    Eine Mutter von drei Grundschulkindern

    • 1G
      15797 (Profil gelöscht)
      @Bibi Blocksberg:

      kInder können auch gut mit einer Maske Kind sein. Es ist vielleicht etwas ungewohnt, hier in Vietnam - können das alle Schulkinder und viele noch Jüngere.



      Gerade als Mutter sollten Sie es den Kindern dann nicht noch unnötig schwer machen und eventuell bessere Masken kaufen/machen/anpassen. Viel liegt nämlich auch an den Masken selbst. Machen die Maske als etwas "Normales" so wie Socken, Handschuhe ... und es wird den Kindern leichter fallen

  • Es mag schon sein, dass sich Kontakte in Schulen recht gut nachverfolgen lassen und anonyme Kontakte in Bars oder Cafés so gut wie gar nicht. Andererseits ist der Schulunterricht eine tägliche Großveranstaltung, die in bundesweit über 40000 Schulen mit insgesamt 10,9 Millionen Schülern stattfindet. Dazu wäre noch zu sagen, dass...

    ...junge Menschen nur sehr selten Symptome zeigen und daher auch kaum getestet werden,

    ...Hygienekonzepte an Schulen nicht greifen können - sie stehen nur auf dem Papier. Für reichlich Desinfektionsmittel ist zwar gesorgt, und auch Masken werden mehr oder weniger korrekt getragen, aber das war's auch schon. Stoßlüften ist nicht praktikabel und oft auch gar nicht möglich, weil sich die Fenster aus Sicherheitsgründen nicht richtig öffnen lassen.

    Es ist nicht zu fassen: Man fährt zur Schule und hört in den Nachrichten Horrormeldungen über explodierende Infektionszahlen; Merkel mahnt, Lauterbach warnt, jeder irgendwie vermeidbare Kontakt muss vermieden werden, sonst holt uns alle der Teufel. Mit dem Betreten der Schule ist das alles vergessen, business as usual, abgesehen von den Masken, an die sich schon alle gewöhnt haben und bei einigen Schülern immer wieder unter die Nase rutschen. Corona wird nicht ernstgenommen und kann auch nicht ernstgenommen werden, weil der Kontrast zwischen Anspruch und Wirklichkeit so eklatant ist, dass ein Abstumpfungseffekt einsetzt. Jede einzelne Unterrichtsstunde stellt einen groben Verstoß gegen alles dar, was Virologen, Frau Merkel und Karl Lauterbach dringend empfehlen. Hunderte von Haushalten kommen in kleinen, nicht lüftbaren Räumen zusammen. Überdies kann man Kindern auch nicht verbieten, Kinder zu sein. Sie toben, raufen und knuddeln sich. Sie rennen lärmend durch die Flure, übertreten dabei unbemerkt die auf den Boden gemalten Grenzlinien, und auf dem Schulhof stehen sie - Überraschung! - keineswegs brav auf den säuberlich aufgemalten Rasterpunkten, sondern in ihren Gruppen, so wie immer.