Die Papageien von Lincolnshire: Wenn Vögel pöbeln
Fünf Graupapageien störten den öffentlichen Frieden in einem britischen Wildpark. Sie beleidigten die Besucher mit derben Sprüchen.
Verpiss dich, du Fucking Bastard!“ – vielleicht nicht ganz die Begrüßung, die man beim Zoobesuch erwartet. Entsprechend konsterniert reagierten Besucher des Lincolnshire Wildlife Park in England, zumal sie den Verbalaggressor nicht einmal ausmachen konnten. Es folgte lautes Lachen aus vier heiseren Kehlen.
Billy, Tyson, Elsie, Jade und Eric heißen die Pöbler – und sind Graupapageien, sprachlich hochbegabte Vögel aus Afrika. Umgangssprache ist eben immer auch eine Frage des Umgangs, den man pflegt, und so lernten sie, was in ihrem Umfeld geplappert wird. Offenbar schimpft man gern im Nordosten Englands. Die Tiere kamen unabhängig voneinander von privaten Vorbesitzern in den Zoo, der auch als Auffangstation für nicht mehr gewollte Heimtiere dient. In der gemeinsamen Quarantäne stachelten sie sich gegenseitig an.
Schließlich zogen fünf Graupapageien, die fluchten wie die Rohrspatzen, in eine Voliere im Park, wo sie anfingen, die Besucher zu beschimpfen und sich scheckig darüber zu lachen. Die wiederum spornten die Vögel mit weiteren Flüchen an, und so hätte alles ein wunderbares Märchen im Gassenjargon werden können mit gemeinsam wild fluchenden und lachenden Menschen und Vögeln – wenn so viel Heiterkeit nicht auch den Briten unheimlich wäre. Als sich Kindergruppen anmeldeten, verzichtete man auf Parental Advisory: Explicit Lyrics, trennte die Papageien-Gang und verteilte sie auf Volieren mit braven Vögelchen, auf dass sie von ihnen zarte Liedchen und flüsternde Komplimente lernen mögen.
Schade. In einer Welt, in der Leute wie Donald Trump und Boris Johnson Beleidigungen und Dauergepöbel zur Staatsräson erheben, um andere runterzumachen und zu diskriminieren, sollen ein paar ehrliche Schimpfwörter mit anschließendem kathartischen Lachen ein Erziehungsproblem sein?
Fuck off!
Aber vielleicht sind die anderen Vögel ja auch gar nicht solche Anstandspiepmätze, sondern ergreifen die Gelegenheit zur Selbstermächtigung und lernen von den Neuankömmlingen. Die Zooleitung hegt offenbar bereits solche Befürchtungen: Es sei natürlich möglich, dass sie am Ende dann 250 fluchende Papageien hätten. Die die Menschen dann ausschimpfen und auslachen könnten. Noch ist England also nicht verloren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl