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Debatte Jamaika-AusBerlin ist nicht Weimar

Barbara Junge
Kommentar von Barbara Junge

Deutschland holt auf in Sachen politischer Unberechenbarkeit. Noch ist aber unklar, wie disruptiv Lindners Populismus auf die Politik wirkt.

Ob es zu einer Neuwahl kommt, wird die Zukunft zeigen Foto: dpa

N ach dem spektakulären Abbruch der Sondierungsverhandlungen in der Nacht auf Montag drängt eine sehr deutsche Frage wieder an die Oberfläche: Drohen Weimarer Verhältnisse?

Aber ist das überhaupt die richtige Frage?

Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik musste der Ausweg aus gescheiterten Koalitionsoptionen mit Neuwahlen begangen werden. Regierungswechsel wurden relativ geordnet entweder durch Wahlen oder mittels Misstrauensvoten vollzogen, konstruktiven wie nicht konstruktiven. Regierungsfähigkeit war stets gegeben. Und nun drohen nach vierwöchigem Theater um die Sondierungsverhandlungen eine Neuwahl im Frühjahr, Ausgang ungewiss.

Ungewissheit bringen diese Verhältnisse nicht nur für die parteipolitischen Pokerspieler/innen, die Wahlkampfmanager/innen und all ihre medialen Begleiter/innen. Es sind auch reale politische Entscheidungen, die vertagt, Investitionen, die aufgeschoben werden. Die deutsch-französischen Pläne für die Veränderung der Europäischen Union liegen auf Eis, genauso wie zentrale Klima­beschlüsse – etwa der dringend notwendige Beschluss zum Ausstieg aus der Braunkohle – nicht vorangetrieben werden können. Die hegemoniale Kraft der Bundesregierung ist geschwächt. Das Vertrauen in die etablierten Parteien könnte in diesem Prozess gefährlich erodieren.

Die FAZ hat im Frühjahr in einer Expert/innen-Serie die Weimar-Frage gestellt. Allesamt attestierten die Autor/innen Deutschland gerade seiner Geschichte wegen ein stabiles politisches System. „Wie schnell sich ein politisches Klima wandeln kann“, warnte dennoch der Politikwissenschaftler Jürgen Falter, „zeigen die Erfolge der Populisten in Frankreich, Holland, Großbritannien, den Vereinigten Staaten oder Österreich. Die Anzeichen einer allmählichen Erosion der Grundfesten des demokratischen Systems im Westen sind unübersehbar – und Deutschland ist keine Insel.“

Die Unruhe, die den freien Westen schüttelt

Dennoch gilt der Satz, den der Schweizer Publizist Fritz René Allemann in der frühen Bundesrepublik geprägt hat und der in turbulenten Zeiten wie etwa nach der Wiedervereinigung immer wieder zitiert wurde: „Bonn ist nicht Weimar.“ Die deutsche Wirtschaft 2017 floriert, der Staatshaushalt hat Verteilungsspielraum. Und trotz wachsender Ungleichverteilung von Vermögen protestieren auf den Straßen keine Menschen, denen durch die Inflation das tägliche Brot fehlt.

Berlin ist nicht Weimar. Auch weil Deutschland aktuell keinen Sonderweg geht. Vielmehr kommt nun auch nachholend in Deutschland jene Unruhe an, die den freien Westen seit einigen Jahren schüttelt. Genau darin liegt das Problem. Und das ist größer als die Weimar-Frage.

Im November 2016, Donald Trump war gerade zum 45. US-Präsidenten gewählt worden, besuchte Barack Obama Berlin. Der Noch-Präsident führte lange Gespräche mit der deutschen Bundeskanzlerin. Im Wissen um die aufgeladene Stimmung nach der sogenannten Flüchtlingskrise forderte er die Deutschen auf, sie sollten Angela Merkel wertschätzen. Mitgebracht hatte er noch ein Gastgeschenk der besonderen Dimension: den Staffelstab für die Führung der freien westlichen Welt.

Angela Merkel wehrte sich schnell gegen diese Zumutung. Die Hoffnungsträgerin Europas und gleich der Demokratie an sich zu sein schien ihr vermessen. Ihrem Ansehen, insbesondere in der angelsächsischen Welt, die erst durch den Brexit, dann durch die Wahl Donald Trumps erschüttert wurde, schadete das nicht. Ihr Verweis auf die geteilte europäische Verantwortung qualifizierte sie umso mehr.

Die Worthülse vom „leader of the free world“ begleite sonst den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, „manchmal auch ohne ironische Konnotation“, schrieb der britische Historiker Timothy Garton Ash im Guardian. Nun sei er verleitet, Angela Merkel diese Rolle zuzuschreiben. Die New York Times titelte: „Nach Donald Trumps Wahl bleibt Angela Merkel die letzte Verteidigerin des freien Westens.“

Die Kraft des Populismus

Populismus und Wirtschaftskrisen machen aus der Europäischen Union eine bedrohte Art, Donald Trump wütet in den Vereinigten Staaten, Recep Tayyip Erdoğan entfernt die Türkei immer weiter von den Werten des Westens: Inmitten dieser Verschiebungen der politischen Koordinaten erschien bislang das politisch wie wirtschaftlich stabile Deutschland als Insel der Seligen.

„Bleibt Merkel Kanzlerin?“, fragten zuletzt deshalb besorgte Kollegen aus Frankreich. Schließlich hängt an einer stabilen Merkel-Regierung auch die Zukunft des gemeinsamen Europa-Projekts. „Schafft es Angela Merkel, diese Verhandlungen jetzt mal zu ordnen?“, erkundigten sich US-Amerikaner, die trotz oder gerade wegen der Verhältnisse im eigenen Land auf den freien Westen hoffen. In der Nacht zu Montag hat nun auch Deutschland das Phänomen der Unberechenbarkeit politischer Prozesse erreicht.

Es ist kein Zufall, dass es ein Jungpolitiker wie Christian Lindner ist, der auf die disruptive Kraft des Populismus setzt. Der FDP-Chef ist noch nicht fest in das alte System der bundesrepublikanischen Politik eingebunden. Es fällt ihm leicht, sich den Spielregeln der Altparteien zu verweigern. Lindners Kalkulation war offensichtlich recht schlicht: Zur Wahl standen einerseits ein warmer Sessel in einem Ministerium innerhalb einer unerfreulich komplizierten Koalition und andererseits das Experiment, noch einmal auszuloten, welches Potenzial rechts der Union und links der AfD liegen geblieben ist.

Bislang waren es nur die völkischen Gestalten von der AfD, die den Impetus eines Donald Trump (USA) oder eines Viktor Orbán (Ungarn) ins politische Geschäft der Bundesrepublik getragen haben. Lindners Entscheidung geht nun wie eine zweite Schockwelle durch das Land.

Noch ist nicht klar, welche Folgen sein Spiel haben wird. Man muss aber Angela Merkel recht geben, die von einem „fast historischen Tag“ für Deutschland spricht. Welche zerstörerische Kraft die FDP in dieser Nacht der gescheiterten Sondierungen entfaltet hat, wird erst im Nachhinein bewertet werden können.

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Barbara Junge
Chefredakteurin
taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.
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28 Kommentare

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  • Der Abbruch der Sondierungsverhandlungen durch die FDP war eine Art Protest. Vielleicht wurde damit eine Protestnote gegen „die Weiter-so-Politik“ ausgedrückt. Damit werden bestimmt nicht wenige Protestwähler sich identifizieren und von der AfD zur FDP abwandern.

    • @Stefan Mustermann:

      Eher unwahrscheinlich. Für die AfD Wähler, die ich kenne ist Lindner ein Lackaffe. Außerdem wäre für D durch solch eine Wanderung nichts gewonnen.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Die Rede vom 'freien Westen' ist aber auch populistisch.

    Was soll das überhaupt heißen? Wie kann eine Himmelsrichtung frei sein?

  • Immer schön gegen den Populismus anschreiben und selber Horrorszenarien ala Weimar beim Leser in Erinnerung bringen. Das bringt Glaubwürdigkeit!

    • @Dideldidum:

      Wir müssen die Horrorszenarien nicht einmal schreiben, es recht schon diese zu beschreiben. Horrorszenarien sind längst Realität.

       

      Der Deutschen Wirtschaft geht es in den letzten Jahren so gut wie nie, und wir haben bald 1 Million Wohnungslosen Menschen. Das Sozialstaatsprinzip funktioniert nicht ganz oder oft nicht oder schlicht nicht für alle.

  • Setzt FDP mit der SPD Axt an unsere Mehrheits Demokratie Wurzel?

    Gewannen nicht 2013 Koalitionsverhandlungen SPD/UNION, angesichts rotrotgrüner Mehrheit im Bundestag, entgegen Wählervotum, in diese Richtung ein vergleichbares Geschmäckle, wie jetzt das Jamaoka Schietern durch die FDP?

    Probt FDP das Vabanquespiel eines "Preußenschlags 1932 Reichskanzlers Franz von Papen gegen SPD Ministerpräsident Otto Braun, diesen des Amtes zu entheben durch eine komissarische Landesregierung zu ersetzen, 2017 die Mehrheits Demokratie zu enthaupten?

    Wagt FDP ohne geöffneten Fallschirm den Sprung aus allen Wolken unserer Mehrheits Demokratie, sich dem Populismus von Schockstrategen zu überlassen?, wie diese Naomi Klein in ihrem gleichnamige Buch 2007 beschreibt und gleichzeitig Angela Merkel als geschäftsführende Kanzlerin auf unbestimmte Zeit im Amt zu halten..Inzwischen wurden durch Einrichtung des parlamentarischen Hauptausschüsses aus 47 Mitgliedern*nnen des Bundestags nach Ansicht der Linksapartei parlamentarische Rechte verkürzt, wie diese für den Not- , Kriegsfall vorgesehen sind.

    Wird aus dem Wort Außenminister Genschers vom Balkon westdeutscher Botschaft 1989 in Prag "Ich bin gekommen, ihnen mitzuteiklen, dass ihne Ausreise .." aus Christian Lindners Mund 2017 die Rede von der Ausreise aus unserer Mehrhrheits Demokratie?

    Die SPD hätte Grund, sich erneuter Koalition mit CDU/CSU zu verweigern, wenn sie wirklich eine Reform Agenda aufzuweisen hätte, der sich die UNION in Sondierungsgesprächen verschließt, aber die hat sie nicht. Also drückt sich die SPD als Teil weiterhin gechäftsführender Bundesregierung vor neuen Verhältnissen im Deutschen Bundestag, die ihr diese Agenda, angesichts einer erstarkten Opposition aufzwingen könnte. Da liegt weder für Deutschland, Europa noch für die die SPD ein Segen darauf. Bereits jetzt könnte die SPD mit einem Antrag im Bundestag, einen gesetzlichen Mindestlohns 12 €/Stunde einzuführen, testen, wieweit die UNION Zugeständnisse macht.

  • Setzt Christian Lindners FDP im unerklärten Bunde mit der SPD Axt an Mehrheits Demokratie Wurzel in Deutschland?

     

    Gewannen nicht 2013 die Koalitionsverhandlungen SPD/CDU/CSU in diesem Sinne, angesichts rotrotgrüner Mehrheit im Deutschen Bundestag,entgegen Wählervotum, in diese Richtung ein vergleichbares Geschmäckle, wie jetzt das Jamaoka Schietern durch die FDP?

    Probt die FDP mit Christian Lindner das Vabanquespiel eines "Preußenschlags 1932 Reichskanzlers Franz von Papen gegen den SPD Ministerpräsident Otto Braun, diesen des Amtes zu entheben durch eine geschäftrsführend preußische Landesregierung zu ersetzen, 2017 die Axt an die Wurzeln unserer Mehrheits Demokratie in Deutschland zu setzen.?

     

    FDP wagt ohne geöffneten Fallschirm den Sprung aus allen Wolken unser Mehrheits Demokratie, sich dem Populismus von Schockstrategen zu überlassen, wie diese die kanadische Politikwissenschaftlerin Naomi Klein in ihrem gleichnamige Buch 2007 beschreibt und gleichzeitig Angela Merkel als geschäftsführende Kanzlerin auf unbestimmte Zeit im Amt zu halten..Inzwischen wurde durch die Einrichtung eines parlamentarischen Hauptausschüsses aus 47 Mitgliedern*nnen des Bundestag plus Stelllverteter*nnen in gleicher Höhe nach Ansicht der Linksapartei parlamentarische Rechte der Parteien verkürzt, wie diese für den Not- , Kriegsfall vorgesehen sind..

    Aus dem Wort Außenminister Genschers vom Balkon der westdeutschen Botschaft 1989 in Prag "Ich bin gekommen, ihnen mitzuteiklen, dass ihne Ausreise .." wird aus Christian Lindners Mund 2017 die Rede von der Ausreise aus der Mehrhrheits Demokratie in Deutschlands.

     

    Die SPD hätte allen Grund, sich einer erneuten Koalition mit CDU/CSU zu verweigern, wenn sie denn wirklich eine Agenda grundlegneder Reformen aufzuweisen hätte, der sich die CDU(CSU in Sondierungsgesprächen verweigert, aber die hat sie nicht. Also drückt sich die SPD als Teil der weiterhin gechäftsfürhenden Bundesregierung vor neuen Verhältnissen im Deutschen Bundestag, die ihr

    • @Joachim Petrick:

      "...Populismus..."

       

      Ein sehr passendes Wort. Aus allen Lautsprechern tönt heute, dass sich die Parteien, die rein rechnerisch eine Regierung bilden könnten, gefälligst zusammenfinden sollen. Unter Bruch ihrer Wahlversprechen. Alles egal. Hauptsache Regierung.

       

      Das letzte, was unser Land braucht, ist eine Regierung, die zusammen ist, weil es die Populisten wollen. Eine Regierung ohne richtiges Programm aus Parteien ohne Prinzipien. DAS höhlt unsere Demokratie aus. Nicht ein paar Monate mit einer Minderheitsregierung oder Neuwahlen.

       

      PS: Rein rechnerisch wäre auch eine Regierung aus FDP, Union und LINKE möglich. Darüber wird nicht einmal verhandelt. Warum wohl?

  • 3G
    38071 (Profil gelöscht)

    Wenigstens der Postillion kennt die Antwort: http://www.der-postillon.com/2017/11/lindner-model.html#more

  • Rot-Schwarz hat eine Mehrheit im Bundestag und bleibt im Amt bis sich Jamaika geeinigt hat.

     

    Worauf die Grünen beharrt haben, das ist einfach indiskutabel. Darum gab es auch keine Mehrheit. Trittin hat gesagt, er verhandelt nicht. Der Rückzug war daher logische Konsequenz.

    • 2G
      25726 (Profil gelöscht)
      @Ansgar Reb:

      "Worauf die Grünen beharrt haben, das ist einfach indiskutabel."

       

      Äh, was genau?

       

      "Trittin hat gesagt, er verhandelt nicht."

       

      Deshalb hat das Spähnchen ihn auch eine coole Socke genannt...

  • Es wird aber auch viele Bürger geben, die Herrn Lindner dankbar sind, dasss es zu keiner Jamaika-Koalition kommt.

     

    Es wird nun eine Dolchstoßlegende aufgebaut, die bei eventuellen Neuwahlen hoffentlich der FDP zugute kommt.

     

    Was mich auch nachdenklich stimmt, ist das Ignorieren der drittstärksten demokratisch gewählten Kraft im deutschen Bundestag(immerhin ca.6 Mill. Wähler). Ist ein eigenartiges Verständnis von Demokratie, dass hier zutage tritt.

  • „…forderte er die Deutschen auf, sie sollten Angela Merkel wertschätzen. Mitgebracht hatte er noch ein Gastgeschenk der besonderen Dimension: den Staffelstab für die Führung der freien westlichen Welt.“

    „Schließlich hängt an einer stabilen Merkel-Regierung auch die Zukunft des gemeinsamen Europa-Projekts.“

    Wenn man solche Sätze liest, dann fragt man sich, ob das wirklich ein TAZ Artikel ist oder ob es sich nicht eher um einen Auszug aus einer CDU Werbeproschüre handelt.

    Wie kann jemand einen Stab weiter reichen, den er garnicht hat? Und wieso an Merkel? Solche Sprüche sind gut, um deutschen Größenwahn zu befeuern, aber sie haben mit der Realität nichts zu tun. Abgesehen davon, dass sie andere vor den Kopf stoßen.

    Und seit wann hängt die Zukunft Europas von einer Regierung Merkel ab? Schulz mit seiner SPD steht fest zu Europa. Wahrscheinlich noch mehr als Merkel. Zumindest ist noch kein SPD Kanzler auf die Idee gekommen, durch Großmachtgehabe Europa zu gefährden.

     

    Nein Frau Junge. Merkel ist nicht die Lösung. Sie ist das Problem.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Das war kein Staffelstab sondern ein Schneebesen.

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @warum_denkt_keiner_nach?:

      Besser hätte man es nicht auf den Punkt bringen können!

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Das Hauptproblem ist leider ein anderes: Die Wähler. Die haben eine Regierung ohne Merkel so ziemlich unmöglich gemacht.

      • @arunto:

        Das Volk kann man nicht austauschen. Die Regierung schon.

      • @arunto:

        Das Volk kann man nicht austauschen. Die Regierung schon.

      • @arunto:

        Das Volk kann man nicht austauschen. Die Regierung schon.

      • @arunto:

        Das Volk kann man nicht austauschen. Die Regierung schon.

      • @arunto:

        Das Volk kann man nicht austauschen. Die Regierung schon.

      • @arunto:

        Das Volk kann man nicht austauschen. Die Regierung schon.

      • @arunto:

        Das Volk kann man nicht austauschen. Die Regierung schon.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      "Wenn man solche Sätze liest, dann fragt man sich, ob das wirklich ein TAZ "

      allerdings, das frage ich mich auch immer wieder. die alternativlosigkeit hat längst auch in der Taz eine heimat gefunden

  • jedes system verändert sich irgendwann und das system der alten bundesrepublik ist jetzt dran. nach den merkeljahren, wo vieles einfach zugekittet wurde, konsenz allgemeingut war, streit verpönt und vermeintlich sachzwänge die politik bestimmten. brechen jetzt die alten spannungen wieder hervor, auch hervorgerufen durch eine falsche sozialpolitik.

    da sich die beiden großen parteien aber nicht mehr streiten wollen, außer um posten übernehmen diese funktion die ränder. afd und fdp sind der anfang. links fehlt noch eine neue kraft oder ein bruch mit dem alten.

    in der alten bundesrepublik unterschieden sich cdu spd erheblich, streit in talkshow im bundestag war an der tagesordnung, die gegenseitige abneigung z.B. gegenüber den grünen wurde stolz vor sich hergetragen. dieses system konnte links mit der spd und rechts mit der cdu genug stimmen binden, das es für einfache regierungsbildungen reichte.

    mit dem konsenz der merkeljahre war schluß damit. das war durchaus von der mehrheit gewollt, aber sozialer frust und unzufriedenheit fand kein ventil mehr. es gab schlicht keine alternative, der vorletzte tabubruch (vor den linken) war die Jamaikakoalition mit den grünen. wenn nun die ehemaligen aufbegehrer mit den einstigen feinden koalieren können, ist der konsenzklimax erreicht. politik alternativlos

    man denke nur einmal an die begründungen der spd für den gang in die opposition, oder die verbalen verrenkungen die die notwendigkeit einer jamaikakoalition beschworen.

    politik braucht nun mal auf dauer gegenpole. die afd führt nicht umsonst "alternative" im namen.

    die schwäche der volksparteien lässt momentan und vielleicht auch zukünftig nur noch mehrparteienkoalition zu oder minderheitenregierungen, das zu ignorieren könnte der fehler der aktuellen politik sein. die reale gefahr für die demokratie.

    • @nutzer:

      minderheitenregierungen machen kein land kaputt, siehe diverse andere europäische länder, im gegenteil sie können die demokratie sogar festigen, in dem sie politischen streit bündeln.

      gegensätzlich positionen werden und müssen öffentlich ausgetragen werden, mehrheiten organisiert werden, das gibt menschen die möglichkeit sich politisch zu binden und zu orientieren und das ist es, was viele menschen nach den merkeljahren vermissen.

      die aufgabe der politik ist es die neuen gegebenheiten zu erkennen und positiv zu besetzen.

      neuwahlen ändern nichts, es werden nicht plötzlich wieder alte wahlergebnisse auftauchen und die welt ist gerettet. neuwahlen sind jetzt vielleicht nur die notwendigkeit um zu erkennen, daß es kein zurück mehr gibt und minderheitenregierungen, vielparteienbündnisse zukünftig normal sind.

      es bleibt nur zu hoffen, das das rechtzeitig erkannt wird.

      merkel würde ich das durchaus zutrauen. die menschen mit ihrem hang zu stabilen verhältnissen einem ordentlichen staat brauchen vielleicht noch eine neuwahl...

  • Es mag den meisten nicht das tägliche Brot fehlen, aber ALGII-Gestützten fehlen Würdigung ihrer Person und Respekt für ihre Lebensleistung, und auch die Sicherheit der Rente — der letzten Würdigung der Lebensleistung — wird immer mehr in Zweifel gezogen.

     

    Allzu viele Leute zwischen 20 und 40 sagen, dass sie nicht daran glauben, jemals eine Rente zu bekommen. Das zeigt das geschwundene Vertrauen in die Politik, und eine wirkliche Gefahr.

  • Tatsächlich gab es mindestens zwei Spieler, die zum aktuellen Stand beigetragen haben: Lindners FDP, aber auch die SPD, die darauf gesetzt hat, dass Schwarz-schwarz-grün-gelb schon in die Bresche springen werden.

     

    Auch die Verweigerung einer Regierungsbeteiligung aufgrund eines Stimmenverlustes ist nach meiner Erinnerung ein bundesdeutsches Novum und ein radikaler Bruch mit vergangenen politischen Gepflogenheiten.