Deutscher Reporter Billy Six: „Kann ich nicht behaupten“
Nach seiner Freilassung aus venezolanischer Haft erhebt Billy Six Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Sein Anwalt Amado Vivas ist zurückhaltender.
„Ich kann nicht behaupten, dass die (Deutsche, Anm.d.Red.) Botschaft nichts getan hätte, um Billy zu helfen“, sagt Amado Vivas am Donnerstag Abend gegenüber der taz. Neben dem Treffen mit dem mittlerweile des Landes verwiesenen Deutschen Botschafters Daniel Kriener habe er „in ständigem Austausch“ mit der für juristische Angelegenheiten zuständigen Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft in Caracas gestanden und sie über den Fall informiert.
Zu den Vorwürfen gegenüber dem Auswärtigen Amt, die vor Six in ähnlicher Form schon dessen Eltern öffentlich erhoben hatten, sagt Vivas: „Es scheint, als hätten Six' Eltern einige Zerwürfnisse mit Mitarbeitern der Bundesregierung gehabt.“
Aus seiner Perspektive könne er die Vorwürfe, die Deutsche Botschaft habe sich nicht für Six eingesetzt, nicht bestätigen. Nach Vivas' Ansicht hätte man aber „etwas mehr Lärm um den Fall“ machen können. Auch habe der Fall bei vielen Medien nicht die verdiente Aufmerksamkeit erhalten.
Six' Vater will gegen Regierung klagen
Six wirft dem Auswärtigem Amt vor, nicht offiziell bei den dortigen Behörden gegen seine willkürliche Inhaftierung protestiert zu haben. Six' Vater Edward kündigte eine Klage gegen die Bundesregierung an.
Das Auswärtige Amt hat den Vorwurf fehlender Hilfeleistung entschieden zurückgewiesen und unter anderem auf die vier Haftbesuche von Botschaftsangehörigen verwiesen. Die Deutsche Botschaft in Caracas habe Six „vom Bekanntwerden des Haftfalls bis zum Zeitpunkt seiner Ausreise vom Flughafen Maiquetía Simón Bolívar eng konsularisch betreut“, hieß es bereits am Sonntag aus dem Ministerium.
Der 32-jährige Billy, der freier Mitarbeiter der rechten Publikationen Junge Freiheit und Deutschland-Magazin ist, war in der Nacht von Freitag auf Samstag nach viermonatiger Haft aus dem Geheimdienstgefängnis El Helicoide in Caracas entlassen worden und am Montag in Berlin eingetroffen.
Über die Beweggründe für die überraschende Freilassung Six' kann auch dessen Anwalt nur spekulieren: „Das Gericht gab bei der Verkündung keinerlei Begründung ab“, sagt Vivas. Er persönlich glaube, dass der internationale Druck auf Präsident Nicolás Maduro ausschlaggebend für die Entscheidung war.
Komischer Zufall im Gefängnis
Es könne aber auch sein, dass das der Besuch der UN-Kommission für Menschenrechte in Venezuela eine Rolle gespielt habe. Ein fünfköpfiges Beobachter-Team soll die schweren Vorwürfe gegen die Regierung im Umgang mit Freiheits- und Bürgerrechten prüfen.
An dem Tag, an dem die UN-Beobachter vergangene Woche das Gefängnis El Helicoide besucht hätten, sei Six „zufälligerweise“ für einen Tag verlegt worden, erinnert sich Vivas.
Nach seiner Festnahme Mitte November wurde Six Spionage, Rebellion und das Verletzen von Sicherheitszonen vorgeworfen. Reporter Ohne Grenzen und andere Menschenrechtsgruppen hatten öffentlich die Freilassung Six' gefordert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator