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Die Tücken der EnergiewendeErneuerbare allein bringen’s nicht

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Ein grenzenloser Ausbau der Erneuerbaren dürfte an mineralischen Rohstoffen scheitern. Deshalb muss Energieeffizienz stärker in den Fokus rücken.

Schon 2030 soll Kupfer knapp werden: Kupfererz in einer Kongolesischen Mine Foto: Jonny Hogg/reuters

E s ist eine Datensammlung – und genau das soll der Global Energy Review auch sein. „Data always wins“, sagte zur Vorstellung des Reports der Chef der Internationalen Energieagentur. Die Daten gewinnen immer.

Wie es aber bei jeder Datensammlung so ist: Jeder, der sie liest, hat seine eigene Interpretation. Der eine sieht erfreut nur den weltweit fortschreitenden Boom der erneuerbaren Energien. Der andere nimmt bedrückt wahr, wie die Nutzung fossiler Energien trotz aller Debatten um den Klimaschutz weiter zunimmt.

Wer die Daten des neuen Reports alleine durch die Brille der deutschen Energiedebatte sieht (wo jede Nutzung von Strom heute positiv konnotiert ist), könnte gar geneigt sein, den weltweit steigenden Stromverbrauch positiv zu bewerten. Das Problem: Nur ganz am Rande steigt der Stromverbrauch, weil CO2-frei erzeugter Strom die Verbrennung fossiler Energien ersetzt. Tatsächlich steigt er vor allem durch zusätzlichen Energiebedarf. Für die KI zum Beispiel. Oder für die Klimatisierung.

Aus der aktuellen Datensammlung muss man wohl den Schluss ziehen, dass alleine mit dem Ausbau der Erneuerbaren die Energiewende nicht zu schaffen sein wird. Natürlich kann man – wie oft genug geschehen – durchrechnen, dass die Sonne rein physikalisch betrachtet genug Energie liefert, um eine schier grenzenlose Stromnachfrage der ganzen Welt zu befriedigen.

Dass diese Rechnung trotzdem nicht aufgehen kann, deutete IEA-Chef Fatih Birol in einigen Sätzen abseits der eigentlichen Energiekennzahlen an: Es würde dafür an den Rohstoffen fehlen. Kupfer, so merkte er an, werde schon um 2030 knapp werden. Kupfer jedoch ist – neben anderen Elementen, wie Lithium und Kobalt – ein wesentlicher Rohstoff der Energiewende.

Daher kann der wichtigste Schluss aus dem Global Energy Review nur dieser sein: An mehr Effizienz im Umgang mit Energie führt kein Weg vorbei, wie sehr man die Erneuerbaren auch voranbringt. Erst wenn sich diese Erkenntnis durchsetzt, haben die Daten wirklich gewonnen.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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20 Kommentare

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  • "Deshalb muss Energieeffizienz stärker in den Fokus rücken."

    Und deswegen Weltveganismus 🌱!

  • Das ist ein Punkt, den die "es ist ja nur Geld" Politiker nicht wahrhaben wollen. Solaranlagen und Windräder sind kein Handwerk, der Preis besteht fast ausschließlich aus Rohstoffen und fossiler Energie. Wenn eine Maßnahme, Wärmedämmung, Heizungserneuerung, Balkonkraftwerk, kein Geld spart, dann spart sie auch an Rohstoffen und für die Umwelt nichts.

  • Batterie-Rohstoffe ändern sich von Zeit zu Zeit. Ersatz für alte Quecksilberbatterien für alte Kamerabelichtungssysteme sind Zink-Luft-Batterien. Also die Lithiumfrage für energiereich aufladbare Akkus ist nicht ewig der Elefant im Raum. Die Kupferfrage schon eher. Und was wir dafür eigentlich gut brauchen könnten ist nichts geringeres als Frieden. In der Kongoregion zum Beispiel wikipedia: "2024 war Kongo der weltweit zweitgrößte Kupferproduzent". Welchen Rohstoff brauchen wir dafür? Für Frieden?

    Das Foto von dem von giftigem Grünspan überzogenen Stück Kupfererz zeigt das Problem: In Kriegszeiten ist auch die Ausrüstung von Bergwerken prekärer. Schutz vor gesundheitsschädlichen Abbaustäuben etwa, ist die für BergarbeiterInnen dann noch gewährleistet? Und ihre Alters- und Invalidenversorgung?

    Und was hat das mit EE zu tun? Stromtrassenausbau zur Lieferung von Nordseewindstrom in Gebiete hoher Nachfrage nach Ökostrom wie etwa Südwestdeutschland.

    Immerhin: Kupfer wird auch aus Recycling gern gewonnen. Die Umstellung der Telefonnetze auf Glasfaser etwa hat alte Kupferleitungen zu "Bodenschätzen" verwandelt. Und Kongo ist bei weitem nicht einziges Fördergebiet natürl. Kupfererzes.

    • @Uwe Kulick:

      Richtig, und selbst für Kupfer könnte notfalls Aluminium ein Ersatz sein (Bauxit ist eines der häufigsten Erze dieses Planeten), wenn der regenerative Strom günstig genug ist spielt die geringere Leitfähigkeit dann nicht mehr sooo eine große Rolle…Natrium dürfte Lithium mindestens bei stationären Stromspeicher-Anwendungen bald ablösen und von Kobalt ist selbst bei vielen Li-Ion-Akkus nicht mehr die Rede.

      Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich sind Effizienzsteigerungen und klassische Sparsamkeit bei uns in den hochentwickelten Ländern richtig und wichtig, kann aber bezüglich Rohstoffknappheit in Schwellenländern und bei bald zehn Milliarden Menschen nur bedingt eine Lösung sein…irgendwann wird die Menschheit um das Thema Geburtenkontrolle zwecks Reduzierung der Weltbevölkerung nicht mehr herumkommen, mir scheint in den 1970er und -80er Jahren war das schonmal mehr Konsens.

  • Es wäre durchaus sinnvoll, Aussagen wie die der IEA zu hinterfragen.



    Ein Mangel an Kupfer bedeutet lediglich, dass die Preise in die Höhe getrieben werden. Sobald gewisse Grenzen überschritten werden, kann man (geringfügig schlechtere) Alternativen einsetzen. Das wusste man schon in der DDR und hat schwere Erdkabel fast ausschließlich aus Aluminium hergestellt.



    Das gilt für alle Bereiche, die von seltenen schwierigen Rohstoffen abhängig sind. Kobalt verschwindet allein aus Kostengründen aus der Batterieproduktion. Alternativen zu Lithium sind ebenfalls längst bekannt, werden aber nur dann zum Einsatz kommen wenn Lithium zu teuer wird - was derzeit nicht der Fall ist.



    Solche Prognosen wie "Knappheit ab 2030" waren fast immer Unsinn. Der grundsätzliche Fehler besteht darin, Quellen und Bedarf von heute auf die Zukunft hochzurechnen. Erinnert sich noch jemand an "Peak Oil"?

    • @Jörg Schubert:

      "Ein Mangel an Kupfer bedeutet lediglich, dass die Preise in die Höhe getrieben werden." Und steigende Kupferpreise bedeuten steigende Strompreise, bedeutet automatisch Druck auf mehr Effizienz und Ersparnis. Man unterschätze nicht die Kraft des Marktes.

  • Und Suffizienz nicht vergessen:



    Wir müssen runter vom hohen Verbrauch, auch wenn es uns Komfort oder Wachstum kostet.



    Das ständige Streben nach mehr und mehr kann nur von den Erneuerbaren gedeckt werden, es dient als Grund um auch die Fossilen zusätzlich immer weiter auszubauen (siehe Rechenzentren für KI oder Cryptowährungen oder Klimaanlagen)

    • @Solar4Life:

      **Wir müssen runter vom hohen Verbrauch, auch wenn es uns Komfort oder Wachstum kostet.**

      Richtig, denn wir machen damit nicht nur unseren Planeten immer mehr zur Müllhalde, und lassen die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ansteigen, sondern zerstören auch die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder. Vor der vorindustriellen Epoche, also bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts, lag der CO2-Wert noch im Bereich von 280 ppm, jetzt sind wir schon bei 423 ppm angelangt.

