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Debatte über MindestlohnDer Ausnahmenwahnsinn

Kommentar von Ursula Engelen-Kefer

Union und Wirtschaftsverbände tun alles, um die Löhne unten zu halten. Niedrigverdiener und Minijobber sollen nicht geschützt werden.

Solch ein Schnitzel bekommt man kaum mit dem Mindestlohn. Der Kellner schon gar nicht. Bild: dpa

Z wei Schritte nach vorn und einen zurück – beim gesetzlichen Mindestlohn geht es zu wie bei der Echternacher Springprozession. 4 bis 5 Millionen Menschen haben in den 12 Jahren seit Einführung der Hartz-Gesetze mit der explosionsartigen Ausbreitung von Niedrig- und Armutslöhnen vergeblich auf den gesetzlichen Mindestlohn warten müssen. Nachdem er endlich eingeführt wurde, werden bereits nach wenigen Wochen schwere Geschütze aufgefahren, um ihn einzuschränken. Besonders scharf geschossen wird gegen das angebliche Bürokratiemonster der Dokumentation von Arbeitszeiten zur Kontrolle des Mindestlohns.

Außerdem vergeht kaum ein Tag ohne Lamento der Wirtschaft. Die Taxiinnung beschwört das Ende vieler Taxiunternehmen; osteuropäische Transportunternehmer spucken Gift und Galle, weil sie ihren Fahrern beim Transit durch Deutschland 8,50 Euro pro Stunde zahlen sollen, ebenso viele Verleger, weil auch für Zeitungszusteller, die bei Wind und Wetter zu allen Tages- und Nachtzeiten „auf die Straße“ müssen, der gesetzliche Mindestlohn gelten soll, wenn auch erst nach einer großzügigen Übergangsphase.

Und nun setzt die politische Mehrheitsfraktion im Bundestag, die CDU/CSU, noch einen drauf. Die Einkommensschwelle für den Nachweis der Arbeitszeiten soll von derzeit 2.958 Euro auf 1.900 Euro gesenkt werden. Der gesetzliche Mindestlohn wäre mithin für viele Beschäftigte – in der Mehrzahl Frauen – überhaupt nicht kontrollierbar. Noch schlimmer: Nach CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sollen die 7,4 Millionen Minijobber – davon zwei Drittel Frauen – ganz von der Dokumentation der Arbeitszeiten und damit der Kontrolle des Mindestlohns ausgenommen werden können.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel schließt Korrekturen nicht mehr aus, will aber eine Schamfrist bis Ostern zugestehen. Ihre CSU-Kollegin Hasselfeldt fordert daher, die Kontrolle des gesetzlichen Mindestlohns durch den Zoll sofort auszusetzen, bis „Rechtssicherheit“ geschaffen sei. Hatte Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) noch gejubelt, dass mit dem Mindestlohn mehr als 2 Millionen Frauen geholfen würde, könnte sich das nun schnell als schöner Traum erweisen.

Dabei hat die Bundesagentur für Arbeit gerade erst bei der Präsentation der Arbeitsmarktdaten festgestellt, dass „keine Bremsspuren durch die Einführung des Mindestlohns“ festzustellen seien. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liege sogar um 539.000 höher als ein Jahr zuvor. Das ist eine saftige Ohrfeige für alle Ökonomen, die den gesetzlichen Mindestlohn zu verhindern suchten, indem sie eine massenhafte Vernichtung von Arbeitsplätzen prognostizierten.

Die vielen Zugeständnisse

Vergessen wir auch nicht: Das Mindestlohngesetz wurde bereits durch vielfältige Ausnahmen massiv abgeschwächt. Jugendliche und Langzeitarbeitslose haben in den ersten 6 Monaten ihrer Beschäftigung auch in Zukunft keinen Anspruch. Außerdem kann von dem gesetzlichen Mindestlohn bis 2017 nach unten abgewichen werden, wenn Arbeitgeberverbände in Tarifverträgen niedrigere Stundenlöhne vereinbart haben oder noch vereinbaren – wie etwa für Leiharbeit, Friseurhandwerk, Wäschereien oder Fleischverarbeitung.

Zudem wird bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro nur für wenige Vollzeitbeschäftigte, vor allem Singles, der Weg aus der Hartz-IV-Falle möglich sein. Altersarmut ist mit einem solchen Stundenlohn nicht zu vermeiden.

