Demo-Verbot gegen Querdenken in Berlin: Trotzdem auf der Straße
Zwei große Demonstrationen von Coronaverharmloser*innen sind in Berlin verboten worden. Trotzdem musste die Polizei aktiv werden.
Die Polizei stoppte Reisebusse und erteilte Platzverweise. Sie sperrte mit Gittern das Brandenburger Tor, die Siegessäule und die Straße des 17. Juni ab. Am Rande des Tiergartens war zu sehen, wie die Beamt*innen die Personalien von Demonstrierenden aufnahmen. Nach Angaben der Polizei mussten bis zum Nachmittag knapp hundert Menschen „in ihrer Freiheit vorübergehend beschränkt“ werden. „Dazu zählten insbesondere Personenüberprüfungen und Platzverweise nach verschiedenen Verstößen“, twitterte die Polizei. Später hieß es, es habe auch Festnahmen gegeben.
Am Nachmittag sprach die Polizei von etwa 200 „Freiheitsbeschränkungen“. Davon habe es sich in mehr als hundert Fällen um Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz gehandelt. „Wenn sich die Personen in der Voßstraße nicht freiwillig entfernen, wird diese Zahl noch steigen“, twitterte die Polizei.
Am Freitagabend hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg das Verbot von zwei Demonstrationen bestätigt. Die negativen Erfahrungen aus der jüngsten Vergangenheit mit dem zu erwartenden Teilnehmerkreis aus der „Querdenker-Szene“ rechtfertige die Annahme, dass gerade an den prominenten Orten der Stadt die notwendigen Hygienemaßnahmen nicht eingehalten würden, so das OVG.
Im Messenger-Dienst Telegram hieß es am Samstag zu der unter „Pfingsten in Berlin“ laufenden Aktion: „Wir geben nicht auf!“ Auf Transparenten machten Demonstrant*innen gegen die Bundespolitik Stimmung, Politiker*innen wurden mit einer Puppen-Installation verhöhnt. Vertreten waren junge und alte Menschen, die Stimmung wirkte überwiegend friedlich, die Szenerie eher alternativ.
Die Demonstrationen waren für Samstag und Sonntag mit dem Titel „Für Frieden, Freiheit und Grundrechte“ und jeweils 16.000 Teilnehmer*innen angemeldet worden. Die Polizei hatte eine Reihe von Demonstrationen am Pfingstwochenende in der Hauptstadt mit der Begründung untersagt, frühere Kundgebungen hätten gezeigt, dass die Demonstranten bewusst die vorgeschriebenen Masken und Abstände ignorieren würden. Alle Verbote wurden von den Gerichts-Instanzen bestätigt.
Ungeachtet der Gerichtsentscheidung plante die Polizei einen Großeinsatz mit rund 3.000 Polizist*innen am Wochenende. Unterstützung kam aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei. Man müsse sich auch darauf einstellen, dass sich Demonstrierende nicht an Verbote hielten, hieß es vorab.
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