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Die Wiederholungswahl und Die LinkeLinke Politik auf der Kippe

Der Linken drohen Verluste. Damit würden Personen, die derzeit linke Berliner Politik prägen, den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus verpassen.

Hat sich viel für Berlin vorgenommen: Die Linke Foto: Stefan Zeitz/imago

Berlin taz | Die Linke Berlin droht eine der Verliererinnen der Wiederholungswahl zu werden. In sämtlichen Umfragen liegt sie schon seit Monaten zwischen 11 und 12 Prozent und damit deutlich unter ihrem Ergebnis von 2021, bei dem es noch für 14,1 Prozent reichte. Vor anderthalb Jahren hatte sich ihr Spitzenkandidat Klaus Lederer noch für den Chefposten im Roten Rathaus beworben, heute geht es für die Partei vor allem darum, vor der AfD zu landen.

Der Landesverband leidet vor allem unter dem verheerenden Zustand der Bundespartei und deren Umfragetief. Dabei versucht man alles, um die Eigenständigkeit zu betonen. Geworben wird mit dem Label „Berliner Linke“, wobei beiden Wörtern das gleiche Gewicht zugemessen wird. Die Botschaft dahinter: Die Linke in der Hauptstadt hat mit den Querelen der Bundes-Linken nichts zu tun. Statt Auseinandersetzungen mit Wagenknecht-Positionen – mit Alexander King vertritt nur ein Abgeordnete deren Linie – stehe sie für Geschlossenheit und einen eigenständigen Weg. Im Selbstbild der Linken Berlin heißt das: ein erfolgreicher Spagat zwischen Regierungsfähigkeit und Systemkritik.

Paradigmatisch dafür steht ihr Umgang mit der Wohnungs- und Mietenpolitik. Obwohl man sich 2021 vom Posten des Stadtentwicklungssenators schweren Herzens trennen musste, ist das Thema der Markenkern der Landespartei geblieben. Parlamentarisch ringt man dabei um die oft kleinsten Kompromisse mit der SPD, gleichzeitig versteht man sich als Flügel der sozialen Bewegungen und präsentiert sich als einziger Garant für die Umsetzung des Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co. enteignen.

So versucht die Linke auch in diesem Wahlkampf mit aller Kraft ihr Kernthema nach vorne zu schieben: Es sei eine „Mietenwahl“, so heißt es mantramäßig aus der Partei. Seit Neuestem gibt es gar eine eigene Website unter diesem Namen, auf der die – durchaus fundierten – mieten- und stadtenwicklungspolitischen Konzepte der Berliner Linken zusammengefasst werden. Doch die Seite offenbart auch ein Problem der Partei: In ihrer Wahrnehmung hängt sie stark an einzelnen, meist jungen und angriffslustigen Abgeordneten, denen sie zugleich nicht allzu viel Vertrauen schenkt.

Wenn die Linke Prozentpunkte verliert

So ist die Mietenwahl-Website ein Projekt ihres Fraktionssprechers für Mieten und Wohnen, Niklas Schenker, der auch im Impressum aufgeführt ist. Der 30-jährige Schenker ist seit der Wahl 2021, bei der er zum ersten Mal ins Abgeordnetenhaus einzog, das Gesicht der Partei zum Thema. Er ist dabei, wenn die Parteispitze ihr Konzept für ein kommunales Neubauprogramm vorschlägt, und dauerhaft medial präsent – auch durch seinen eigenen mietenpolitischen Podcast.

Nach der Wahl allerdings könnte es für Schenker mit der Parlamentskarriere vorerst wieder vorbei sein. Wenn die Linke Prozentpunkte – und damit Mandate verliert –, droht die Partei plötzlich ohne ihren Mietenexperten dazustehen.

Auch die zweite Fachfrau für das Thema, die stadtentwicklungspolitische Sprecherin Katalin Gennburg, muss um ihr Mandat bangen, obwohl sie wie keine andere für einen radikalen, also vor allem eigenständigen linken Kurs ihrer Partei steht. 24 Abgeordnete hat die Fraktion derzeit, von denen 21 über die Landesliste abgesichert waren; sechs Abgeordnete, drei mit und drei ohne sicheren Listenplatz, gewannen ihre Wahlkreise direkt. Bei dem vorhergesagten Verlust von zwei Prozentpunkten wird sich die Zahl jener, die über die Landesliste einziehen, reduzieren.

Mit Listenplatz 19 ist Gennburg, die einen Platz vor Schenker liegt, akut gefährdet. Für sie gibt es, anders als für Schenker, immerhin noch die realistische Möglichkeit einer Direktwahl: 2021 gelang es ihr, ihren Treptower Wahlkreis zum zweiten Mal zu gewinnen. Damit es dazu wieder kommt, hat sie im Wahlkampf Unterstützung von Par­tei­ge­nos­s:in­nen aus Thüringen und auch von der Bundesvorsitzenden Janine Wissler bekommen.

Die hinteren Listenplätze

Dass die Unterstützung für die beiden Mie­ten­po­li­ti­ke­r:in­nen im eigenen Landesverband dagegen nicht allzu groß ist, zeigen nicht nur ihre hinteren Listenplätze, sondern auch ihre schlechten Wahlergebnisse bei der Aufstellung der Liste vor der Wahl 2021. Gennburg und Schenker erhielten die schlechtesten Ergebnisse der vorderen 20 Plätze. Vielen in der Partei sind sie offensichtlich zu radikal, zu wenig kompromissbereit in einer Koalition mit Sozialdemokraten, die in ihren Themen oft gänzlich andere Positionen vertreten.

Die Unterstützung für die beiden eigenen Mie­ten­po­li­ti­ke­r:in­nen ist im Landesverband der Linken nicht allzu groß

Die Unterwürfigkeit, mit der die Partei 2002 erstmals in eine Berliner Regierung eintrat, beseelt davon, nach langem Paria-Dasein als PDS endlich angekommen zu sein, ist nur zu Teilen überwunden; sie blitzt auf im Wunsch vieler nach möglichst geräuschloser Regierungspolitik. Auch Flügelkämpfe zwischen Reformern und Linken spielen hierbei eine Rolle. Der linke Flügel, der zumindest noch kritisch auf Regierungsbeteiligungen schaut – Gennburg und Schenker etwa waren gegen eine Koalition ohne die feste Zusage, den Enteignungsvolksentscheid umzusetzen –, ist bei den Reformern um Klaus Lederer, die von jeher die Zügel fest in den Händen halten, nicht sonderlich wohlgelitten.

Einfacher haben es dagegen Kandidaten aus dem Lager der Parteiführung. Und so ist einem Mietenpolitiker der Einzug ins Parlament sicher: Kurzzeit-Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel. Der vergleichsweise weniger angriffslustige Scheel steht auf Platz 4 der Landesliste und hat nach seinem Mandatsverzicht am Anfang der Legislatur nun seine Rückkehr angekündigt.

Ebenfalls ein Wackelkandidat

Neben der Mietenpolitik droht ein weiterer für die Partei wichtiger Politikbereich nach der Wahl personell geschwächt zu werden. Der innenpolitische Sprecher Niklas Schrader, der zu den öffentlich wahrnehmbarsten seiner Fraktion gehört, ist mit Listenplatz 17 ebenfalls einer der Wackelkandidaten, wenn die Linke Stimmanteile einbüßt. Dabei ist Schraders Name eng verknüpft mit den Erfolgen einer – zumindest in Teilen – liberalen Innenpolitik der vergangenen Jahre, wie dem Polizeigesetz.