      Nehmen wir nur einmal diese ganzen Wegwerfartikel, die nur die Umwelt belasten. Und wenn man sich einmal anschaut was täglich in den Recyclinghöfen weggeworfen wird, dann kann man das Monopolyspiel der Wirtschaft nur noch als eine umweltzerstörende Idiotie bezeichnen. Und recycelt wird von den fast neuen Sachen (Polstergarnituren etc.) die man da wegwirft kaum etwas, höchstens verbrannt oder in andere Länder verschifft, wo es dann auf deren Müllberge landet. Der Bürger aus den reichen Industrieländern soll bis zum Erbrechen konsumieren, denn sonst funktioniert nämlich das klimazerstörende Wirtschaftswachstum nicht. Das "Krebsgeschwür" der Welt heißt Wirtschaftswachstum, und dafür benötigt man immer mehr Energie.

  • Sehr schlechter Artikel.



    1. ist die IEA kein besonderes seriöser Akteur. Denkt ja immer noch, dass die Kernenergie einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung leisten kann.



    2. Natürlich ist die Elektrifizierung aller Bereiche der Schlüssel zur Energiewende. Warum? Weil damit automatisch eine viel höhere Effizienz als mit der Verbrennung von Stoffen verbunden ist, 80-90% bei der Fortbewegung. Mit Wärmepumpe sind wir bei 400% bei der Wärmeerzeugung.



    Damit spart man schon mal ein Haufen Energie.



    3. Der Ausbau der EE läuft. Über 80% des Zubaus weltweit sind die EE. In Deutschland wird mittelfristig mit einem zusätzlichen Stromverbrauch von 20-30% gerechnet. Kann aber auch weniger sein. Aktuell sinkt der Stromverbrauch. Ab 2030 gehen wir in Germany auf eine Vollversorgung mit EE zu. Es werden noch Synergien durch die großen Stromspeicher erwartet.



    4. KI kann auch helfen, den Stromverbrauch zu senken durch intelligente Steuerung. Gibt's ja schon.



    Fazit: der Ausbau der EE sind die Lösung und nicht das Problem, wie es hier angedeutet wird.

    • @Surfbosi:

      soso, ab 2030 gehen wir auf eine Vollversorgung durch EE zu? Wie soll denn das funktionieren wenn keine Sonne scheint, kein Wind weht und keine Speichertechnik zur Verfügung steht (geschweige denn eine Realisierung dieser Technologie)? Die erforderliche Speichertechnik gibt es schlicht nicht und wenn es sie gäbe müsste die EE Kapazität noch weiter ausgebaut werden um die Speicher zu füllen. Und irgendjemand müsste diese Speicher bezahlen. Ganz abgesehen von der Tatsache dass wenn z.B. Wärme durch EE erzeugt werden soll noch weitere zusätzliche EE INstallationen notwendig werden. Noch eine Zahl: derzeit werden nur 13% des "Endenergiebedarfes (einschliesslich Heizen usw)" aus EE erzeugt.

      400% bei der Wärmepumpe ist unter spezifischen Bedingungen möglich, aber dieser Wirkungsgrad sinkt bei niedrigeren Temperature schnell ab, auch unter 100. Dann ist die Wärmepumpe auf einmal schlechter als Gas.

      • @Gerald Müller:

        Hr. Müller, so schlimm ist es nicht, ganz im Gegenteil: www.energy-charts.info



        Zur Zeit zumindest 60 % EE im Stromnetz in DE. Und das europäische Verbundnetz gleicht aus, und hat oft günstigere Erzeuger als unsere Kohlekraftwerke. Der Ausbau von Wind und PV wird weitergehen, der Ausbau der Speicher hat gerade erst angefangen und wird vermutlich eine Zeit lang schneller wachsen als die EE-Erzeuger. Im Winter ist viel Wind, im Sommer ist viel Sonne. Passt eigentlich ganz gut! Für Dunkel-Flauten werden ja bereits Reservekraftwerke zur Netzstabilisierung vorgehalten, die aber bisher nicht viel laufen. Gerade werden einige Biogas-Anlagen auf flexible Fahrweise umgestellt. Die Strompreise sind an der Börde immer dann niedrig, wenn genug Wind oder Sonne da ist - die Ersparnis daraus kann man gut in Speicher und Reserve stecken. Speicher gibt es immer mehr, und zu immer sinnvolleren Preisen (etwa 100 €/kWh im Containermaßstab, z.B. CATL). 2 mal am Tag Laden/Entladen, dann kann sich das schon rechnen. Und bei der privaten Energiewende mit PV und sinnvoll dimenesioniertem Speicher tut es das ja auch schon - und sei es nur mit einer Stecker-Solar-Anlage (Kleinvieh macht auch Mist).

