Deutschland in der Pandemie: Neun Kliniken geschlossen
Das Bündnis Klinikrettung kritisiert, dass trotz Pandemie Krankenhäuser geschlossen werden. Es werde immer noch vor allem wirtschaftlich gedacht.
![Ein Pfeil weist den Weg zur Notaufnahme Ein Pfeil weist den Weg zur Notaufnahme](https://taz.de/picture/5294841/14/28961891-1.jpeg)
Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 1.900 Krankenhäuser, 700 sollen abgebaut werden. Das hatte der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) im Sommer angekündigt. Der GBA ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Weniger Krankenhäuser könnten die Aufgaben verteilen und so wirtschaftlicher arbeiten, argumentiert der GBA.
Nach Angaben des Bündnisses Klinikrettung sind die zu schließenden Krankenhäuser meist für die ambulante Notfallversorgung da. Die hätten häufig schon finanzielle Probleme. An vielen Stellen, vor allem beim Personal, fehle es an Mitteln. Statt die Angebote der ambulanten Notfallversorgung zu verbessern, würden die Krankenhäuser gänzlich eingestellt.
Aber jede Schließung bedeute für die Menschen in der Umgebung deutliche Nachteile, erklärt Laura Valentukeviciute vom Verein Gemeingut in Bürgerhand, der sich gegen Privatisierungen ausspricht und zum Bündnis Klinikrettung gehört. Krankenhäuser zu schließen wäre „wirtschaftlich verständlich“, sagt Valentukeviciute. Es gehe aber um die Daseinsversorgung und nicht um Wirtschaftsunternehmen. „Die meisten Schließungen gibt es im ländlichen Raum und es sind eher kleine Krankenhäuser“, berichtet Valentukeviciute. Das nächste Krankenhaus sei dann für Verletzte oder akut Kranke deutlich weiter entfernt.
Das zeigt sich beispielsweise in Havelberg in Sachsen-Anhalt. Die kleine Stadt liegt recht allein im Norden des Landes, etwa dort, wo die Havel in die Elbe mündet. Im September 2020 schloss der private Betreiber KMG das dortige Klinikum. Es rechne sich nicht. Mittlerweile wurde das Gebäude zum Seniorenzentrum. Aber bis zum nächsten Krankenhaus sind es nun etwa 40 Kilometer.
Proteste gegen die Schließung konnten die angekündigte Schließung nicht aufhalten, erzählt Anke Görtz am Dienstag bei der Pressekonferenz. Görtz ist stellvertretende Vorsitzende des Vereins Pro Krankenhaus Havelberg. Zwar habe selbst der Ministerpräsident Reiner Haseloff mit ihnen gesprochen und ihr Anliegen verstanden, aber der Rückkauf des Havelberger Klinikums durch den Freistaat Sachsen-Anhalt sei gescheitert.
Ein weiteres Problem sei, dass die Schließungen sehr „dynamisch“ erfolgten, ergänzt Carl Waßmuth, der ebenfalls im Bündnis aktiv ist. Das Personal bleibe nicht bis zur Schließung, sondern gehe schon, nachdem die Schließung angekündigt wurde. Währenddessen würde auch kein Pflegepersonal mehr an den Kliniken ausgebildet und das fördere den Personalmangel, der aktuell zu den großen Schwierigkeiten der Pandemie führe. Auf lange Sicht solle die Regierung das Problem angehen, um zukünftig mit mehr Pflegepersonal der Pandemie begegnen zu können.
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