Zunächst einmal könnte sich für die Linke auch bei einem Stimmenverlust nach der Wahl wenig ändern. Eine Wiederauflage der Koalition mit SPD und Grünen, womöglich unter Führung Letzterer, gilt weiterhin als wahrscheinlichstes Szenario. Doch die Probleme drohen im Verlauf der dann noch etwa dreieinhalb Jahre laufenden Legislatur größer zu werden. Denn Erfolg und Mobilisierungskraft der Linken sind eng mit ihrer Ausstrahlung in ihren Kernthemen verknüpft. Hierbei ist die Mietenpolitik noch wichtiger als andere Sozialthemen, weil hier die Unterschiede zu den Koalitionspartnern deutlicher zutage treten.

Doch ohne ihre inhaltlich profiliertesten und eine gewisse Radikalität ausstrahlenden Abgeordneten wird die öffentliche Wahrnehmung schwieriger zu erreichen sein. Allein die Regierungsbeteiligung reicht für die Linke nicht aus, um im großen linken Milieu der Stadt – das zu einem nicht unwesentlichen Teil schon jetzt Kleinparteien oder aber auch die Grünen wählt – ausreichend auf Resonanz zu stoßen. Die Ruhe und Geschlossenheit, die die Berliner Linke derzeit noch öffentlich ausstrahlt, muss also nicht bleiben. Eine herbe Wahlniederlage könnte sie nicht nur inhaltlich schwächen, sondern auch innerparteiliche Differenzen wieder stärker zutage treten lassen.

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16 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Warum positioniert die Linkspartei diese bedeutenden Menschen dann nicht ganz oben auf ihrer Liste?

  • Für die Enteignung von Wohnungen haben beim Volksentscheid knapp 60% gestimmt. Aktuell würden aber mehr als 66% der Wähler für Parteien stimmen, die den Volksentscheid ablehnen oder zumindest kritisch gegenüber stehen.

    Das ist eindeutig!!

    Offenbar haben viele Berliner mittlerweile festgestellt, dass die Enteignung eine substanzlose Polemik ist, mit der sich die Berliner Linkspartei irgendwie hervor tun wollte.

    • @Rudolf123:

      Denke sie haben recht . Jeder der sich ernsthaft mit dem Volksentscheid auseinandersetzt sieht relativ schnell das die Umsetzung utopisch ist… nur kleine Beispiele wo es auch von der Initiative selbst und auch übrigens von taz keine Antworten gibt….



      - es gab noch nie eine Enteignung unter Marktwert in Deutschland wie kommt man auf die Idee das es in Berlin anders sein sollte ? Habe keine Antwort von der Initiative bekommen…



      - wieviel neue Wohnungen entstehen dadurch?



      - was hat es mit Rechtsstaat und Demokratie zu tun wenn ich als Staat Immobilien verkaufe und dann 20 Jahre später wegen eigener Fehler die Immobilien enteigne ? Wer würde jemals wieder in Deutschland als privater Bauträger Mietwohnungen bauen ?



      Und das ist jedem klar das dies utopisch ist …

  • " Allein die Regierungsbeteiligung reicht für die Linke nicht aus, um im großen linken Milieu der Stadt – das zu einem nicht unwesentlichen Teil schon jetzt Kleinparteien oder aber auch die Grünen wählt – ausreichend auf Resonanz zu stoßen."

    Vielleicht liegt auch hier das Problem: Warum schafft es die Partei denn nicht, dieses große "linke" Milieu anzusprechen? Sind die Kleinparteien noch radikaler? Sind die Gründen doch gemäßigter? Ist die Linke zu Monothematisch? Offenbar wäre das Wähler*innenpotenzial ja da, aber viele entscheiden sich dann doch für andere Parteien.

  • Das Problem der Linken ist doch wohl vielmehr, DASS sie in den letzten Jahren die Berliner Politik mitgeprägt haben und sich NICHTS verbessert hat. Es werden weiterhin viel zu wenige Wohnungen gebaut, die Volksabstimmung ist wohl eher eine Volksverdummung, da das Ergebnis einer Klage dagegen nicht standhalten wird (was inzwischen wohl auch einige Wähler merken) und die Sozial- und Bildungspolitik ist eine Vollkatastrophe (zum wievielten Mal ist Berlin bei Vergleichstests im Bildungssektor jetzt letzter oder vorletzter?). Selbstverständlich ist daran NICHT allein die Linke Schuld, aber speziell in Berlin hätte die Linke über die letzten Jahre beweisen können, dass SIE die bessere Politik machen. Haben Sie aber nicht, zumindest meiner Wahrnehmung nach. Das sie dafür am Wahltag wohl nicht noch stärker abgestraft werden liegt weniger an der Stärke der amtierenden Regierungsparteien in Berlin, als vielmehr an der völlig disfunktionalen Opposition…

