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Deutsche Debatte um George Floyds TodSchwierige Analogien

Auch in Deutschland wird anhand US-amerikanischer Beispiele rassistische Polizeigewalt diskutiert. Die Ausgangslage ist dabei sehr verschieden.

Protest gegen Polizeigewalt in Minneapolis nach dem Tod George Floyds Foto: dpa

Die brutale Ermordung eines schwar­zen Mannes, George Floyd, durch zwei Polizisten in den USA hat viele Menschen ver­an­lasst, Parallelen zu Deutschland zu ziehen. Die Namen von Brechmitteltoten wie Laya Condé aus Bremen und Achidi John in Hamburg wurden genannt. Erinnert wird auch an den 2019 gestorbenen Hamburger Psychia­trie­patienten William To­nou-Mbob­da aus Kamerun, an den 2018 in der JVA Kleve gestorbenen Ahmet A. aus Syrien, an den 2006 in Dortmund von der Polizei erschossenen Dominique Kou­ma­dio aus Kongo und weitere.

Dabei sahen viele vor allem das Gleiche in all diesen Fällen. Doch wer sagt „Ihr braucht nicht mit dem Finger auf die USA zu zeigen, denkt nur an Oury Jalloh“, entlastet den US-amerikanischen Staat und die Gesellschaft von ihrer spezifischen Verantwortung für den Tod Floyds. Denn so erscheint rassistische Polizeigewalt als Universalismus, die in mehrheitlich weißen Gesellschaften überall gleich ist.

Das ist sie aber nicht. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen, die historische Genese des gesellschaftlichen Rassismus, die Stellung von AfroamerikanerInnen in den USA und der im Vergleich zu diesen viel heterogeneren nichtweißen Bevölkerung hier. Das festzustellen ist keine Hierarchisierung – böse USA, nicht ganz so böses Deutschland –, sondern Voraussetzung, um gegen rassistische Polizeigewalt in ihrer jeweils konkreten Gestalt vorgehen zu können.

Kern rassistischer Ausgrenzung hier ist die Ansicht, Nichtweiße seien keine Deutschen, sie gehörten nicht hierher und sollen wieder dahin, wo sie hergekommen sind. Pass und Geburtsort sind dabei egal. Das ist heute die zentrale ideelle Grundlage – und vermeintliche Legitimation – für Angriffe auf Nichtweiße in diesem Land. In den USA funktioniert die Abwertung von schwarzen Menschen, die in der Polizeigewalt immer wieder ihre mörderische Konsequenz findet, anders. Dass sie AmerikanerInnen sind, wird in der ­Regel nicht infrage gestellt. Sie gelten zwar als BürgerInnen, aber eben als solche zweiter Klasse.

Ähnliche Konsequenzen

Die historischen Grundlagen für diesen Unterschied liegen noch nicht lang zurück: Als in den USA in den 1950er und 1960er Jahren die von der Sklavenhaltung übrig gebliebene, gesetzlich festgeschriebene Diskriminierung von schwarzen Menschen im Südosten des Landes bekämpft wurde, setzte in Deutschland die große, die heutige Migrationsgesellschaft prägende Zuwanderung gerade erst ein. Damit hängt zusammen, dass die Bewegung gegen die Diskriminierung schwarzer AmerikanerInnen sich bis heute vor allem als Bürgerrechtsbewegung (Civil Rights) versteht, während rassistische Polizeigewalt und Diskriminierung hier im Kontext von Migration verhandelt werden.

Rassistische Polizeigewalt wird beschämend selten aufgeklärt

Die praktischen Konsequenzen im Alltag sind in beiden Gesellschaften ähnlich: Nichtweiße werden öfter kontrolliert, öfter dabei misshandelt, können sich schlechter dagegen wehren und werden härter bestraft. Rassistische Polizeigewalt wird beschämend selten aufgeklärt und geahndet, hier wie dort. Es gibt dabei statistische Unterschiede. Hierarchisieren lassen diese sich aber nicht: Denn das Risiko für Nichtweiße, Opfer zu werden, ist zwar nicht überall gleich hoch, aber überall real.

Trotzdem ist festzustellen, dass Art und Ausmaß der Polizeigewalt in den USA mit der obsessiven Fixierung auf einen autoritären, strafenden Staat dort zu tun haben. Die wiederum ist Folge des US-amerikanischen Sozialstaatsabbaus seit den 1970er Jahren. Dieser Abbau brachte eine einflussreiche, blühende private Knastindustrie hervor mit einem Weltrekord von 655 Gefangenen je 100.000 EinwohnerInnen (Deutschland: 77) – wobei schwarze Beschuldigte dort etwa fünfmal öfter in Haft kommen als Weiße.

Daraus ergeben sich teils gleiche, teils unterschiedliche Ansatzpunkte für politische Kämpfe gegen Polizeigewalt. Gleich ist die Notwendigkeit, Corpsgeist zu durchbrechen und Haftbarkeit herzustellen, etwa durch die Einrichtung unabhängiger Instanzen, die Polizeigewalt wirksam ahnden können. In den USA ist eine wichtige Herausforderung die Zurückdrängung der Gefängnisindustrie mit ihrem Zero-Tolerance-Lobbyismus. In Deutschland aber kommt es vor allem darauf an, die Infragestellung der Zugehörigkeit Nichtweißer zur Gesellschaft zu beenden. Denn nur wenn die Zugehörigkeit allgemein akzeptiert ist, werden sich Rassismus im Alltag und durch staatliches Handeln eindämmen lassen.

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28 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wie kommen Sie Herr Jakob denn bitte darauf, dass ein Verweis auf das deutsche Rassismus-Paralleluniversum "den US-amerikanischen Staat und die Gesellschaft von ihrer spezifischen Verantwortung für den Tod Floyds entlastet"? Was für ein grober Unfug! Das verweist lediglich darauf, dass es eben nicht nur dort rassistischen Machtmissbrauch durch Polizeibeamte gibt!



    Und natürlich ist "rassistische Polizeigewalt ein Universalismus, die in mehrheitlich weißen Gesellschaften überall gleich ist" - alles andere ist geschichtsklitternde Ursachenkosmetik für einen besseren vs schlechteren Systemrassismus in dem rassistische Bullen systematisch und juristisch straffrei töten und misshandeln dürfen. Der Bodycount spielt bei dieser Systematik für die jeweilig betroffenen Opfer und deren Familien keinerlei Rolle - die Erfahrung ist 100% dieselbe in jeden einzelnen Fall!



    Und auch historisch ist Rassismus eine Erfindung Weißer Kolonisten aus Europa, die eben auch die "USA" kolonisiert haben - jetzt so zu tun als ob die da drüben eine andere Spezies wären, ist ignorante Augenwischerei!

  • Ein guter Artikel, der einen wichtigen Punkt anspricht.

  • Glenn Loury und John McWorther diskutieren den Vorfall:

    www.youtube.com/watch?v=2RMEiclpA7E

  • Es gibt auch staatlich angeordnete, staatlich geduldete, staatlich verschleierte, staatlich verharmloste Gewalt gegenüber Menschen in Deutschland, die gerade durch den Staat bzw. die staatlichen Institutionen als nicht volkszugehörig definiert wurden und werden. Viele werden jetzt sagen, es ist doch vieles besser geworden. Sicherlich! Aber durch den kontinuierlichen Verweis auf „Verbesserungen“ kann auch einiges weiter fortlaufen wie bisher. Die sogenannten Verbesserungen bieten einen guten Schutz für die kontinuierliche rassistische Praxis.

