Der Pate und der Filz: Filz im Ministerium
Filz ist, nachhaltig, grün und hat Bindekraft. Getragen wird er gern von der Basis der Grünen. Nun ist Filz auch im Wirtschaftsministerium angesagt.
Filz gilt wegen seiner hervorragenden Nachwachs- und Verrottungseigenschaften als Ökokönig unter den Textilien. Es braucht nur Druck, Schub, Feuchte, Wärme und ein bisschen Seife, um das biologisch vorbildlich abbaubare, aus erneuerbarem Rohstoff gefertigte Gut zu produzieren.
Filz wird als „Urstoff“ gefeiert. Nicht erst seit auch Architekten und Designer ihn als grün vermarktbaren Trendstoff entdeckt haben: Filz wird wie Korruption und Vetternwirtschaft seit mindestens 5.000 Jahren hergestellt.
Er ist der einzige Stoff, für den man keinen Faden benötigt. Man braucht nur Haare. Am besten das vom Schaf. Und davon gibt es weltweit recht viele, unter Tieren wie Menschen.
Ampelkoalitionäre träumen von seiner Bindekraft
Werden Haarfasern wie beschrieben behandelt, gehen sie eine Verbindung ein, die beständiger ist als jede Ehe vor Gott. Ampelkoalitionäre träumen von derartigen Bündniskräften: Filz dämmt, wärmt, hält Eindringlinge ab, lässt sich durch nichts entflammen und verwässern.
Nichts kriegt die verwobenen Haare mehr auseinander, weswegen die Filzfabrikanten als „eingeschworene Gemeinschaft“ gelten und mit dem Slogan „einmal Filz, immer Filz“ werben.
Eine Eigenschaft, die unter anderem das System des Paten auszeichnet. Hinter dem Netzwerk von Tauf-, Firm- und Ehepaten in ganz normalen Familien, aber auch in politischen sowie schwerer kriminellen Organisationen steckt die Idee, Loyalitäten so engmaschig zu knüpfen, dass dadurch Profite, Macht, Einfluss akkumuliert werden, die kein Solo-Selbständiger je erreichen kann.
Dichtung, Dämmung, Schlupfmütze, Windlicht
Filz wird so vielseitig eingesetzt, wie ansonsten nur das Gütesiegel „Fair Trade“. Im Auto als Klapperschutz, am Weihnachtsbaum als Lebkuchenmann, als Dichtung und Dämmung, als Gleit- und Poliermittel, als Schlupfmütze, Platzmatte, Pflanzeinsatz, Wäschekorb, Windlicht und als Stift.
Wird jedoch der Filzstift angesetzt, dann wird es für oben genannte Organisationen oft unangenehm. Jedenfalls dann, wenn der Stift Verbindungen in leuchtenden Farben markiert, um den Filz-Vorwurf zu erheben.
„Filz ist ein alter Hut“ lautet ein weiteres Sprichwort. Und in der Tat gehört der bayerische Filzhut mit der blau-weißen Kordel schon so lang zu den Traditionen dieses Landstrichs wie Amigos, Wurstfabriken und Geldkoffer.
Filz wird in allen möglichen Farben angeboten, am häufigsten sieht man ihn aber in Grün. Das ist natürlich reiner Zufall und hat gar nichts damit zu tun, dass das Milieu, aus dem die Grüne Partei einst hervorgegangen ist, sich schon immer gerne in Filz hüllte. Und es bis heute tut: Kleider, Schals, Hüte, Taschen.
Die Grünen sind also wahrhaftig aus dem Filz entstanden. Und stecken bis heute tief in ihm drin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israel und Hisbollah
Waffenruhe tritt in Kraft