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Deutsch als ZweitspracheKein Grund zur Panik

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Laut Bundesfamilienminsterium spricht jedes fünfte Kita-Kind zu Hause kein Deutsch. Doch darauf kommt es gar nicht an, sondern auf die Förderung.

Damit sie in der Schule besser mithalten können, fordert die FDP Sprachförderung schon in der Kita Foto: Jens Büttner/ap

D ie Deutschen und Fremdsprachen, das ist schon immer heikel gewesen. Der grüne Außenminister und frühere Taxifahrer Joschka Fischer erwarb im Crashkurs die erforderlichen Englischkenntnisse. Gerhard Schröder konnte Bundeskanzler werden ohne verhandlungssicheres Englisch. Er konnte seine Sprachkenntnisse im Laufe seiner Amtsperioden erfreulich aufbessern. Also: Sprachen kann man lernen.

Daher ist Vorsicht angebracht, wenn jetzt wieder gemahnt und gewarnt wird angesichts von Zahlen des Bundesfamilienministeriums. Danach spricht jedes fünfte Kita-Kind zu Hause kaum deutsch. In Städten wie Bremen und Berlin ist es sogar jedes dritte Kita-Kind, in dessen Familie zu Hause nicht deutsch gesprochen wird, sondern vielleicht arabisch, türkisch, polnisch oder auch englisch.

Anstatt aber jetzt festzustellen, dass es Hunderttausende von Kindern gibt, die von Hause aus eine bemerkenswerte Leistung erbringen, nämlich die Integration der Familiensprache einerseits mit der deutschen Sprache in Kita, Schule und im sonstigen Leben andererseits, anstatt also diese Integrationsleistung zu würdigen, wird Alarm geschlagen. Diese Kinder haben später schlechtere Chancen, heißt es.

Dann müssten die östlichen Bundesländer die High Potentials von morgen hervorbringen, dort wird in fast 90 Prozent der Haushalte deutsch gesprochen. Vielsprachigkeit ist ein Zeichen der Globalisierung, und es kommt auf die Sprachförderung in Kitas und Schulen und auf die soziale Durchmischung an, damit Kinder genug Deutsch üben, in Wort und Schrift, um später damit in einer beruflichen Ausbildung, im Studium und im Geschäftsleben zu bestehen.

Es ist richtig, wenn die FDP darauf besteht, die Sprachförderung in Kitas auszuweiten. Parallel dazu sollte man aber den Katastrophendiskurs überdenken, wenn es um die Zweisprachigkeit von Kindern geht. Oder steht dahinter eine soziokulturelle Abwertung bestimmter Herkunftssprachen? Der Verdacht kommt auf.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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18 Kommentare

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  • Das Problem sind natürlich nicht die Kinder. Es sind die Eltern die kein Interesse sich der Sprache des Landes in dem sie leben anzueignen bzw. zu praktizieren. Diese Sprachbarriere können dan Kitas und Schulen auffangen.

  • Ich bin das abgehobene und pausalisierende Theoretisieren sooooo leid! Wer von Ihnen allen hat denn eine über 20-jährige Erfahrung in Sachen Kindererziehung und dazu die jahrelange Begleitung von problembeladenen Migrantenfamilien vorzuweisen? Wer von Ihnen hatte darüberhinaus je mit Analphabeten in anderen Ländern, in denen diese auch noch die Mehrheit der Gesellschaft stellen, wie beispielsweise in Südasien, längerfristig zu tun? Können Sie von sich behaupten, die Lebensbedingungen in den zahllosen Herkunftsländern zu kennen, undzwar nicht nur vom gediegenen Hotel aus? Ehrlicherweise sollten Sie sich eingestehen, dass Sie in einer bildungsbeflissenen, mitteleuropäischen Blase leben und sich absolut nicht in die Gedankengänge von Menschen mit einem vormodernen Erfahrungshorizont hineindenken können. Das ist aussichtslos. Ein indischer Schulleiter auf dem platten Land erzählte mir, dass regelmäßig Väter empört bei ihm auflaufen und fragen, warum ihr Kind drei Wochen nach der Einschulung noch nicht lesen und schreiben kann? Sie bezahlten doch schließlich dafür! Was machen sie mit Vätern und Müttern, die überhaupt keine Erfahrung mit formaler Schulbildung besitzen und über keine der in der westlichen Welt zwingend erforderlichen Kulturtechniken verfügen? Vor diesem Problem stehen zahllose Lehrer in den sogenannten Dritte-Welt-Staaten, die nicht die Kinder der Elite des Landes beschulen, sondern jene, die als erste Generation überhaupt mit Schulbildung in Berührung kommen. In Indien gibt es ca. 600 Millionen Analphabeten. Bei solch grassiendem Bildungsmangel ist die Sprachbildung echt ein sekundäres Problem. Mein sympatischer türkischer Nachbar sagte mir vor 22 Jahren, als ich einen Deutschkurs für Frauen anbot, dass seine Frau nicht einmal die türkischen Nachrichten versteht, weil sie nie in der Schule war. Was können sie von Müttern mit dem Bildungsstand einer mitteleuropäischen 10-Jährigen erwarten? Welche Orientierung können diese ihren Kindern geben?

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Das Zuhause in der Fremdsprache geredet wird ist doch kein Problem.

    Das Eltern dieser Kinder nach 40jahren in Deutschland immer noch nicht die Sprache des Landes in dem sie leben können, das ist das Problem und zeigt auf worum es geht

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Das Problem besteht doch eher auf Seiten der Eltern. Verdienen sie weniger als 100 T€ und können kein Deutsch? Dann wird ihr Leben hier schwer werden und damit die Kinder belasten.

  • Als Lehrer habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Eltern zum Teil sich nicht die Beine ausreißen Deutsch zu lernen. Es sind meist die Mütter, die darauf keinen oder wenig Wert legen, das Hauptaugenmerk liegt halt und völlig o.k. auf der Mutterschaft. Das Kind kommt von der Schule und spricht zu Hause, auch völlig o.k., die Muttersprache.



    Also Fördern und Fordern gilt vor allem für die Eltern. Die Kinder leisten in der Schule schon genug!

  • "konnte Bundeskanzler werden ohne verhandlungssicheres Englisch."

    Das lernt man ja auch so nicht an deutschen Schulen.

    Wer mal ein Kind gesehen hat, das in einem Geschäft oder so augenscheinlich kein Wort versteht das dort gesprochen wird wir meine Aussage nachvollziehen können: Wer nach Deutschland kommt um hier zu leben sollte auch die Sprache dieser Bevölkerung sprechen. Ich bin neben Menschen aufgewachsen die daheim Ihre Sprache gesprochen haben: Essen aus der Heimat, TV aus der Heimat, nur Umgang mit Menschen der gleichen Herkunft... Die Nachbarin meiner Eltern versteht auch nach über 40 Jahren nur Brocken.

    Wenn ich in die USA ziehe ist es auch selbstverständlich das Englisch DIE Sprache ist und in Frankreich französisch.

    Es ist sicherlich nicht Aufgabe der Gesellschaft die Kinder zu unterrichten, sondern der Eltern.

    PS: Die Flüchtlinge aus dem Kosovo-Krieg konnten ruck zuck Deutsch. Warum? Auch die Eltern haben ganz selbstverständlich sich um die Sprache bemüht... Die Kinder konnten es bald besser als die Einheimischen. Also "korrekter"

  • A propos: Was ist eigentlich aus der Forderung Bayerns von vor fünf Jahren geworden, alle Immigranten hätten, bitte schön, auch zu Hause deutsch zu sprechen? Das prompte allgemeine Hohngelächter obdessen hatte dazu angemerkt, in Bayern dürfte dies nicht nur den Immigranten schwerfallen...

  • Der Artikel ist spannend, weil Frau Dribbusch zugleich recht und nicht recht hat.

    Klar ist es nichts Schlechtes, wenn Eltern zu Hause mit ihren Kindern nicht Deutsch sprechen, und gute und schlechte Sprachen gibt es nicht.

    Wenn Kinder aber in den 10 Schuljahren kein akzentfreies Deutsch schaffen, haben sie später ein Problem, dazu gibt es Untersuchungen, das kann Frau Dibbusch schlecht wegdiskutieren.

    Niemand hält eine Ärztin oder eine Anlagenberaterin für kompetent, die die Sprache ihres Heimatlandes nicht akzentfrei spricht.

    Das ist aber nicht die Schuld der Eltern. Die müssen darauf vertrauen können, dass Schulen, Kindergärten und die Bildungspolitik es hinkriegt, ihre Kinder nicht im Regen stehen zu lassen.

    Ein Fehler der Kinder ist es erst recht nicht.

    Frau Dibbusch hat recht, es ist eine Frage der Durchmischung.

    Und genau die kriegen die Landesregierungen nicht gebacken.

    Ich kenne persönlich Eltern, die haben sich bewusst für einen Wohnort entschieden, wo ihre Kinder die einzigen Kinder von Türken (Selbstdefinition der Eltern) in der Klasse sein werden.

    Der Vater ist in Berlin geboren, hatte in der Grundschule eine rein türkische Klasse gehabt und spricht nach 40 Jahren in seiner Geburtsstadt kein akzentfreies Deutsch.

    (Ich halte das übrigens für strukturellen Rassismus.)

    Bildungspolitikerinnen gleich welcher Couleur bekommen das Problem nicht gelöst, und deshalb sollte sehr wohl Katastrophenstimmung angesagt sein.

    Wenn es vor 40 Jahren bei einer deutlich geringeren Zahl von Einwandererkindern schon nicht funktionierte, wird es bei der größeren Zahl jetz nicht leichter werden.

    Der Vergleich mit östlichen Bundesländern hakt übrigens, weil dort Zweisprachigkeit sehr wohl weit verbreitet: Hochdeutsch und Dialekt.



    Inklusive soziokultureller Abwertung des Dialektes.

    Ein Linguistiker formulierte mal: "Ein Dialekt ist eine Sprache ohne Armee".

  • Vor knapp 10 Jahren habe ich einen Vortrag zum Thema bilinguale Erziehung besucht. Dort wurde ganz klar gesagt, dass Eltern in der eigenen Muttersprache mit den Kindern sprechen sollen. Als Gründe würde zum Besipiel angeführt: die Kinder lernen sonst unter Umständen falsches Deutsch von den Eltern, Gefühle und auch feine Nuancen von Wortbedeutungen können von den meisten einsprachig aufgewachsenen Menschen nur in der Muttersprache ausgdrückt werden.

    Wenn die Kinder dann mit 3 Jahren in den Kindergarten kommen, können Sie von September bis Ostern sprachlich zu deutschen Kindern aufholen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass im Kindergarten zwischen den Kindern und von den Erzieherinnen (Männer eingeschlossen) Deutsch gesprochen wird.

    Zweisprachigkeit fördert beispielsweise später den leichteren Spracherwerb von Fremdsprachen und schafft früh Verständnis dafür, dass es unterschiedliche Sprachen und Kulturen gibt.

  • Zitat: „Oder steht dahinter eine soziokulturelle Abwertung bestimmter Herkunftssprachen? Der Verdacht kommt auf.“

    Ein anderer Verdacht ist zunächst deutlich naheliegender. Der Verdacht nämlich, dass die Zuständigen Angst haben, ihrer eigenen Verantwortung gerecht werden, echtes Geld anfassen, umverteilen und die richtigen Leute auf die richtigen Stühle setzen zu müssen, nicht nur schöne und billige Reden halten zu können an Sonntagnachmittagen.

    Bisher war sprachliche Bildung in Deutschland vor allem Familiensache. Genau wie der Erwerb anderer „soft skills“. Wenn ein wachsender Anteil der Familien diese Leistung nicht mehr erbringt, könnte auffallen, dass auch sonst niemand sich zuständig fühlt. Auch nicht die Kitas und die Schulen. Das könnte recht peinlich werden. Spätestens, wenn die Wirtschaft sich beschwert und die Zeitungen berichten. Noch peinlicher, als etwa die Feststellung, dass das Schulessen nicht so gut ist, wie es sein sollte, nachdem ein großer Teil auch der eher bürgerlichen Mütter ihr Glück anderswo sucht, als ausgerechnet am Herd.

    Aber schon klar, wenn dann irgendwann deutlich wird, dass Angsthaben allein den zu erwartenden Problemen nicht abhilft, muss wieder jemand die Schuld haben. Und das können natürlich nicht die zuständigen Gehaltsempfänger sein, denn die müssten sich sonst Sorgen machen um ihre Privilegien. Spätestens dann wird das mit der „soziokulturellen Abwertung bestimmter Herkunftssprachen“ vielleicht noch werden.

  • In Deutschland geht es immer auch um eine Einstufung der Herkunftssprache nach ihrem hier wahrgenommenen Wert. Englisch, Französisch oder Spanisch: Oh, das ist ja so toll, wenn ein Kind mit zwei Sprachen aufwächst!



    Türkisch, Polnisch, Serbisch: Da muss zuhause auch mal Deutsch gesprochen werden!

    • @Michi W...:

      Nö, das war gestern. Spätestens seitdem Sie in Berlin in Restaurants reingehen können, wo keiner der Angestellten deutsch spricht, sondern nur Englisch, ist das im Wandel.

      Ich kenne genug Leute, die es für übberkandidelt halten, wenn Eltern mit ihren Kindern zu Hause Englisch sprechen, obwohl das nicht die Muttersprache beider ist.

      Und bei Polen sagt das sowieso keiner mehr. Polen können Deutsch. Wer mit 8 aus Polen kommt, kann mit 18 typischerweise akzentfreies Deutsch.

      • @rero:

        Ich bin froh, dass in Berlin die Leute weiter sind, aber hier in Frankfurt gibt es leider immer noch Personen, die genau diese Zweiteilung in "gute" und "schlechte" Fremdsprachen vornehmen, oft, ohne es zu merken. Meine Mutter hat mit mir Englisch gesprochen und Lieder mitgesungen, obwohl es nicht unsere Muttersprache war. Ich war auch statt in Religion schon in der Grundschule in Englisch und fand's toll. Das war 1968 die Ausnahme.

        • @Patricia Winter:

          Ich befürchte, die Tendenz geht in die andere Richtung, als Sie mich verstanden haben.

          Diesen englischsprachigen Restaurants haben eine elitäre Zielgruppe.

          Wer nicht genug Englisch kann, wird herablassend behandelt.

          Die sozial Ausgeschlossenen sind dann nicht mehr die Englischfans.

          Es ist in Berlin eben auch nicht selbstverständlich, in der Schule Englisch gelernt zu haben.

          Denken Sie daran, dass in Berlin einige ab einer gewissen Altersstufe noch Russisch in der Schule gelernt haben.

          Hinzukommt aus meiner Sicht, dass wer Englisch gelernt hat, meint, er/sie bräuchte keine weiteren Sprachen mehr zu lernen.

          Polen und Serben/Kroaten/Bosnier dagegen sind inzwischen die Einwanderer, die typischerweise wenig negativ auffallen und deren Kinder akzentfrei Deutsch können.

          Sie können aus Sicht der meisten reden, was sie wollen.

    • @Michi W...:

      Vermutlich weil viele die Erfahrung gemacht haben, dass Schüler mit Englisch, Französisch oder Spanisch-Hintergrund nicht überproportional häufig Probleme in der Schule haben.

      Im Gegensatz zu den Kindern, bei denen Zuhause nur Türkisch/Arabisch gesprochen wird.

  • Die Autorin verwendet die gleichen Startegien, die seit Monaten von der TAZ und anderen abgelehnt werden.

    "Oder steht dahinter eine soziokulturelle Abwertung bestimmter Herkunftssprachen?" Die Autorin stellt ja nr Fragen. Tendenziös und mit eindeutiger Absicht. Sprechen Sie es doch direkt aus und zeigen Sie mit dem Finger auf diejenigen, die Sie meinen. Arbeiten Sie nicht mit Tatktiken wie Hildmann und Co.

    Vielen Dank.

  • Zweisprachigkeit ist toll, wenn im Elternhaus wert auf Bilddung gelegt wird/die Kinder dort Unterstützung finden/gut in der Schule sind.

    Wenn zuhause kaum Deutsch gesprochen wird + schulische Probleme dazukommen + die Eltern die Kinder im Stich lassen (bildungsfern), dann wird das problematisch.

    Die Schule kann nicht alles leisten und nachholen, was Zuhause verpasst, nicht vermittelt und geleistet wird.

    Dass Sprachförderung wichtig ist, versteht sich von selbst.

  • Netter Versuch zur Verteidigung von Versäumnissen.



    Und dass die Schulen jetzt auch noch die landestypische Sprache beibringen sollen. Es würde dabei sehr helfen, wenn sie auch im Umfeld und Zuhause gesprochen wird. Das zeigen genügend Untersuchungen.

    „Die Deutschen und Fremdsprachen, das ist schon immer heikel gewesen. „



    Auch der Ansatz ist nett. 1. gibt es viele Länder in denen das Fremdsprachen Verhältnis deutlich schlechter ist. 2. zeigen genau die zitierten Beispiele das es auf die Eigeninitiative ankommt! Nicht darauf zu warten, bis irgendein Teil der Gesellschaft, Schule, es einem mehr oder weniger zwangsweise beibringt. Und 3. geht es dabei eben um Fremdsprachen! Nicht um die Sprache die für den Alltag in der gewählten Heimat notwendig ist.