    Was mir beim Artikel zu kurz kommt bzw. gar nicht thematisiert wird: Die historische Kontinuität des institutionellen Rassismus in Deutschland. Wir haben hier die „Höchstform“ erlebt. Ich möchte die BRD der 2020er Jahr definitiv nicht vergleichen mit der mörderischen Zeit 1933-45. Aber das was 33-45 stattfand, hat doch ein Davor und ein Danach. Es gab davor schon Bedingungen, Vorstellungen, Bilder UND Strukturen, die es mehr als ermöglicht haben, dass insbesondere Jud*innen und Sinti*zze und Roma*nja in der grausamsten Weise durch den Staat (und durch die Polizei) erfolgt und ermordet wurden. Diese Vorstellungen haben doch nach 45 nicht aufgehört, sondern stark nachgewirkt! Die gegenwärtigen Praktiken und Erscheinungsformen der institutionellen Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen in Deutschland, die nicht als „volkszugehörig“ gesehen werden (natürlich auch durch den Staat), muss in einer historischen Kontinuitätslinie betrachtet werden. Daher kann ich der Aussage, rassistische Polizeigewalt und Diskriminierung werde hier im Kontext von Migration verhandelt, nicht zustimmen. Das blendet mir die Diskriminierung autochthoner Minderheiten gänzlich aus.

  • Etwas widersprüchlich: "Denn nur wenn die Zugehörigkeit allgemein akzeptiert ist ..." - In den USA ist sie akzeptiert (steht im selben Artikel) und es existiert dennoch Rassismus.

    • @Laurenz Kambrück:

      Ich habe nicht verstanden, wo für Sie der Widerspruch ist.

      Herr Jakob arbeitet ja heraus, dass die gesellschaftliche Basis des Rassismus in den USA eine andere ist.

  • ok sorry aber habt ihr mal mit Kollegen gesprochen die wissen was Rassismus ist? Nee, jetzt nicht theoretisch...



    Das ist echt einer der schlechtesten Artikel den ihr seid langem veröffentlicht habt.



    Weil wir hier alle nur ein Problem der "Papieranerkennung" und politischen Zugehörigkeit haben ist der Kern von Rassismus ein anderer? Habt ihr mal mit Soziologen über solche kruden Thesen gesprochen? Und alle denen Papiere egal sind, sind keine Rassisten? Wow, die These selbst strotzt vor Alltagsrassismus und einer extrem weiß, privilegierten Männermeinung. Und ich habe noch gar nicht geschaut wer ihn geschrieben hat. Aber eure Redaktion ist ja auch weiter von einem Querschnitt der Republik entfernt als die der Bildzeitung...

  • Mich stört immer wieder, das hier in den Kommentaren relativiert wird wie mit "Andersfarbigen" in Deutschland umgegangen wird.



    Menschen zu unterscheiden in Weiß und Nichtweiß ist erstmal unproblematisch, wir unterscheiden ja auch in lockige Haare oder nicht lockige Haare. Nur das es halt egal ist welche Haarstruktur man hat und bei Hautfarbe eben nicht.



    Menschen mit anderer Hautfarbe werden in Deutschland halt angefeindet, und Weiße werden das niemals verstehen, da sie Priviligiert sind. Und solange das so ist, müssen wir es bennenen, denn es wird auch nicht verschwinden wenn wir es ignorieren. Es ist viel wichtiger, dass wir aus unserer Sprache rassistische Äuserungen entfehrenen.



    Aus einem Text über Polizei:



    "Jede_r, der_die noch keine schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht hat, ist wahrscheinlich privilegiert..."

  • "Ihr braucht nicht mit dem Finger auf die USA zu zeigen, denkt nur an Oury Jalloh“, entlastet den US-amerikanischen Staat und die Gesellschaft von ihrer spezifischen Verantwortung für den Tod Floyds. Denn so erscheint rassistische Polizeigewalt als Universalismus, die in mehrheitlich weißen Gesellschaften überall gleich ist.

    Das ist sie aber nicht."