Dies gilt umso mehr, je länger die tariflichen Ausnahmeregelungen von dem gesetzlichen Stundenlohn gelten, je später die Anhebung beginnt und je geringer sie ausfällt. Weiterhin gibt es erhebliche Mängel, was Anzahl, Qualifikation und Unterstützung der Kontrolleure sowie wirksame Sanktionen im Falle von Verstößen seitens der Arbeitgeber angeht.

Auch die seit 2. Januar bei der Mindestlohn-Hotline des DGB eingegangenen 4.000 Beschwerden machen den Erfindungsreichtum beim Umgehen des Mindestlohns deutlich: Brief-, Paket- und Zeitungszusteller müssen eine bestimmte Menge austragen, Reinigungskräfte eine Reinigungsleistung erbringen, die in den vorgegebenen Zeiten nicht zu schaffen ist. Zuschläge für besondere Belastungen, Schicht-, Nacht- oder Wochenendarbeit werden auf den Mindeststundenlohn angerechnet.

Nahles wackelt

Verschiedentlich wird ein Festgehalt pro Monat vereinbart, was zu Unterschreitung des Stundenlohns von 8,50 Euro führt. Auch erfolgt in einigen Fällen die Anrechnung von betrieblichen Zusatzleistungen – etwa Weihnachts- und Urlaubsgeld, Betriebsrenten oder vermögenswirksamen Leistungen – auf den gesetzlichen Mindestlohn; oder Arbeitszeiten werden in Pausenzeiten umgewidmet und dann natürlich nicht bezahlt.

Der SPD ist dringend anzuraten, standhaft zu bleiben und dem Mehrheits-Koalitionspartner bei einer derartigen Verwässerung des bereits durchlöcherten Mindestlohngesetzes nicht auch noch den Steigbügelhalter zu machen. Bislang war es beruhigend, dass Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), unterstützt von ihrem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel, gebetsmühlenartig wiederholte, mit ihr werde es keinen Mindestlohn light geben. Doch sie scheint bereits umzufallen. Den Mindestlohn für ausländische Lkw-Fahrer hat sie schon gekippt. Die Gefahr ist mehr als groß, dass dies weitere Umgehungsmöglichkeiten eröffnet.

Betroffen sind „Malocher“, die für Minilöhne ihre Gesundheit zu Markte tragen. Viel wird davon abhängen, wie nachhaltig die Gewerkschaften dieser Zerfledderung des Mindestlohns entgegenzutreten bereit sind – vor allem bei Verdi, aber auch bei den Gewerkschaften insgesamt ist die Verärgerung groß, und so spricht vieles dafür, dass das von Verdi gegründete und vom DGB fortgeführte Bündnis gegen Ausnahmen vom Mindestlohn, „Würde ist unteilbar“, wieder aktiviert wird. Das ist auch dringend nötig, und zwar im Verbund mit Sozial- und Frauenverbänden, kirchlichen Organisationen sowie Erwerbsloseninitiativen.

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37 Kommentare

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  • Wer seine Leute nicht anständig bezahlen kann oder will , soll gefälligst dicht machen.Und außerdem sind 8,50 nicht wirklich anständig- aber man freut sich trotzdem, da Kummer gewohnt.

  • Mit Union-Sozen-Grünen ist halt kein wasserdichtes Gesetz zum Schutze der Arbeitnehmer zu machen. Schließlich investieren die Lobbyisten ja nicht in Leute, die dann was anderes liefern, als was bestellt wurde.

     

    Wie rief noch jener Marktschreier, welcher die damals innovativen geschlossenen Unterhosen feilbot, zur Beantwortung skeptischer Kundenfragen? "Schneid den Zwickelzwackel heraus, dann kannst Du saichen und scheißen hinaus!"

  • es mutet fast schon wie ein Witz an, dass ein DGB Angehöriger oder -e sich über Mindesrlohn auslässt, der DGB einer der schlechtesten Arbeiter überhaupt, man darf nur kurz mal an Coop, BfG, Neue Heimat erinnern, also der DGB , der nach dem Mauerfall immer für gleiche Bezahlung in Ost und West plädierte, zahlte eben seinen Ost Angestellten auch nur 85% des Westlohnes seiner Angestellten West, ein Klage der DGB Ost Angestellten schmetterte damals das Arbeitsgericht Kassel ab, also , ich finde es schon merkwürdig, dass sich nun eine Frau, die massgeblich im DGB Vorstand diese Entscheidung mitgetragen hat, jetzt zu Wort kommt !

    • @Georg Schmidt:

      einer der schlechtesten Arbeitgeber sollte es heissen!

  • Der Mindestlohn, wenn er denn in der Praxis auch durchgesetzt wird und kontrollierbar ist ist gut, er ist aber nur die zweitbeste Lösusng.

     

    Besser wäre es, die Gewerbeerlaubnis davon abhängig zu machen, daß Firmen trotz Mindestlohn und ohne staatliche Zuschüsse existenzfähig sind (europaweit). Auf diese Weise würden die Ausbeuter schnell verschwinden und seriöse Unternehmer bekämen wieder eine Chance.

  • Wie wärs denn ab gleich bis zur nächsten Wahl mal probeweise den Midestlohn von 8,50 € für Merkel und Konsorten in der "Rerührung"?? Die "Arbeitszeit" ist wie die von gesetzlichen Arbeitnehmern gesetzlich begrenzt. Nebenjobs sind NICHT gestattet. Der Schwabbelsiggi würde schlank wie eine Tanne und auch Muddi würde abpfunden. Wetten dass??

  • Wenn der Staat sich wissentlich selber ruinieren will bzw. das von Parteien und Verbänden gefordert wird, dann muss darauf eine viel radikalere Antwort gegeben werdenals das hier von Ursula Engelen-Käfer. Nichts gegen die Sachlichkeit, aber die Antwort muss doch sein: Nein, so darf es nicht weiter gehen.

     

    Nicht der Mindestlohn ist eine Lösung: Die Abschaffung der Jobcenter, des Aufstockens, die Ausgliederungen von Firmen und die Möglichkeit zur 450-EURO-Beschäftigung müssen beseitigt werden.

     

    Der Staat hat das Recht das Gemeinwohl durchzusetzen. Und das kann er auch. Das muss er auch, sonst leben irgendwann in einer von Armut und Ungerechtigkeit geprägten Gesellschaft.

     

    Die Höhe von €8,50 ist absolut nicht ausreichend und die Prognosen von Ökonomen hatten doch die Güte der Horoskope unser Boulevard-Zeitungen. Das war von Anfang nur stümpferhaft Versuch, Lobby-Arbeit für Mächtige zu machen. Die Politik hat Angst vor 15-20 Prozent der Wähler.

     

    Das ist eine Minderheit und die muss man im Ernstfall auch mit harter Hand einzäunen un dzähmen. Aber genau das will diese Regierung aus SPD und Union gar nicht.

     

    Die lieben den Mindestlohn vor Wahlen und nachher lassen sie sich auf idiotische Gespräche über seine Einschränkung wieder ein. Wer ein Café mit einem Inhaber und 20 Angestellen betrachtet, wo nur der Inhaber ein paar Sozialabgaben bezahlt, der sieht doch, dass so ein System sofort abzuschaffen ist. Es wird Arbeit gefördert, die sich weder für den Staat noch für die Betroffenen lohnt.

     

    Soll es mit dem Mindestlohn weitergehen, dann:

    a) Muss er in zwei Schritten und in vier Jahren auf €10,50 steigen.

    b) Muss er restriktiv und repressiv umgesetzt werden, wenn es anders nicht geht.

    c) Muss die Regierung mit ihren 80 Prozent Regierungsfraktionen einen klaren Konsens darüber bilden, dass Arbeit auskömmlich sein muss.

    • @Andreas_2020:

      Der Arbeitslosenverband Deutschlands forderte auf klarer Berechnungsgrundlage -- bereits schon im Jahr 2005 -- einen Mindestlohn von 10 Euro-Std. brutto. // Demnach müsste der Mindestlohn -- in Fortschreibung der Berechnung, heute, -- im Jahr 2015 --, bereits bei wenigstens 13,- Euro-Std. liegen!

      • @Reinhold Schramm:

        Als Einstieg ist es im Bewusstsein der Unternehmer doch ein hoher Mindestlohn. Aber es ist tatsächlich so: Warum nicht €11 oder €12? Wo wäre die Grenze? Ich finde die meisten sogenannten Experten, die sich zur Höhe äußern, sind in Wirklichkeit Lobbyisten, die gar nicht sachlich zum Thema etw. sagen, sondern klar für die Unternehmen sprechen, die ihr Geschäft auf diesen Niedriglöhnen aufgebaut haben. Wer würde denn aufhören, Döner zu essen, wenn er €6 oder €7 kostet? Oder wer würde sich von seiner Frau die Haare schneiden lassen, wenn es immer minds. €18 kostet?

         

        An dem Punkt gebe ich Ihnen recht: Die Höhe wurde eigentlich nie auch nur im Ansatz mal sachlich betrachtet. Jetzt ist es eine Sensation, dass der Mindestlohn mit €8,50 praktisch neutral einführbar war. Aber war in dieser Höhe auch nie auskömmlich. Insofern ist die Höhe wahrscheinlich sogar mit €11, €11,50 oder €12 diskutierbar.

        • @Andreas_2020:

          Für die große Mehrheit der Erwerbstätigen gibt es seit Jahren eine reale Lohnminderung. // Gleichzeitig haben sich (trotz Wirtschaftskrise) die Kapital- und/bzw. Privatvermögen für 10 % der (oberen) sozioökonomischen Bevölkerung erheblich gesteigert.

           

          Wie der DGB im Jahr 2008 bereits berichtete: So wurde die Armuts-Bemessungsgrundlage im Jahr 2003 von 938 Euro auf 781 Euro gesenkt. Auf der neuen Basis dieser Absenkung erfolgte dann die statistische Berechnung für den (geminderten) Selbst-Bedarf. // So manipuliert man auch die Berechnungsgrundlagen für die Hartz-Iv-Regelleistung bzw. für den Mini-Mindestlohn. Und selbst diesen Mini-Mindestlohn möchten die Profiteure des kap. Systems nicht zahlen. // Aber auch die SPD-Führung beteiligt sich an diesem unsozialen Schwindel, noch unsozialer nach unten!

          • @Reinhold Schramm:

            Nachtrag.

             

            Siehe hierzu: "Der Armutsbericht der Bundesregierung ist ein Schwindel nach unten!" -- vom 20. Mai 2008

             

            archiv.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/allg/schramm.pdf

  • mein Sohn wollte sichsein Taschengeld aufbessern und so hörten wir uns mal um, Zeitungsaustragen zB, also, ehrlich, mich wunderts , dass für die paar Cent Menschen am Sonntag zB einen Zentner Papier Berg auf Berg ab schleppen, bei jedem Wetter und sich noch von missgelaunten Mitmenschen anscheissen lassen !

  • Mindestlohn sieht in einem Dresdner Restaurant z. B. so aus, dass alle bei einer Überprüfung sagen sollen, dass sie pro Tag nur 3 Stunden arbeiten, obwohl sie dort wie Sklaven "gehalten" werden und Tag für Tag den GANZEN Tag für den "Chef" arbeiten, während der gemeine Dresdner schön griechisch essen gehen kann. (Die so ausgebeuteten sind übrigens durchweg nicht von deutscher Staatsangehörigkeit!)

     

    Immerhin sind die meisten Beschäftigten dort im sog. (unteren) Gleitzonenbereich beschäftigt und sind somit wenigstens sozial- und krankenversichert!

     

    Sollte nun der Mindestlohn für "Minijobs" wegfallen, dann würden dort und sicher auch in anderen Beschäftigungsverhältnissen nur noch solche unversicherten Minijobs "angeboten" werden. Das wäre mehr als absurd. Das würde den Mini-Mindestlohn gänzlich ad absurdum führen!!!

     

    Mittelfristige Ziele: Unversicherte "Minijobs" weg und Mindestlohn anheben

     

    Langfristiges Ziel: Bedingungsloses Grundeinkommen oder zumindest Mindesteinkommen

    • @Hanne:

      Im Kapitalismus, etwas anderes gibt es z. Z. nicht, gibt es kein persönlich leistungsloses "bedingungsloses Grundeinkommen oder zumindest Mindesteinkommen", ----- so nicht und niemals für die Angehörigen des werktätigen Volkes, allenfalls für die Partner der vormaligen und verstorbenen hohen Staatsbeamten (der staatlichen Administration der Bourgeoisie und Aktionäre).

       

      Die Forderung nach "BGE" dient der Ablenkung von den tatsächlichen Problemen im Kapitalismus und von der Notwendigkeit diese Gesellschaftsordnung zu überwinden.

  • Hohe Löhne in den Industriestaaten sind auch für Entwicklungsländer und Schwellenländer von Vorteil und führen dort zu vermehrtem Einkommen aufgrund der relativ geringeren Lohnkosten. Die Folge eines damit geringeren BSP in den Industriestaaten

  • Mindestlohn ist nur ein wahrscheinlich nutzloser Reparaturversuch an einem brutal ausgebreiteten Kapitalismus.

     

    In einer Zeit, in der Arbeit eher Mangelware ist, wäre ein Mindesteinkommen wesentlich sinnvoller.

     

    Mindestlohn für eine existenzsischernde Maßnahme zu halten, diskriminiert auch alle, die nicht arbeiten können, weil sie keine Arbeit finden oder aus gesundheitlichen oder anderen Gründen dazu nicht mehr in der Lage sind.

    • @Age Krüger:

      Und für die Ausbeutung im "kommunistischen" China oder bspw. durch China in Afrika gibt es dann wieder ähnlich schlaue Notwendigkeiten wie bei der Links-Janz-Rechts Koalition in Griechenland?. ;-)

      • @Arcy Shtoink:

        Erläutern Sie mal, was Sie unter "Kommunismus" verstehen?

         

        Ich kann diesen Begriff schwerlich mit der chinesischen Wirtschaftsform in einen Zusammenhang bringen.

         

        Und so weit rechts wie die z.B. die hessische CDU soll die ANEL nach Angaben der Beobachterin in diesem Artikel ( http://www.taz.de/Griechenland-nach-der-Wahl/!153908/ ) auch nicht sein.

      • @Arcy Shtoink:

        Ein Firmenschild macht noch keinen Sozialismus.

         

        Merke: Auch bei der Bundesrepublik Deutschland handelt es sich um keinen Kommunismus.

         

        Aufwachen! (?)

        • @Reinhold Schramm:

          Dann würde ich mal sagen: Kommunismus ist nicht existent und ist das Opium der Arbeiterklasse. Statt des Himmels wird eine rosige weißer als weiß Zukunft versprochen.

          • @Arcy Shtoink:

            Wenn man auf der anderen Seite der sozialen Barrikade steht, dann wäre Ihre Denke verständlich, aber damit noch nicht richtig.

             

            Info.-Empfehlung, aus dem 19. Jh., auch fürs 21. Jahrhundert: "Das Kapital" von Karl Marx. Und "Manifest" von Karl Marx und Friedrich Engels (= F. Engels, ein Unternehmer und Kapitalist, mit der Fähigkeit zur Erkenntnis über die reale kapitalistische Welt).

          • @Arcy Shtoink:

            Oh!

             

            Wir fangen an, uns über philosophische und ökonomische Theorien Gedanken zu machen. Na, das kann ja noch eine positve Wendung nehmen.

             

            Richtig ist, dass eine kommunistische Gesellschaft erst der Endpunkt einer Entwicklung sein könnte, in dem ausreichend im Überfluss vorhanden ist und somit nach Bedarf verteilt werden kann. Existieren tut dies nur in Teilbereichen, genauso wie irgendein freier Markt immer nur in Teilbereichen existiert. Da mit keine marxistische Theorie bekannt ist, in der der Kommunismus wie in der Religion das ewige Leben durch Nichtstun erreicht werden kann, kann man tatsächlich sagen, wenn man es so eindimensional sehen will, dass der Unterschied zwischen links und rechts der ist, wieviel Eingriffe zugunsten der Umverteilung des Überflusses von gesellschaftlicher Seite aus erfolgen darf oder muss.

            • @Age Krüger:

              Wo? *g*

          • @Arcy Shtoink:

            Der Kommunismus der "kommen wird" soll ja total anders sein als die vielen vorherigen Versuche, welche ja so toll funktionierten.

            • @DasNiveau:

              Das war ja auch nur Sozialismus. So kann man die Vorstufen dahin bezeichnen.

