Die Wahrheit: Familie mit blutiger Schürze

Kaum wer ist so begeistert von britischer Flagge und Royals wie die nordirischen Unionisten. Sie würden den Lappen sogar für Prinz Andrew wehen lassen.

Hauptsache, die Fahne flattert. Der Anlass ist Nordirlands Unionisten völlig schnuppe. Vor knapp zehn Jahren haben sie sogar ein Jahr lang ständig Straßenschlachten mit der Polizei angezettelt, weil der Union Jack die Flatter machen musste und nur noch an 17 Tagen im Jahr über dem Belfaster Rathaus wehen durfte.

Laut Richtlinien der britischen Regierung soll die „Schlächterschürze“, wie die Fahne von manchen abfällig genannt wird, nur noch am Commonwealth-Tag, am Gedenktag für die Weltkriegstoten, am Tag des Amtsantritts der Königin und ihrer Krönung, an ihren beiden Geburtstagen – wegen des unberechenbaren Aprilwetters feiert sie lieber im Juni – sowie an den Geburtstagen ihres verblichenen Gatten und ihrer Kinder samt Ehepartnern gehisst werden. Ausgenommen sind Harry und Meghan, weil sie Oma verärgert haben.

Nicht ausgenommen war bisher der Herzog von York, wie er hieß, bevor ihm seine Mutter Titel und Orden wegnahm und ihn zu Andrew degradierte, weil er mit dem Vergewaltiger Jeffrey Epstein befreundet war und selbst zum Vergewaltiger einer Minderjährigen geworden sein soll. Deshalb finden es einige Parteien in der nordirischen Regionalregierung unangemessen, anlässlich seines 62. Geburtstags am nächsten Samstag die Fahne über dem Rathaus zu hissen.

Die Democratic Unionist Party (DUP) war anderer Meinung. Der Union Jack soll so oft wie möglich wehen. Seit der Eröffnung des Rathauses 1906 tat er das ständig, bis der gemeine Stadtrat es 2012 auf 17 Tage beschränkte. Dann verlor man auch noch einen Tag wegen des Brexit, bis dahin wurde die Fahne auch am Europatag gehisst. Das hatte die DUP nicht bedacht, als sie als einzige nordirische Partei für den Austritt aus der EU warb.

Viele Menschen behaupten, sie lieben die Royals, weil sie im Grunde eine stinknormale Familie seien. Der Mirror-Kolumnist Mark Steel meint, sie seien nicht nur normal, sondern so verkorkst, dass die Nachbarn eine Räumungsklage anstrengen würden, wenn die Windsors denn Nachbarn hätten. Andrew ist ja nur das bisher letzte schwarze Schaf der Familie. Seine Verteidigungsstrategie ist eigenwillig. „Ich habe es nicht getan, und wenn doch, dann ist das Mädchen dafür bezahlt worden, dass sie den Mund hält.“ Steel meint, dass weitere Verfehlungen ans Licht kommen könnten. Hat Andrew die Corgis der Queen für illegale Hundekämpfe missbraucht?

Nun hat Belfasts Stadtrat beschlossen, die Fahne nicht an Andrews Geburtstag, sondern am 1. Juli in Gedenken an die Somme-Schlacht wehen zu lassen. Das sollte die DUP zufriedenstellen. In dieser Schlacht hat die britische Armee 1916 die fast ausschließlich protestantischen nordirischen Freiwilligen verheizt und mehr als der Hälfte der Division den Heldentod beschert.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.