    • @Gregor von Niebelschütz:

      Die Wohnungsnot ist ein Problem von Konzernen wie Vonovia. Neoliberalismus sorgt dafür, dass Vonovia sich trotzdem quer stellen darf gegen Wohnungsausbau. Weil sonst ist das Gut nicht knapp, und Vonovia verdient kein Geld.

      • @Troll Eulenspiegel:

        "Die Wohnungsnot ist ein Problem von Konzernen wie Vonovia."

        Das stimmt so nicht. Es sind Menschen, die sich doppelt so große Wohnungen leisten wie noch vor 50 Jahren. Niemand wird gezwungen alleine auf 120 qm zu wohnen wo früher 6 Menschen wohnten. Dann noch über die doppelt so hohe Miete zu jammern hat etwas schäbiges.

        Im Gegenteil. es fehlt der Druck seitens der Politik weniger Wohnraum pri Person zu beanspruchen. Es gibt ken Menschenrecht auf große und klimaschädliche Wohnungen.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Vonovia kann doch nicht verhindern daß die Stadt selbst baut.



        Warum tut sie es denn nicht ?

        • @Don Geraldo:

          Lobbyismus. Hinzu kommt, ich zitiere aus Indymedia:

          "Statt den seit mehr als hundert Jahren in Lügen und Verrat geübten Sozialdemokrat*innen zu vertrauen, sollten alle, die eine lebenswerte Stadt für alle wollen, versuchen, dafür zu sorgen, dass in Berlin und überall ein so Investor*innenfeindliches Klima wie möglich entsteht.



          Durch Demos, Kundgebungen, Besetzungen, Hausbesuche, Sit-ins, Mietstreiks, Blockaden, Barrikaden, ..."

          Sozialdemokratie wird deswegen mit Verrat gleichgesetzt, weil Lobbyismus oder Neoliberalismus zur guten Etikette gehört. Hier muss angesetzt werden, damit sich Parteien aufs Wesentliche konzentrieren können.

          • @Troll Eulenspiegel:

            Hab ich schon häufiger vorgeschlagen: Macht gefragte Städte einfach ungefragt! Denn nur wo niemand wohnen will, sind die Investoren letztlich uninteressiert... ;-) Beitrag bearbeitet, bitte halten Sie sich an die Nettiquette (Die Moderation)

  • So geht Demokratie,einer kommt ein anderer geht

  • @BERND MAIER

    Ihre Meinung. Zu respektieren, dennoch falsch :)

    • @tomás zerolo:

      Na dann erklären Sie doch mal wieso keiner die linken wählt - als einzige Partei die z.B die populistische Enteigungsinitiative wirklich umsetzen möchten ?

      • @Bernd Meier:

        Lassen wir mal die aktuellen Probleme mit Russland und Wagenknecht (die sicher eine relevante Rolle spielen) außen vor: Nehmen Sie sich einfach mal die Berichterstattung in der konservativen Kampfpresse der letzten Jahre vor. Da kommen Sie garantiert selbst auf die Antwort

    • @tomás zerolo:

      Naja, angesichts der prognostizierten Stimmenverluste grenzt es an Realitätsverweigerung zu behaupten, der Mietenwahlkampf wäre herausragend effektiv.

  • Wenn man die Umfragen anschaut verlieren die Linken die meisten Stimmen... klappt wohl nicht so ganz mit dem Mieten Wahlkampf.... gut so die Menschen haben wohl auch verstanden das leere Versprechen und Populismus keine Lösung sind...