    Doch, das ist sie. Sie äußert sich nur unterschiedlich – aber es ist der gleiche Rassismus, die gleiche Menschenverachtung und der gleiche Hass. Das dieser, so er sich in Institution und Uniform äußert, hier andere Traditionen hat und sich unterschiedlich äußern kann ändert daran nicht so viel.



    Am Schluß führt diese Behauptung dann doch wieder bei vielen zum "besseren Deutschland".

    Aber Rassismus tötet, hier wie da.

    Und auch in den USA sind nicht nur Schwaze oder Indigene, sondern people of color allgemein sein Ziel, entgegen der Symbolik nicht als gleichebrechtigter Teil der weißen Mehrheitsgesellschaft akzeptiert.



    In beiden Staaten gibt es zudem einen Krieg gegen Migration und Muslim*innen. Es gibt die segregierten Kinder und ermordeten lateinamerikanischen Migrant*innen in den ICE-Lagern dort, die Ankerzentren und Abschiebeknäste mitsamt ihrer Isolationstoten hier.

    Die Benennung der Gemeinsamkeiten ist demgegenübr auch ein Ausdruck grenzübergreifener Solidarität. Die Unterschiede sind allen Aktiven bewußt, der Schwerpunkt des Artikels ist ein bisschen seltsam.

  • Die Stadtverwaltung von Berlin sollte die Strasse, an der die amerikanische Botschaft liegt, in George-Floyd-Strasse umbenennen.

    • @Blauer Apfel:

      Einverstanden. Und die Straße, an der die chinesische Botschaft liegt benennen wir nach Dr. Li Wenliang.

      • @Tobias Schmidt:

        Straße in Gedenken an die Opfer des Tianmen-Massakers, der "Kulturrevolution" oder der Honkonger Polizei (am besten alle drei zusammen) wäre da auch ganz passend für die Berliner Brückenstraße.

  • Dass die Zugehörigkeit „Nichtweißer“ zur Gesellschaft allgemein akzeptiert ist, scheint mir eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung dafür zu sein, dass sich „Rassismus im Alltag und durch staatliches Handeln eindämmen lassen.“

    Wer wirklich etwas tun will gegen rassistische Polizeigewalt, der sollte gerade das Universelle daran untersuchen, finde ich. Es geht schließlich nicht um Kosmetik. Es geht darum, Ursachen auszuschalten. In einer globalisierten Welt sogar ganz unabhängig davon, welche Hautfarbe die jeweilige „Mehrheitsgesellschaft“ gerade hat.

    Die Voraussetzungen und die “historische Genese“ des Rassismus oder die Stellung der davon Betroffenen mögen von Land zu Land verschieden sein. Sein „eigentliche[r] Kern“ ist allerdings überall gleich. Es ist das Bedürfnis, eine bestimmte Art Autorität auszuüben bzw. ausüben zu lassen. Eine, die auf der Angst vor Gewalt fußt und Sicherheit geben soll.

    Wo Menschen dieses Bedürfnis verspüren, wird sich immer auch ein Grund finden, es auszuleben. Und sei es auch nur die unbewiesene Behauptung, Menschen mit bestimmten äußeren Merkmalen wären grundsätzlich eine potentielle Gefahr. Wo sich weite Teile der Gesellschaft einig sind in ihrer autoritären Prägung, wird das nur zu gern geglaubt. Ein Büttel findet sich dann immer.

    So lange sich Möchtegern-Beschützer und angeblich Schutzbedürftige einig sind in ihrem Hass und alle zusammen eine politische Mehrheit haben, hilft gegen Alltagsrassismus und rassistische Polizeigewalt auch kein demokratischer Rechtsstaat. Was die USA heute sind, könnte Deutschland in ein paar Jahren also auch sein. Einen Sozialstaatsabbau gibt es hier schließlich auch. Und dass es eine „Knastindustrie“ gibt, ist womöglich nur noch eine Frage der Zeit.

