Die Grünen und der Veggieday: Heiliges Recht auf Currywurst
Die Ökodiktatur rückt näher: New York führt an 1.800 Schulen einen Veggieday ein. Was sagt die „Bild“-Zeitung dazu? Und was sagen die Grünen?
Sowas kann uns Deutschen nicht passieren. Das Recht auf labbriges Formfleisch aus Massentierhaltung – aka Currywurst – ist hierzulande heilig. Wir erinnern uns: Die Grünen forderten im Wahlkampf 2013 zaghaft, pro Woche einen fleischfreien Tag in Kantinen einzuführen – und wurden deshalb am Nasenring durch die politmediale Manege gezerrt.
„Grüne wollen uns das Fleisch verbieten!“ Mit dieser handfesten Lüge blies die Bild-Zeitung wochenlang zur Attacke auf die angebliche Verbotspartei. Andere Medien und liberalkonservative Politiker stimmten begeistert ein. „Was kommt als nächstes: Jute-Day, Bike-Day, Green-Shirt-Day?“, fragte etwa der damalige FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle. Es war nicht die niveauloseste Äußerung in einer unwürdigen Debatte.
Die Grünen führte die Kampagne damals fast an den Abgrund. Der Veggieday gilt als wichtiger Grund dafür, dass die Ökopartei bei der damaligen Bundestagswahl mit 8,4 Prozent weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Und er liefert bis heute ein Musterbeispiel dafür, wie Medien mit gezielten Falschinterpretationen Politik machen können.
Selbstachtung über Bord geworfen
Die Grünen wiederum taten das Ihrige dazu. Statt die okaye Forderung cool zu verteidigen, warfen sie eingeschüchtert jede Selbstachtung über Bord. Sie schworen 2014 auf einem Parteitag offiziell dem Veggieday ab. Ob jemand am Donnerstag Fleisch esse oder nicht, „ist uns herzlich egal“, hieß es in dem Beschluss. Seitdem verteidigen sie als Möchtegern-Liberale tapfer das Recht auf individuellen Konsum, so umweltschädlich er auch sein möge – ob es nun um ein saftiges Steak, um Dosenbier oder Langstreckenflüge an die Westküste geht.
Nun könnte man denken, dass die Bild-Zeitung angesichts des New Yorker Vorstoßes in Wallung gerät. Die USA gelten bisher nicht gerade als Ökodiktatur, die ihren BürgerInnen den politisch korrekten Lebensstil vorschreibt. Auch wenn im Weißen Haus ein Typ sitzt, der jeden Tag so viel heiße Luft produziert, dass sich damit die gesamte Ostküste CO2-neutral beheizen ließe. Der New Yorker Veggieday müsste doch Bild-Chef Julian Reichelt zu besorgten Nachfragen animieren.
Was kommt als nächstes? Grüne Streifen auf der amerikanischen Flagge? Gendersternchen in der Hymne, „land of the free*innen“? Tofu-Big-Mac? Eine Harley Davidson mit Elektromotor? Ah, okay, die gibt es schon, es ist nicht zu glauben. Auch das Tempolimit, weshalb die Amis aufreizend langsam über ihre Highways gleiten, ist doch im Grunde staatliche Bevormundung pur. Aber Pustekuchen, der Bild-Zeitung war der amerikanische Veggieday keine Zeile wert.
Es ging nur darum, die Grünen klein zu kriegen
Womit endgültig bewiesen wäre, dass es damals nur darum ging, die Grünen klein zu kriegen – mit nachhaltigem Erfolg. Grünen-Chef Robert Habeck hält auf taz-Nachfrage an der Veggieday-kritischen Linie fest. „Schulen sollten über ihre Speisekarten bestimmen können.“ Das System der Tierhaltung sei auf immer mehr Produktion für immer weniger Geld angelegt. „Entsprechend geht es darum, diese Spirale zu durchbrechen.“ Ein systemisches Problem müsse systemisch angegangen werden, so Habeck, „und nicht nur donnerstagnachmittags in Kantinen.“
Was das Individuum macht, ist seine Sache, so die Botschaft – solange sich die Strukturen ändern. „If I can make it there, I'll make it anywhere“, twitterte ein geschätzter Kollege zum Veggieday in New York. In Deutschland aber hätte er keine Chance. Die Grünen werden ihn zu verhindern wissen, Seit an Seit mit der Bild-Zeitung.
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