               

              Allerdings entpuppte der sich mehr und mehr als eine Art des Kapitalismus, der dafür sorgte, dass noch völlig rückständige eher agrar ausgerichtete Ökonomien wie die des Zarenreiches oder die chinesische erstmal industrialisiert wurden und wenigstens ein bisschen zu verteilen war. Allerdings wegen solcher Startbedingungen eher nur Mangel und bestimmt noch kein Überfluß.

  • "Nomen est Omen!"

    Frau Engelen-Kefer sollte den derzeitigen Pfusch jetzt nicht auch noch 'Mindestlohn' nennen. 'Ausnahmelohn' oder 'Gnadenbrot für Ausgetrickste' trifft den Sachverhalt da schon sehr viel genauer.

    Ein 'Mindestlohn' mit auch nur einer einzigen Ausnahme kann niemals ein gesetzlicher 'Mindestlohn' sein. Klar denkenden Menschen dürfte das unmittelbar einleuchten. Was Frau Nahles da auf den Weg gebracht hat, dient durchschaubar von Anfang an nur der Verhinderung eines echten Mindestlohns zugunsten einer Nebelkerze gleichen Titels. Die Verwässerung durch weitere Ausnahmen war so sicher wie das Amen in der Kirche bereits Teil dieses Konzepts und der einzig erkennbare Grund für die Personalie Nahles in der Regierungskoalition überhaupt. Aus Arbeitnehmersicht kommt man wieder mal nicht umhin, Frau Nahles eine krasse Fehlbesetzung auf ihrem Ministersessel zu nennen.

  • Der Mindestlohn muss erst einmal zeigen, was er kann. Sicher ist, dass Arbeitgeber - insbesondere im Niedriglohnsektor - wieder mehr Energie und Hirnschmalz als bisher darauf verwenden werden, möglichst viele Jobs wegzurationalisieren. Das lohnt sich nämlich bei 8,50 eher als bei 6.

     

    Das muss nicht heißen, dass der Schuss beschäftigungsmäßig nach hinten losgehen MUSS. Vielleicht regelt's ja die Binnennachfrage. Aber umgekehrt hilft reine Anspruchsdenke auch nur denen, die nicht ersetzbar sind. Soviel sollte Allen, die jetzt schon wieder den Hals nicht voll kriegen, klar sein.

    • @Normalo:

      Dennoch muss es doch darum gehen Ausnahmetatbestände abzuschaffen und nicht neue hinzuzufügen. Eigentlich hatte man ja gedacht durch den Wegfall der FDP und mit Unterstützung des Arbeitnehmerflügels der CDU würde sich auch die CDU/CSU insgesamt hinter den Mindestlohn stellen und den als Sozialstaatsmerkmal einfach mal akzeptieren. Die versprochen Einführung des Mindestlohns war nebenbei ja auch zentraler Punkt bei dem Mitgliederentscheid der SPD Basis zur Koalition mit CDU/CSU.

       

      Das Merkel jetzt ihrem Wirtschaftsflügel scheinbar einfach freie Hand bei deren Obstruktionspolitik lässt - tja was soll man dazu noch sagen?

      • @Waage69:

        Nun, ich wollte eigentlich sachlich argumentieren und nicht rein machtpolitisch, bzw. dogmatisch. Auch wenn das ganze Parteienspektrum einhellig hinter einer Maßnahme steht, kann sie trotzdem negative Folgen haben, über die man abseits aller Proporz-Erwägungen diskutieren können sollte.

         

        Was die vermeintliche Unterstützung für den Mindestlohn betrifft:

        Die Union ist eben eine Partei mit vielfältigen politischen Strömungen, von denen keine als dominant gelten kann und alle zum Wahlergebnis beitragen. Dabei macht der Wegfall der FDP den Wirtschaftsflügel parteiintern eher stärker. Er "trägt" schließlich die von der FDP übernommenen Stimmen aus dem liberalen Spektrum.

         

        Will Merkel 2017 die absolute Mehrheit, braucht sie auch die. Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie in diesem Bereich eher mit Inhalten als mit der Marke "Merkel" punkten kann, während letztere im Kampf um die Mitte gegen Gabriel nach wie vor stechen dürfte.

         

        Und wenn das ganze dann auch noch die SPD-Spitze in die Bredouille bringt, ihre Versprechungen ans eigene Parteivolk nicht halten (aber auch nicht ohne empfindlichhe Verluste aus der GroKo aussteigen) zu können, dann soll's der Kanzlerin doch recht sein. So geht Machtpolitik, und es wäre naiv zu glauben, dass die CDU nach der "Befreiung vom liberalen Joch" der FDP nun endlich so links kann wie sie eigentlich will. Das kann sie nicht - und das will sie auch gar nicht.

  • Die Absenkung der "Einkommensschwelle", damit sind auch die Unternehmerverbände mit ihrem GroKo-Polit-Club Deutscher Unternehmer (CDU-CSU-'SPD'-) bisher recht erfolgreich. So wurde bereits in den BDA-Papieren, wohl im Jahr 2010, wie zuvor, gefordert: Für Jung-Akademiker/innen die Antritt- bzw. Anfangs-Einkommen von mtl. rund 5.000 Euro, auf unter 4.000 bzw. auf mtl. 3.600 Euro (BRUTTO) abzusenken. Diesem Ziel diente auch die Bemühung um die Anwerbung von hochqualifizierten akademischen Billig-Personal aus Schwellenländern, über die sog. 'Grüne Karte', um sich auch damit noch die Kosten für die höhere Qualifikation der Erwerbslosen zu sparen [Merke: Entwicklungshilfe der ökonomischen Entwicklungs- und Schwellenländer für den Profit und die Dividende in den BRD-Wirtschafts- und Reichtumsmetropolen.]

     

    Merke: Diese kapitalperverse Wirtschafts-Politik in der bundesdeutschen Quandtschen und Merkelschen Reichtumsgesellschaft wird auch noch von allen parlamentarischen Spezialdemokraten und gut-geschmierten "Sozialpartner/innen" mitgetragen.

    • @Reinhold Schramm:

      Hier geht es zur Einkommensschwelle für die Arbeitszeitnachweise und nicht um das Einkommen als solches.

       

      Wer lesenkann ist von Vorteil.

       

      Und wenn man dann weiß, was die werktätige Bevölkerung in der DDR verdienen konnte und was sie dafür bekommen konnte, nämlich nichts. sollten der EX-Stasimann, was er selber so eingeräumt hat, besser mal etwas zurückhaltender sein.

      • @sb123:

        Der "EX-Stasimann" steht nicht unter Denkverbot, und hat auch als Aufklärer faschistischer Aktivitäten, niemals unter Handlungsverbot gestanden.

         

        Offensichtlich versuchen Sie den ökonomischen Rückstand der DDR, dafür gibt es Gründe, für ein Ablenkungsmanöver zu gebrauchen, - oder? Bei Antikommunisten und analoge AktivistInnen wäre dies auch verständlich.

         

        Nochmals, zur Sache: Es geht mir im Zusammenhang mit meinen Kommentar darum, auf die analogen Schweinereien der Lohnminderung bzw. Einkommensminderung in anderen Erwerbsbereichen hinzuweisen. Dieser "Ausnahmewahnsinn" läuft seit Jahren in vielen Bereichen des Broterwerbs. Hiergegen gibt es nur oberflächliche Bemühungen seitens der Parlamentarier und "Sozialpartner" (- der Bourgeoisie und Aktionäre).

         

        Ist dies bei Ihnen "SB123" (?) angekommen.

  • Haben Sie Frau Engelen-Kefer nicht auch 2002-2005 der Einführung eines Niedriglohnsektors durch den Vermittlungsdruck bei Beantragung von Hartz 4 / Alg2 zugestimmt?

    • @nzuli sana:

      Das genaue Abstimmungsverhalten im Bundestag habe ich nicht mehr auf den Schirm, mag sein dass sie aus Fraktionszwangsgründen zugestimmt hat, ich muss da noch mal nachwühlen.

       

      Fr. E.-K. hat aber im SPD Vorstand sehr ausdauernd gegen die Agenda 2010 argumentiert. Da sie den direkten Draht zu den Gewerkschaften hatte hat sie auch immer versucht diese in den Widerstand einzubinden. Schröder schnitt sie daher wo er konnte und nannte sie "Quengelen-Kefer". Im Vorstand agitierten auch noch Sigrid Skarpelis-Sperk, Ottmar Schreiner und Ulrich Maurer ernsthaft gegen den Agenda Kurs. Die damalige Vorsitzende der Jungsozialisten, Andreas Nahles hatte nur Einwände in Detailfragen.

       

      Hintergrund:

      Nach der Niederlegung aller Parteiämter und sogar des Bundestagsmandats durch Oskar Lafontaine war der Widerstand gegen Schröder im SPD- Vorstand entscheidend geschwächt, die SPD-Linke war nach seinem Abgang damals geradezu paralysiert.

       

      Das mache ich Lafontaine heute noch zum Vorwurf zumal er ja auch sonst immer gut austeilen konnte, er hat so scheint es in Genosse Gerd seinen Meister gefunden.

       

      Seis drum, somit hatte Schröder mit seiner Putschistenkamarilla und Koksfreunden (Maschmeyer etc.) freie Bahn für Hartz und Riester.

       

      Als Ergebnis bleibt ewige Flickschusterei in Arbeitsmarkt und Rentenpolitik. Selbst Schadensbegrenzung scheint mit CDU/CSU nicht möglich zu sein.

       

      Als weiteres Ergebnis ist die blamierte SPD wie einst in der späteren Weimarer Republik im 20-30% Turm gefangen und hat somit weder eine eigenständige Regierungsperspektive noch echtes arbeitsmarktpolitisches Druckpotential zu einer Besserung der Verhältnisse.

  • Nochmals. Bei einem Mini-Mindestlohn von nur 8,50 Euro-Std. brutto, benötigt man (Frau und/bzw. Mann), für eine eigenständige GRV-Armutsrente auf dem geringen Niveau der Sozialhilfe (Grundsicherung bzw. Hartz-IV-Leistung), rund 60-Vollzeit-Arbeitsjahre, -- bis zum 76. Lebensjahr. Das gleiche menschen-unwürdige Armuts-Niveau, -- im Lebensalter von 65/67 Jahren --, erreicht man auch ohne Erwerbsarbeit.

     

    Laut der vormaligen Bundes-Arbeits-Ministerin, U. v. d. Leyen, bedarf es für eine Armutsrente, -- in Höhe der Sozialhilfe (Grundsicherung), rund 35-Vollzeit-Arbeitsjahre und dabei eines "durchschnittlichen" Brutto-Monatslohns von 2.500 Euro. Dies entspricht einem durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn von ca. 15,-- Euro.

     

    Nach der RV-Berechnung erreichen in Westdeutschland Frauen durchschnittlich nur 30-GRV-Versicherungsjahre, in Ostdeutschland (noch) ca. 37/38 Jahre. Männer in West durchschnittlich ca. 41 anerkannte RV-Jahre, in Ost (noch) 44 Jahre. *

     

    * Berücksichtigt werden wohl noch die Zeiten der Erwerbslosigkeit, dies führt aber zu keiner Steigerung der Rentenansprüche. Erwerbslosigkeit bedeutet einen Verlust in der Summe, selbst bei formaler Anerkennung der Ausfallzeiten. --

     

    Auch hier werden Niedrigverdiener und Minijobber nicht geschützt vor Altersarmut. Ist bereits der Mini-Mindestlohn ein staatlich-juristisch legalisiertes Verbrechen an Geringverdiener, so handelt es sich bei der weiteren Absenkung oder Unterschlagung des Mini-Mindestlohnes um ein (sozialdarwinistisches) schweres Verbrechen. // Ernsthafte Gegenmaßnahmen von der Politik und den Behörden sind wohl nicht zu erwarten. Selbst die Arbeitsagenturen und Jobcenter sind bemüht, die Erwerbslosen, gegebenenfalls mit Sanktionsmaßnehmen, die die Unterbezahlung und HIV-Aufstockung zu treiben. Auch diese Wahrheit wird weiterhin von den Beamten und Mitarbeitern der Arbeitsbehörden (- auf allen Ebenen -) erfolgreich unterschlagen!

  • Einfaches Rechenbeispiel:

     

    Um den Betrag von Brutto 2980 mit dem Stundenlohn von 8,50 euro zu unterbieten müsste der AN 350 Stunden arbeiten. Der durchschnittliche monatliche Stundensatz liegt bei 167 Arbeitstunden.

     

    Sonst noch Fragen?

    • @sb123:

      Über die Differenz von 1900 zu 2958 EUR hinaus, wird auch noch der Unternehmensanteil an den Sozialabgaben unterschlagen.