    Merke: Kein Staat kann besser sein als die Mehrheit seiner Bürger ist. Ein Staat aber, der auf Gewalt setzt, macht seine Bürger nicht besser, sondern schlechter. Und zwar ganz unabhängig von der Pigmentierung ihrer Haut.

  • “Die Ausgangslage ist dabei sehr verschieden.” Eine richtige Feststellung!

    Hinzuzufügen wäre noch: 'Rassismus' wird in den USA selbst kontrovers diskutiert, auch unter Linken, auch unter Schwarzen. Universitäten und ein großer Teil von Kultur/Medien sind identitätspolitisch dominiert – und hier heißt der Standardvorwurf: systemischer Rassimus, seit Jahrhunderten unverändert. Demgegenüber stehen z.B. kritische schwarze Stimmen, wie John Mcworther, Coleman Hughes oder Glenn Loury: Sie weisen auf klare Fortschritte in der Stellung der Schwarzen in den us-amerikanischen Gesellschaft, Autoren, die den identitären 'Anti-Rassismus' strikt ablehnen. John Mcworther vergleicht diesen mit einer Religion.

    Sie sagen nicht, daß es keinen Rassismus mehr gäbe, aber sie möchten ein differenziertes Bild der Wirklichkeit, und u.a. ‘Kultur’ in die Analyse mit einbezogen wissen: Kulturelle Unterschiede zwischen weißer und schwarzer Bevölkerung, aber auch zwischen verschiedenen Migrantengruppe dürften nicht übersehen werden.

    Wo identitätspolitische Akteure z.B. aus dem höheren Bildungsniveau (und Einkommensniveau) der weißen gegenüber der afro-amerikanischen Bevölkerung den Schluß ziehen, daß hierfür weißer ‘Rassismus’ verantwortlich ist, verweisen sie darauf, daß (äußerlich nicht zu unterscheidende) Schwarze aus den ‘Westindies’ und mehr noch asiatische Einwanderer deutlich bildungsorientierter und ökonomisch erfogreicher sind, teilweise sogar mehr als Weiße. Hier erfahren wir z.B., daß innerhalb der Subkultur afro-amerikanischer Jungengruppen Bildungssorientierte damit rechnen müssen, als ‘acting white’ ausgegrenzt zu werden. - Jedenfalls wird das Bild komplexer und mehrdimensional – so wie die Wirklichkeit meistens ist.

    Zwei Literaturhinweise:



    newdiscourses.com/...from-the-wokish/#R



    areomagazine.com/2...against-black-men/

  • Das Grundproblem der USA ist: die "Beamte" dort sind angelernte Hilfskräfte, Gehälter haben wohl eher den Vorteil sicher zu sein statt angemessen hoch, oft machen Polizisten alleine Streifendienst, Es gibt kaum ein Land mit mehr Waffen in Privatbesitz, auch vollautomatische Kriegswaffen, die völlig legal geführt werden dürfen. D.h. die nicht gut ausgebildeten Kräfte müssen immer damit rechnen das das Gegenüber gewaltbereiter und besser bewaffnet ist als man selbst. Andererseits zieht man natürlich auch Law and Order Typen, Rassisten jeder Farbe, magisch an. Und wenn eh zu wenige den Job machen wollen, warum filtern?

    • @danny schneider:

      Die private Verfügbarkeit von Waffen und die Entlohnung von Polizisten sind sicher Probleme, aber bestimmt nicht _das_ Grundproblem. Zu den drängendsten Grundproblemen und Herausforderungen der USA kann aber auf jeden Fall Rassismus genannt werden.

      • @Marius:

        Na ja, das mit den Waffen und das mit der Ausbildung könnte der Staat binnen 1-2 Jahren Dauer problemlos ändern.

        Und gescheit ausgebildete Beamte könnten auch helfen das Rassismus Problem zu bekämpfen.

        • @danny schneider:

          In den USA ist mit den Waffen leider ähnlich wie bei uns mit Tempo 120 auf der Autobahn... Das wird so schnell nix.

