Die Transparenzpolitik des ZDF: Nachbessern, nicht abschaffen
Das ZDF schafft ein paar Pressekonferenzen ab. Wen's interessiert, der soll halt zu den Fernsehratssitzungen nach Mainz kommen. Schlechte Idee!
Z unächst ein Disclaimer: Ich war mal ARD-Sprecher und habe so lustige Veranstaltungen wie ARD-Pressekonferenzen nach Intendant*nnen-Sitzungen moderiert. Am Mittwoch war auch mal wieder eine, auf der die ARD sich mal wieder mehr digitalen Aufbruch verordnet hat, was Spiegel Online etwas spöttisch zusammenfasst, in Zukunft hätten alle Redaktionen des ARD-Verbunds digitale Inhalte zu produzieren. Ob der „Weltspiegel“ jetzt wirklich für eine runderneuerte „Sportschau“ am Sonntag im Programm verrutscht, bleibt eher mal unklar, und was die ARD nach dem Wahlerfolg der AfD in Sachsen vielleicht macht oder auch nicht, hat keiner gefragt.
Natürlich sind solche Veranstaltungen nicht per se aufregend; es kommt immer drauf an, was man draus macht. Dazu muss das Ganze aber zunächst mal stattfinden. Womit wir beim eigentlichen Thema, genauer gesagt: beim ZDF wären.
„Bitte beachten Sie, dass sich der Beginn der Pressekonferenz je nach Sitzungsverlauf verzögern kann. Erfrischungen stehen bereit“ – so oder so ähnlich stand es immer in den etwas schrulligen Einladungen zur regelmäßigen Pressekonferenz nach den Sitzungen des ZDF-Fernsehrats. Und dann kamen stets der Intendant (zur Intendantin hat es in Mainz ja noch immer nicht gereicht), der Fernsehratsvorsitz, und meistens ging es trotz Vorwarnung pünktlich los.
Aus und vorbei
Dann wurde die Schokoladenseite des ZDF und der Arbeit seiner Gremien präsentiert, die im Anschluss genauso routiniert durch die Fragen der anwesenden JournalistInnen erheblich angenagt wurde. Zu Hoch-Zeiten, als die ZDF-Gremien den damaligen ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender aus politischen Gründen schassten und der damalige Intendant Markus Schächter zwischen Kurt Beck (SPD) und Roland Koch (CDU) saß, war die Hütte voll.
Das ist nun auch schon wieder zehn Jahre her. Und ab sofort auch aus und vorbei: „In den letzten Jahren hat die journalistische Nachfrage nach dem Angebot ‚Fernsehrats-Pressekonferenz‘ leider immer mehr abgenommen. (…) Auch die (…) Zugriffe auf den Live-Stream haben diese Entwicklung genommen. Der Aufwand stand damit in keinem Verhältnis mehr zur Nachfrage und Nutzung“, antwortete das ZDF auf eine Anfrage des „Zapp“-Kollegen Daniel Bouhs. Aus die Maus, die Fernsehratssitzung ist ja öffentlich, kann jede*r hingehen, doch die Pressekonferenzen sind abgeschafft.
Medienprofi, bringt regelmäßig Unordnung in die aufgeräumte Medienwelt.
Das nenn ich mal kundenorientierte Geschäftspolitik: Am weniger nachgefragten „Angebot“ wird nicht etwa nachgebessert oder gleich mal ein ganz neuer Ansatz geprobt. Man stellt es ein. Vielleicht melden sich ZDF-Intendant Thomas Bellut und die Fernsehratsvorsitzende Marlehn Thieme demnächst gleich wie Boris Johnson im hauseigenen Videoblog. Da gibt es dann auch keine kritischen Fragen mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück