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Die Deutsche Bahn ist unpünktlichDer wahre Skandal ist ein anderer

Nanja Boenisch
Kommentar von Nanja Boenisch

Nicht einmal 2 von 3 Zügen sind pünktlich. Das liegt auch an den Baustellen. Die sind notwendig. Umso nötige wäre, dass die Bahn sich ihre Kunden pflegt.

Ein Grund für die Unpünktlichkeit der Bahn sind die vielen Baustellen, denn das Netz ist marrode Foto: Julian Stratenschulte/dpa

D ie Pünktlichkeitsstatistik der Deutschen Bahn ist ernüchternd. In den vergangenen sechs Monaten kamen nicht mal zwei Drittel der DB-Fernzüge ohne Verspätung an. Das ist ärgerlich, vor allem für die Fahrgäste. Der eigentliche Skandal aber ist ein anderer. Die meisten Verspätungen hat das Gleisnetz verschuldet, das ist in die Jahre gekommen, störanfällig, oft überlastet.

Zu lange wurde die Bahninfrastruktur völlig vernachlässigt, das kritisieren Ex­per­t:in­nen zu Recht. Nur bringen Hätte-Wäre-Könnte-Argumente dieser Art kaum etwas. Außerdem sind sich der DB-Vorstand und Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) einig: Die Schieneninfrastruktur muss wieder fit gemacht werden – und das darf Geld aus Staatskassen kosten.

Dadurch kommen die Züge hoffentlich in einigen Jahren wieder pünktlich, wenn weniger Weichen gestört und weniger Stellwerke kaputt sein werden. Kurzfristig aber erweisen aufwendige Baustellen der Pünktlichkeit einen Bärendienst. Aus diesem Dilemma kann sich die Deutsche Bahn nur schwer befreien. Deshalb sollte sie alles geben, um trotzdem die Gunst der Reisenden zu gewinnen.

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Wie wäre es mit dauerhaft preiswerten Tickets, mit mehr Platz für Familien oder Menschen mit Rollstuhl? Mit einer Aufhebung der Zugbindung bei weniger als 20 Minuten Verspätung? So könnten sich die DB-Züge als klima­freundliches und soziales Verkehrsmittel profilieren.

Stattdessen taumelt der Konzern, nach wie vor profitorientiert, von einer Sparidee zur nächsten, eine kunden­unfreundlicher als die andere. Reservierungen wurden gerade erst teurer, Gerüchte über Streckenstreichungen kochten in der vergangenen Woche wieder hoch.

In den Hauptreisemonaten kosten Tickets besonders viel. Allzu oft stehen die Unternehmensfinanzen an erster, die Kun­d:in­nen höchstens an zweiter Stelle. Dass daran weder der Vorstand noch die Politik etwas ändern konnten oder wollten – das ist der wahre Skandal. Immerhin aber hat Schnieders Amtszeit gerade erst angefangen. Vielleicht kommt noch was.

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Nanja Boenisch
Redakteurin
Schreibt im Ressort Wirtschaft und Umwelt über Mobilität und Verkehrswende.
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