          Die beiden Argumente von Ihnen würden aber auch den klassischen Weißen treffen. Tun sie nur eher weniger.



          Das Problem mit Rassismus scheint mir komplexer zu sein als Polizisten besser auszubilden und zu bezahlen.

  • Hallo,



    Im Text heißt es :" Die praktischen Konsequenzen im Alltag sind in beiden Gesellschaften ähnlich: Nichtweiße werden öfter kontrolliert, öfter dabei misshandelt, können sich schlechter dagegen wehren und werden härter bestraft."

    Trifft das nicht in ähnlicher Form auf Männner zu? Werden die nicht auch eher als bedrohlich empfunden und öfter kontrolliert, härter bestraft etc.



    Scheint niemanden zu stören, warum nur?



    Sowohl Männer als auch nicht weiße Menschen werden häufiger Täter aber auch Opfer von Gewalt, wieso nehmen wir die damit einhergehenden Probleme so unterschiedlich wahr?



    In Deutschland sind über 90% der Gefängnisinsassen männlich, ist das nicht auch ein Zeichen von massiver struktureller Diskriminierung?



    Die Frage ist übrigens nicht ironisch gemeint. ich will damit nicht die Probleme nicht weißer Menschen beschönigen. Aber die Ignoranz bezüglich der Männer ist schon bemerkenswert.

    • @Ian:

      Schön das Sie die Frage stellen.



      Ich, als schwarzer Mann, versteh es auch nicht.



      Aus meiner Erfahrung, sind mir viele Sachen nur wegen meiner Hautfarbe passiert ( meine Basis: fremde Menschen, fremde Orte, noch keine Gelegenheit gehabt ,etwas falsch zu machen), aber das Ausmaß, die nicht vorhandene Solidarität in der Situation, die Schuldzuschreibung, die Unmöglichkeit sich in den Augen der Umgebung richtig zu verhalten, die ganze Empathielosigkeit, dass was mich am stärksten verändert ,sich für den Rest des Lebens eingebrannt hat, gab es, weil ich ein Junge/Mann war.

    • @Ian:

      Vermutlich weil es Männer sind, die kontrollieren,strafen,schlagen.Inwieweit ein toxischesMännlichkeitsbild Einfluss auf Rassismus hat,wäre bestimmt interessant zu untersuchen.



      Meiner Erfahrung nach sind die meisten Rassisten auch Sexisten.

      • @pippilotta_viktualia:

        Nein. Es waren/sind auch die Frauen, auch als Schläger (siehe den Artikel über den Einsatz wg eines mgl Einbruchs; aber ich spreche aus meinen Erfahrungen).



        Besonders übel ist die Gewohnheit verbreitet, dass hinter jedem verletzten Jungen/Mann, ein paar Mädchen/Frauen stehen, denen es bei diesem Anblick noch viiiel schlechter geht und die dringend Trost benötigen. Wie musste jetzt schon wieder sowas über den Horizont einer armen unschuldigen Frau schwappen. Zur Aufrechterhaltung dieses netten, chauvinistischen Gefühls, mussten weibliche Täter unbedingt unsichtbar sein und alles zu einem Männerding uminterpretiert werden. Auch von mir. Die Situationen mit, meist älteren, Frauen, hab ich als Kind noch schneller verdrängt.

        Und ja, sie haben ein toxisches Männlichkeitsbild.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    "Dabei sahen viele vor allem das Gleiche in all diesen Fällen. Doch wer sagt „Ihr braucht nicht mit dem Finger auf die USA zu zeigen, denkt nur an Oury Jalloh“, entlastet den US-amerikanischen Staat und die Gesellschaft von ihrer spezifischen Verantwortung für den Tod Floyds."

    Das sehe ich anders. Wenn man diesen Satz als deutsche Staatsbürger*in in Deutschland sagt, dann heißt das, dass der US-merikanische Staat und seine Gesellschaft dafür Verantwortung tragen und eben nicht die deutschen Staatsbürger, deren primäre Aufgabe es ist, Verantwortung für den Rassismus im eigenen Land zu übernehmen (was sie kaum jemals tun).

    Die Analyse über die verschiedenen Ursachen des Rassismus ist so nicht haltbar. Der amerikanische "schwarze" Antirassismus hat den Schwerpunkt in der Bürgerrechtsbewegung. Für viele Migrant*innen aus den lateinamerikanischen Ländern ist das jedoch Luxus. Sie sind noch nicht einmal Bürger*innen, sie haben nicht einmal Bürgerrechte, deren Achtung sie einfordern könnten. Diesen Unterschied der Verschiedenheit der Staaten zuzuorden und nicht der unterschiedlichen Lage der Entrechteten, geht so nicht auf. Damit werden nur die entrechteten lateinamerikanischen Arbeiter*innen marginalisiert.

    Ganz vergessen ist der ökonomische Rassismus des Kapitalismus (in seiner neoliberalen Ausformung noch gesteigert), der die "schwarze" Bevölkerung der USA erst in ihre Abhängigkeit gebracht hat und der auf beiden Seiten des Atlantiks für die brutale Ausbeutung von marginalisiserten Lohnabhängigen sorgt. Wenn es zum Wohle "aller" aber immer einigen Menschen schlechter gehen muss, dann ist diese politische wie rechtliche Praxis (30% Sanktionen auf das Existenzminimum sind auch laut BVerfG nicht menschenunwürdig) nicht weniger als sozialrassistisch.

    Es geht in D nicht nur im die Zugehörigkeit "Nichtweißer" (?) zur Mehrheitsgesellschaft. Deutsche Unternehmen beuten auch "weiße" Osteuropäer brutal aus und lassen Halbsklaven in der ganzen Welt für sich arbeiten.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Sorry: der Rassismus hat doch nicht seinen Ursprung in der Bürgerechtsbewegung??? Sonst hätte es die ja nicht geben müssen....

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Nur nebenbei gesagt:



      Durch die Bezeichnung "Nichtweiße" nicht die problematische weiße Identität reproduziert. Ich sehe mich selbst nicht als weiß an. Was ich im Spiegel sehe, ist schweinchenrosa. Im Sommer kann sich das ändern, wenn ich Sonnenbaden war.



      "Weißheit" ist in der europäischen vorkapitalistischen Oberschicht entstanden. Um sich von den sonnengebräunten Bauern abzugrenzen, fingen die feinen Damen und Herren an, Sonnenschirme zu benutzen und sich bleich zu schminken. In Japan gibt es historisch den gleichen Zusammenhang. Auch dort gilt Bräune als Zeichen der Unterschicht und als nicht attraktiv.



      "Weißer" Rassismus hat seine Ursache bis heute fortwährend in den ökonomischen Differenzen und Privilegien. Konsequenter Antirassismus ist deswegen auch antikapitalistisch.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Es geht icht um Hautfarbe sondern um Rassismus und seine Folgen. In dem Fall: Glückwunsch, auch als selbstidentifiziert "Nichtweiße:r"… pink skin, white privilege.

        Und nein, Kapitalismus ungleich Rassismus, nicht identisch, nur historisch lange Zeit gute Verbündete. Wer so einen platten Hauptwiderspruch aufmacht hat eigentlich von beiden Phänomenen nicht wirklich Ahnung.



        Natürlich ist es konsequent im Kampf gegne Herrschaftu nd Unterdrückung die Ablehnung beider (und ihrer Schnittmengen) zu betonen. Trotzdem bei weitem nichtidentisch.

  • Guter Artikel. Nur ein Kritikpunkt. Wann immer irgendwelche Statistiken genannt werden, dann bitte doch auch gleich die Quellen hinzufügen.

  • Danke für diese klare Analyse.