David Graeber ist tot: Anarchist und Professor
Er war Wissenschaftler, Autor, wütend auf das System. Am Mittwoch ist David Graeber, Mitbegründer der Occupy-Bewegung, in Venedig gestorben.
David Graeber, Anthropologe, Buchautor und „Vater der Occupy-Bewegung“, ist gestorben. Am Donnerstag bestätigte seine Frau Nika Dubrovsky seinen Tod auf Twitter: „Gestern ist die beste Person der Welt, mein Mann und Freund in einem Krankenhaus in Venedig gestorben“, schreibt die Künstlerin und Autorin. Nähere Umstände seines Todes sind bisher nicht bekannt. Graeber wurde 59 Jahre alt.
Berühmtheit erlangte Graeber, der sich selbst als Anarchist bezeichnete, vor allem durch seine Bücher wie „Schulden: Die ersten 5000 Jahre“, das sich in Deutschland bereits in den ersten zwei Wochen nach seinem Erscheinen 2012 über 30.000-mal verkaufte. Anekdotenreich plädiert er darin für eine Abschaffung jener politischen und wirtschaftlichen Systeme, die davon leben, dass Menschen Schulden aufnehmen müssen.
Zudem gilt Graeber als einer der Initiatoren der Occupy-Bewegung 2011 und Miturheber ihres Slogan „We are the 99%“. In seinen Büchern beobachtete Graeber kritisch Gesellschaft, Polizei und den homo oeconomicus. So schrieb er 2018 in „Bullshit Jobs: Vom wahren Sinn der Arbeit“, dass bis zu 40 Prozent der Arbeit in der Industriegesellschaft unnötig seien – und von den Arbeiter*innen auch als unsinnig wahrgenommen werden. „Der moralische und spirituelle Schaden, der hier aus dieser Situation resultiert, ist schwerwiegend. Es ist eine Wunde in unserer kollektiven Seele.“
Bis 2007 unterrichtete der 1961 in den USA geborene Graeber Ethnologie an der Yale University. 2008 wechselte er an die University of London und nahm 2013 eine Professur an die London School of Economics an. Graeber stand der Umweltbewegung nahe und sprach 2019 bei Protesten von Extinction Rebellion auf dem Trafalgar Square in London. Sein Lösungsansatz für den Klimawandel: Konsumverzicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen