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Deutsche Wirtschaft schrumpft weiterEin Investitionsprogramm, bitte!

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Das BIP sinkt das zweite Jahr in Folge. Die Bundesregierung muss mit öffentlichen Investitionen dagegen steuern.

Mehr Richtfeste: die Bundesregierung sollte die Bauwirtschaft ankurbeln Foto: Marcus Brandt/dpa

J etzt ist es amtlich: Die deutsche Wirtschaft schrumpft 2024 das zweite Jahr in Folge. Das geht aus der am Mittwoch veröffentlichten Herbstprojektion der Bundesregierung hervor. So etwas hat es in der Geschichte der Bundesrepublik bislang nur ein einziges Mal gegeben: in den Jahren 2002 und 2003. Ansonsten haben Regierungen unterschiedlichster Couleur stets viel Geld in die Hand genommen, um so etwas zu verhindern.

Die schlechten Zahlen sind auch Resultat der schlechten Stimmung im Land. Aber die versucht die Bundesregierung nicht ernsthaft zu drehen­. Zwar hat sie mit der sogenannten Wachstumsinitiative ein ganzes Bündel von Maßnahmen für ein Ankurbeln der Konjunktur verabschiedet. Aber das Klein-Klein aus Steuererleichterungen, Abschreibemöglichkeiten und verbilligten Krediten ist schon vor Inkrafttreten verpufft. Dabei geht es um viel Geld. Allein die vorgesehen Steuerentlastungen für 2025 und 2026 liegen bei 23 Milliarden Euro – wovon Bür­ge­r:in­nen umso mehr profitieren, je mehr sie verdienen.

Doch die Steuerentlastungen werden kaum einen Effekt haben. Angesichts der Lage sparen viele Menschen eher, als sich etwas zu leisten. Für 2025 erwartet die Regierung zwar ein leichtes Wachstum. Aber das klingt nach Zweckoptimismus. Nötig ist daher ein großer Wurf: Als Teil eines echten Investitionsprogramms wären die Milliarden viel besser eingesetzt. Mit so einem Programm könnte das Land modernisiert, die Baukonjunktur angekurbelt und mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen, heruntergekommene Schulen in Schuss gebracht und marode Verkehrswege instand gesetzt werden. Solche Programme finanzieren sich in der Regel zu einem großen Teil selbst, weil Geld in Form von Steuern an den Staat zurückfließt.

Vor einem Jahr hat Habeck ein Konjunkturprogramm mit Hinweis auf die damals hohe Inflation abgelehnt. Die Geldentwertung hat wieder ein normales Maß erreicht, sie steht einem großen Aufschlag der Regierung für eine wirtschaftliche Erholung nicht im Weg. Da steht nur noch die Regierung selbst.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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10 Kommentare

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  • Wie soll man das bezahlen?



    Höhere Steuern selbst für Reiche sind tabu, ebenso die Finanzierung von Investitionen über Kredite.

    Bleibt nur ein weiterer Abbau von Transferleistungen. Nur schlägt das durch auf die eh schon schwache Binnenkonjunktur.



    Außerdem führt das dazu, dass die Menschen sind noch weniger auf die Sicherungssysteme verlassen und noch mehr sparen. Was die Binnennachfrage weiter schwächt.

  • Das klein klein der Regierung, wenn diese überhaupt soviel schafft, braucht zu lange. Wohl wahr.

    In die Zukunft investieren wäre sicher sinnvoll, wobei seit den Coronahilfen und deren Ausgestalltung/Bearbeitung/Abwicklung viel Vertrauen in den Staat verlorengegangen ist. Es bräuchte in der Tat etwas großes um einen Ruck durch Deutschland gehen zu lassen.

    Zugleich geht es insbesondere der Baubranche sichtbar schlecht. Viele kleine Handwerker in dem sehr zyklischem Bereich haben ernsthafte Probleme. Hier ernsthaft anzusetzen würde helfen.

    Von daher: guter Vorschlag

  • Recht hat Frau Krüger, dass die Geldentwertung "einem Konjunkturprogramm "als große(m) Aufschlag der Regierung für eine wirtschaftliche Erholung" weniger im Weg als vor zwei Jahren, als sie durch die zusätzliche Kaufkraft der schuldenfinanzieren Energiepreissubventionen zusätzlich angefeuert wurde.

  • Ein staatliches Konjunkturprogramm würde zu einem wirkungslosen Milliardengrab werden, würde man nicht gleichzeitig die wirtschaftlichen Randbedingungen so anpassen, dass es sich wieder lohnt in Deutschland zu produzieren. Die Investitionen in die deutsche Wirtschaft sind massiv zurückgegangen, Firmen ziehen sich offen oder heimlich aus Deutschland zurück (Viessmann, Bosch, BASF), es ist schon länger ein offenes Geheimnis, dass D nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Lohnkosten, Bürokratie, Steuerlast, Umverteilungswahn, Umweltachterbahn etc. Natürlich kann man an den Symptomen rumdocktern, langfristig helfen tut es nicht. Am Ende stehen wir schlimmer da als vorher.

  • Anreize für private Investitionen, z.B. ein höherer CO2-Preis, der Einsparinvestitionen auslöst, würden es doch auch tun.



    Die Baukonjunktur kann mit Erleichterungen beim Mietrecht angekurbelt werden.

    Werden die Einnahmen aus dem CO2-Preis nicht sozial neutral zurückgegeben (also mehr Geld für wohlhabende Haushalte, die im allgemeinen auch mehr Energie verbrauchen und daher für höhere Emissionen den CO2-Preis zahlen), sondern pro Kopf einheitlich, hat man sogar eine soziale Komponente, die z.B. die Wirkung geänderten Mietrechts abpuffert.

  • wie wäre es mit aufhebung der rein iedeologischen schuldenbremse? erhöhung des mindestlohnes? mehr bürgergeld statt sanktionen? mehr fortbilung + umschulung für erwerbslose? ein abm-prgramm, was wegkommt von der 1-euro-job-mentalität? investitionen in die schiene + klimafreundliche umbaumaßnahmen? konversionsprogramm für die autolastige metallindustrie?

  • Der Bund der Steuerzahler hat gerade sein Schwarzbuch veröffentlicht. Wie man sehen kann, führt der Begriff Investition sehr leicht in die Irre. Es ist auch nicht so einfach, eine exportorientierte Wirtschaft mit internen Maßnahmen im Wachstum zu halten. Die Inflation ist noch nicht gegangen und die bereits vollzogenen Preiserhöhungen bleiben dauerhaft und haben ein Potential für neue Preisrunden hinterlassen (z.B. Auto und Gebäude Versicherungen).



    Es wäre sicher wünschenswert, die kalte Progression für mittlere Einkommen abzufedern und auch die Sanierung öffentlicher Bauten und Infrastruktur ist notwendig. Bei den öffentlichen Ausgaben muss aber immer die begleitende inflationäre Wirkung mit bedacht werden, am besten sollten begleitend Gießkannensubventionen eingestellt werden. Eine Industriebranche, der es schlecht geht, sollte Leistungen auch preiswerter als sonst anbieten. Das EEG ist nicht mehr zeitgemäß, da es hochfrequente Schwankungen in der Energieerzeugung begünstigt und damit Verschwendung von Ressourcen fördert.

  • Leider verhindert die FDP die Abschaffung der Schuldenbremse.

    Die FDP will erst bei den Sozialleistungen so viel sparen und abschaffen wie möglich und dieses Geld, das ja dann von den Unternehmen nicht mehr ausgegeben wird, soll dann in die Unternehmensgewinne fließen.

    Den Rest regelt der Markt. Siehe Amerika.

  • Dieses ideologische, sture Festhalten an der Schuldenbremse ist ein Hauptgrund für die Misere. Es ist eine Binsenweisheit, die ALLE Experten bestätigen: in solchen Zeiten muss der Staat mit Investitionen helfen, wieder Schwung in die Wirtschaft zu bekommen - so wie es alle Welt macht. Nur nicht die Kirmes-Partei FDP. Deren Vorsitzender hat seine eigene Firma in die Insolvenz geführt und geriert sich nun als "Finanzexperte". Manchmal drängt sich der Verdacht auf, dass diese Egomanen darauf hinarbeiten, die Wirtschaft den Bach runtergehen zu lassen, es ist ja nicht ihr Ressort. Und das kann man den GRÜNEN dann gerne in die Schuhe schieben...

  • Exorbitante und nicht wettbewerbsfähige Strompreise für Industrie (und Bevölkerung) zulassen, das als Rechtfertigung anführen dass der Umbau auf alternative Energien alternativlos sei, dann aber nahezu zeitgleich die Solarbranche am langen Arm verhungern lassen und seelenruhig ins Ausland abwandern lassen...



    Und das ist nur ein katastrophales Beispiel für die "Leistung" dieser Regierung. Ich nenne hier absichtlich nicht explizit Habeck - keiner in der Ampel tat sich in den 3 Jahren bisher durch Kompetenz hervor. Handwerklich ist das die schlechteste Regierung ever - gut gemeint, katastrophal umgesetzt