  • Und nicht zu vergessen, das Problem der nach wie vor nicht vorhandenen saisonalen Speicher.

    • @sutrebe:

      Tages- oder Wochenspeicher reichen schon. Wenn Reservekraftwerke nicht ständig und kurzfristig bereitstehen müssen, sondern Tage im voraus bestellt werden, kann man sehr viel Aufwand, Kosten und Material sparen.

  • Notwendige Effizients ist die eine Seite der Medaillie. Es kommt dazu das man Unmengen an Rohstoffen und Energie nur dadurch sparen könnte wenn weniger nutzlose Produkte den Markt überschwemmen würden.



    Ich erinnere an produzierte Kleidung die nie verkauft wird. An Küchenschränke voll ungenutzter Geräte. Schränke voller Schuhe und Wäsche die kein Mensch nutzt. Gegenstände die so minderwertig sind, das jeder Reperaturversuch sinnlos erscheint.

    Wir haben es also in der Hand durch unser Kaufverhalten die sinnlosen Produktionsüberschüsse zu reduzieren. Dabei würde niemand an Lebensqualität einbüssen.

    Nur die Heuschrecken unter den Kapitalgebern würden aufheulen.

    • @Conrad:

      "Wir haben es also in der Hand durch unser Kaufverhalten die sinnlosen Produktionsüberschüsse zu reduzieren. Dabei würde niemand an Lebensqualität einbüssen."

      Dann fangen Sie doch damit an. Dieses "wir haben es in der Hand.." wirkt immer so, als sollten "die anderen" endlich mal zur Besinnung kommen. Besser einer, als keiner 😉

    • @Conrad:

      Reparaturen sind aus ganz anderen Gründen wirtschaftlich sinnlos. Neuherstellung, Rohstoffverschwendung und Müllproduktion werden subventioniert -- Stichwort Industriestrompreis -- und menschliche Arbeit mit Abgaben so extrem belastet, daß jeder Arbeitnehmer mehr als vier Stunden arbeiten muß, um nur den Lohnanteil eines Handwerkers für eine Stunde zu bezahlen. Solange Arbeit mit derart hohen Strafsteuern aktiv verhindert wird, wird sich daran nicht ändern.

  • Verzicht von denen die zu viel emittieren, also CO2, ist keine Option? Max Kahresbidget definieren und per App kontrollieren. Wer mehr emittiert bezahlt exponentiell. So irgendwie.

    • @Tom Farmer:

      Dafür gibt es ja die CO2-Bepreisung. Eigentlich ein super Mittel. Doof nur, dass dadurch einfach alles teurer wird und nicht nur das Benzin an der Tanke. Sondern auch das Brot beim Bäcker und der Bio-Äpfel im Supermarkt. Denn am Ende ist doch alles vom CO2-Preis betroffen..



      Und so haben die Leute immer weniger Geld und den Klima ist kaum geholfen. kommt nicht gut an.

    • @Tom Farmer:

      Dazu braucht man kein flächendeckendes Überwachungssystem (außer man ist generell ein Fan von Überwachung). Das regelt der Markt bei einem angemessenen CO2-Preis von allein. Man setze z. B. den Preis für die Emission einer Tonne CO2 so an, dass er den (nach jeweiliger günstigster eingesetzter Technik) Kosten der Entsorgung einer Tonne CO2 entspricht. Das drückt zum einen über den Preis auf die emittierte Menge und schafft zum anderen einen Anreiz, in Entsorgungstechniken zu investieren.

    • @Tom Farmer:

      Alles klar. Aber wer ist dieser Max Kahresbidget, oder ist der einfach noch nicht definiert?